Ein Schnupfen hätte auch gereicht. Meine zweite Chance
erklärte. Das Lenkrad hatte zwar keinen Treckerknauf – aber mit der guten, alten »Tellerwaschbewegung« würde ich das ganz locker schaukeln. Meinte mein Fahrlehrer jedenfalls. Und sollte – Gott sei’s getrommelt und gepfiffen – Recht behalten.
Locker wie Walter und rassig wie Röhrl schiggerte ich mit dem schwedischen Knäckekombi kopfüber in den Verkehr. Wir fuhren durch die Stadt und über Landstraßen, und ich fühlte mich so pudelwohl wie der Marlboro-Mann, bevor diese elende Pferdeallergie ihm das Rauchen vermiest hatte. Mein Fahrlehrer war jedenfalls auch sehr angetan. Hat er jedenfalls stock und steif behauptet!
Kinners, dieses Gefühl von Freiheit beim Autofahren hatte ich zuletzt mit achtzehn Jahren so intensiv gespürt. Ich wäre am liebsten abgehauen, durchgebrannt. Nach Amsterdam oder wie früher zum Frühstücken nach Paris. Einen Milchkaffee und ein Croissant auf der Champs-Elysées und dann Straßentheater spielen, um die Kohle für das Benzin für die Rückfahrt zu verdienen. Selbstbestimmt zu sein und alleine zu entscheiden, wohin man will – einfach großartig, wenn Sie mich fragen. Vor allem, wenn man das im Alltag sonst so nicht erleben kann durch die körperlichen Limitierungen. Ein Hauch von Easy Rider hatte mich derartig euphorisiert, dass ich auf jeden Fall Himmel und Hölle in Bewegung setzen werde, um meinen Führerschein wieder zu bekommen. Großes Ziel, große Motivation. Genau richtig, um der Therapie wieder neuen Schwung zu verpassen! Und wieder einmal ein Beispiel, wie selbstverständlich ich vorher diese Freiheiten genossen habe, ohne auch jemals einen Gedanken daran verschwendet zu haben, wie bescheiden das Leben ohne selbstbestimmte Mobilität sein kann. Aber es ist mir immens wichtig, ein einigermaßen normales Leben mit sozialen Kontakten wieder aufzunehmen; ich will nicht darauf warten, dass der Berg zum Propheten kommt. Ich möchte selber hinfahren. Oder gehen. Am besten beides.
Ich habe noch viel vor. Ich habe beim lieben Gott angeklopft. Er hat mich zurückgeschickt. Er wird schon wissen, warum. Und ich werde es schon noch herausfinden. Ich bin auf einem guten Weg. Ich weiß zwar nicht, wohin er führt, aber das macht mir nichts. Ich werde keinen Stillstand akzeptieren. Weiter geht die Fahrt, denn im Herzen haben wir Gründe, die der Verstand nicht kennt. Es gibt keine Grenzen. Wer in den Himmel schaut, sieht keine Grenzen mehr.
Milchkaffee und die Zigarette danach
So, hier am Schluss unserer Reise muss ich doch noch mal etwas loswerden! So bin ich nun mal! Ich finde immer kein Ende, das war früher auch schon so, und wenn so ein Buch erst mal geschrieben ist, überlege ich die ganze Zeit: Menschenskind, hoffentlich hab’ ich nix vergessen, und schwups fallen mir noch mehr Sachen ein!
Also: Ich habe mir angewöhnt, jeden Morgen eine Karte für den Tag zu ziehen. Da ich Kartendecks nun schon seit einigen Jahren sammle, habe ich dahingehend genug Auswahl! Das ist wunderschön, ich habe täglich eine Tagesbotschaft!
Das kann mal eine Engelskartenbotschaft oder ein Krafttier oder sonst was sein, was mir gerade in die Finger kommt, auch Runen sind am Start!
Es gibt natürlich auch Tage, da will morgens erst mal nix klappen, auch dafür habe ich eine Strategie entwickelt – das habe ich auch schon immer in meiner Liveshow erzählt! Dann lege ich mich nämlich einfach noch mal aufs Bett und fange von vorne an: Hinlegen, aufstehen, Karteziehen noch mal neu für den Tag! Außerdem chante ich seit Jahren das Lotussutra Nam myoho Renge kyo, für mich eine Art Meditation, die mir sehr gut tut! Dieses Sutra wird mehrmals hintereinander gesungen!
Liebe Betroffene, Kranke und Anverwandte,
auch in meinem Leben hat sich sehr viel verändert, und das mit den Freunden ist so ’ne Sache geworden! Solange ich noch in Lebensgefahr war, waren etliche sehr um mich bemüht. Das war ja auch interessant zu sehen: »Schafft sie es oder nicht?« Hinterher hat sich das im wahrsten Sinne des Wortes schlagartig gelegt. Ich bin halt nicht mehr die strahlende Promifrau, und die Aktivitäten in meinem Leben sind sehr begrenzt, die Fortschritte sind manchmal sehr klein, aber doch vorhanden, aber oft eben wenig spektakulär!
Ich weiß, dass ich damit nicht alleine bin. Ich habe mich mit etlichen Betroffenen unterhalten, denen es auch so ergangen ist, dass langjährige Weggefährten plötzlich weg waren! Ich möchte euch nur sagen, dass es mir auch so geht – ihr seid also
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