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Ein Rückblick aus dem Jahr 2000

Ein Rückblick aus dem Jahr 2000

Titel: Ein Rückblick aus dem Jahr 2000 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bellamy
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während der Zeit seiner Arbeitspflicht einen Beruf ausübt, der seinen Neigungen entspricht. Daher achten Eltern und Lehrer von den ersten Jahren der Kinder an auf jedes Anzeichen besonderer Anlagen. Das eingehende Studium unserer Wirtschaftsordnung und ihrer Geschichte bildet in der Folge auch einen wichtigen Teil unserer Jugenderziehung, ebenso die Einführung in die Anfangsgründe aller bedeutenden Gewerbe. Eigentlicher gewerblicher Berufsunterricht wird in den Schulen nicht erteilt; sie streben eine allgemeine geistige und wissenschaftliche Ausbildung an. Jedoch lernt unsere Jugend die großen Zweige des nationalen Wirtschaftslebens nicht nur theoretisch aus Büchern kennen. Sie wird vertraut gemacht mit den Werkzeugen und Arbeitsverfahren, die in verschiedenen wichtigen Gewerben zur Anwendung kommen. Besuche der Schüler in unseren Werkstätten dienen diesem Zwecke und Ausflüge, die mit gewissen Gebieten unseres Wirtschaftslebens oder bestimmten Unternehmungen bekannt machen. Zu Ihrer Zeit hatte sich niemand zu schämen, wenn er von allen Berufen durchaus nichts verstand, seinen eigenen ausgenommen. Heute würde solche Unwissenheit sich nicht mit der Auffassung vertragen, daß es jedermann möglich sein solle, sich mit klarem Bewußtsein für die Beschäftigung zu entscheiden, auf die ihn Fähigkeit und Neigung hinweisen. Lange ehe der junge Mann zur Arbeitspflicht herangezogen wird, hat er sich gewöhnlich schon für einen Beruf entschieden, besitzt eine gewisse Kenntnis davon und wartet mit Ungeduld darauf, in das Arbeitsheer eingereiht zu werden. Es kommt jedoch auch vor, daß jemand keine besondere Neigung für einen bestimmten Beruf zeigt und keine Wahl trifft. Diesem wird dann irgendeine jener Beschäftigungen zugewiesen, die keinen bestimmten Charakter tragen, keine besonderen beruflichen Vorkenntnisse erfordern, und in denen es gerade für den Augenblick an Leuten mangelt.“
    „Gewiß“, sagte ich, „trifft es sich kaum je, daß die Anzahl der Freiwilligen, die sich für ein Gewerbe melden, genau der Menge der. Arbeitskräfte entspricht, die erforderlich sind. In der Regel muß sie hinter der Nachfrage zurückbleiben oder sie übersteigen.“
    „Im allgemeinen nimmt man an, daß das Angebot von Freiwilligen der. Nachfrage nach Arbeitskräften durchaus das Gleichgewicht hält“, entgegnete Doktor Leete. „Übrigens ist es Sache der Verwaltung, darüber zu wachen, daß dies der Fall sei. Man verfolgt sorgfältig die Zahl der Freiwilligen, die sich für jeden Beruf stellen. Wenn sich in einem Gewerbe ein ganz bedeutender Überschuß der sich Meldenden über die erforderlichen Arbeitskräfte ergibt, so schließt man daraus, daß es eine größere Anziehungskraft besitzen muß als irgendein anderer Beruf. Umgekehrt, wenn das Angebot von Freiwilligen für ein Gewerbe die Neigung zeigt, hinter der Nachfrage nach Arbeitskräften zurückzubleiben, so folgert man, daß dort die Arbeit recht anstrengend sei. Soweit die Anziehungskraft der Beru fe von den Arbeitsbedingungen abhängt, ist es die Aufgabe der Verwaltung; dafür zu sorgen, daß möglichstes Gleichgewicht zwischen allen Gewerben herrscht. Alle Berufe sollen gleich anziehend für Leute sein, die eine natürliche Neigung für sie empfinden. Das Gleichgewicht in der Anziehungskraft wird dadurch hergestellt, daß sich die Länge der Arbeitszeit in den verschiedenen Gewerben nach der Schwere der Arbeit richtet. So haben die leichteren Berufe, die unter den angenehmsten Bedingungen ausgeübt werden, die längste Arbeitszeit; für schwere Berufsarten dagegen, wie zum Beispiel für den Bergbau, ist die Arbeitszeit nur kurz. Keine Theorie, keine im voraus festgesetzte Regel bestimmt die Anziehungskraft der Berufe. Wenn die Verwaltung einer Art von Arbeitern Lasten abnimmt und sie anderen auferlegt, so folgt sie damit nur den Schwankungen in der Meinung der Arbeiter selbst, wie sie sich in dem Angebot von Freiwilligen äußern. Als Grundsatz gilt, daß alles in allem genommen für niemand eine bestimmte Arbeit schwerer sein soll, als es irgendeine andere Arbeit für jemand anders ist, und daß in dieser Frage die Arbeiter selbst das entscheidende Wort zu sprechen haben. Diese Regel hat uneingeschränkte Geltung. Wenn zum Beispiel eine bestimmte Beschäftigung ihrer Natur nach so anstrengend und drückend wäre, daß man nur Freiwillige für sie gewinnen könnte, indem man das geforderte Tagewerk auf zehn Minuten herabsetzte, so würde dies geschehen.

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