Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance
Zwischendurch-Häppchenmampfer und Kaffeekipper!
Am Montag ist der erste Termin um elf Uhr beim Heilpraktiker, eine Stunde von Köln entfernt. Da steht dann Akupunktur und Akupressur auf dem Speiseplan, dazu werden Vitamincocktails gereicht. Bis ich wieder zu Hause bin, ist es meistens locker vierzehn Uhr geworden, und ich muss mich erst mal eine Stunde ausruhen, Siesta halten. Dann geht es weiter mit Büroarbeit und Familienalltag. Hunde versorgen, spielen, dem Lagebericht meines Sohnes von der Schulfront lauschen. Mit der Mum kläre ich dann die notwendigen Einkaufs- und Haushaltspläne, und ehe ich mich versehe, ist es schon wieder achtzehn Uhr und die nächste Therapiestunde steht an! Laufen, Motorik und Muskelaufbau! Damit ist dann um neunzehn Uhr Feierabend, und obwohl ich dann meistens platt wie ein Schnitzel bin, versuche ich noch ein bisschen zu schreiben und meine persönlichen Dinge zu organisieren. So geht das meistens die ganze Woche durch, und ich bin heilfroh, dass ich dabei die volle Unterstützung meiner Agentur habe!
In einer normalen Woche habe ich also vier- bis fünfmal Therapie, und manchmal verfluche ich das wirklich in nicht druckbarer Schriftform. Die Therapiestunde, der Weg dahin, das An- und Ausziehen, das Rein und Raus aus dem Auto und hast du nicht gesehen, nimmt so viel Zeit in Anspruch, dass kaum noch Zeit geschweige denn Muße für die vielen anderen Sachen übrigbleibt. Aber – ohne regelmäßige und konsequente Therapie geht es eben auch nicht. Und wenn ich dann die Fortschritte sehe und was ich alles dank des unermüdlichen Einsatzes meiner lieben Therapeuten erreicht habe, dann kann ich mich freuen wie jeck und storniere den mentalen Beschwerdebrief sofort wieder.
An dieser Stelle möchte ich mich auch mal heftigst bei meiner Krankenkasse bedanken, die mich seit über zweieinhalb Jahren sehr unterstützt und mir die Therapien und andere Hilfsmittel ermöglicht, dafür bin ich sehr dankbar. Großer Dank an die HUK und ihre Mitarbeiter!!!!!
Ich finde es nach wie vor ungewöhnlich, dass ich mich nachmittags ab und zu hinlegen muss, wenn ich so richtig platt bin. Weil ich früher ja immer durchgerattert bin! Aber wenn ich jetzt viel gemacht oder erlebt habe, ermüdet mich das eben auch schneller als früher, ich fühle mich dann so, als wenn mein Hirn dicht wäre und ich nix mehr aufnehmen könnte.
Ein richtiges Highlight war meine erste Fahrstunde. Jawoll, liebe Freunde, des gepflegten Waffelbruchs! Sie haben richtig gelesen. Wenn Sie richtig gehört haben, dann haben Sie es sich wahrscheinlich selber laut vorgelesen, was durchaus Sinn machen kann. Ab und zu verankert lautes Lesen das Gelesene besser im Hirn.
Meine erste Fahrstunde war der Hammer. Ich möchte unbedingt mobiler werden, das wäre nämlich eine große Verbesserung meiner Lebensqualität. Sie können sich ja gar nicht vorstellen, was es bedeutet, wenn man für jeden Pups fragen muss. Immer fremdbestimmt ist. Nicht selber entscheiden kann, ob man schnell noch mal kurz vor Ladenschluss unbedingt eine Tüte Lakritz holt, nur weil man Schmacht drauf hat! Wenn Sie nicht mit einer Antwort rechnen müssen wie: »Eine Tüte was? Sonst geht es aber noch, wa? Ich fahr doch nicht noch mal extra wegen so was los!« Sehen Sie? Wer mobil ist, muss nicht fragen und kann dementsprechend den Anteil der ihm nicht genehmen Antworten drastisch senken! Ich würde mich einfach besser fühlen, auch wenn ich natürlich weiß, dass meine Lieben mir auch gerne Wünsche erfüllen. Also habe ich mir einen Fahrlehrer gesucht, der bereit war, mit mir eine Testfahrt zu machen. Denn nicht nur das Auto musste speziell vorbereitet und präpariert sein, auch ich musste dringend ob meiner vielleicht nicht mehr vorhandenen Fahrfähigkeit durchgecheckt werden. Wichtige Parameter wie Konzentration, eventuell durch die lahme linke Seite eingeschränktes Gesichtsfeld, Motorik- und Koordinierungsschwächen – alles sollte von einem Fahrlehrer auf Herz und Pansen geprüft werden, bevor ich mich überhaupt zu weiteren Fahrstunden hätte anmelden können. Dass die heutige Technik schon so weit ist, dass Menschen mit Behinderung auch Autos fahren können, ist ja mal durchaus sehr positiv!
Als dann endlich der Volvo Kombi samt dem sehr netten Fahrlehrer vor der Tür stand, fühlte ich mich wie ein Lottogewinner. Ich war so nervös wie ein Pinguin in der Haifischbar und konnte kaum geduldig zuhören, als der gute Mann mir die Umbauten des Fahrzeugs
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