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Ein schwarzer Vogel

Ein schwarzer Vogel

Titel: Ein schwarzer Vogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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Aber
seine Augen waren die eines Pokerspielers, der unbewegt zusieht, wie sein
Gegenüber einen Haufen Chips setzt.
    Er hörte sich meine Geschichte
an und sagte dann höflich in ausgezeichnetem Englisch: »Sie interessieren sich
also dafür, wie Sie Ihr Geld anlegen können, Señor Lam.«
    Ich nickte zustimmend.
    »Haben Sie Interesse für
Bergwerke?«
    »Das ist wohl die beste
Anlagemöglichkeit.«
    »Und Sie möchten sich gern
verschiedene Betriebe ansehen?«
    »Das würde ich sehr gern.«
    »Ich glaube, das läßt sich
machen. Haben Sie schon bestimmte Bergwerke ins Auge gefaßt?«
    »Nein, ich bin hier fremd.«
    »Aber dieser Robert Hockley?
Sie kennen ihn doch?«
    »Ja, ich habe ihn einmal
kennengelernt.«
    »Hockley besitzt Anteile an
Minen in der Nachbarschaft hier?«
    »Ich glaube, ja. Soviel ich
weiß, ist er einer der Erben von Cora Hendricks, die ein Bergwerk hinterlassen
hat. Ihr Besitz wird von zwei Treuhändern, einem gewissen Sharples und von
Robert Cameron, das ist der Ermordete, verwaltet.«
    »Ja, richtig. Señor Cameron war
häufig hier. Es ist sehr günstig für uns, daß jemand hier ist, der Robert
Hockley identifizieren kann. Ich meine Sie, Mr. Lam. Wenn wir irgend etwas für
Sie tun können, stehen wir selbstverständlich zu Ihrer Verfügung. Der Besitz
von Sharples und Cameron ist mir bekannt. Würden Sie ihn sich gern ansehen?«
    Señor Maranilla studierte mich.
Sein Gesicht zeigte nur Freundlichkeit, aber seine Augen schienen alle meine
Gedanken lesen zu können.
    »Steht das Bergwerk denn zum
Verkauf? Sonst hat es doch keinen Sinn, wenn ich dort hinfahre.«
    »Wenn man genug Geld bietet,
kann man alles kaufen.«
    Ich nickte zustimmend.
    »Wie ist es? Wollen Sie den
Betrieb besichtigen, oder interessiert er Sie nicht?«
    »Doch, sehr. Die Besichtigung
wird mir helfen, eine Vorstellung von seinem Wert zu gewinnen.«
    »Dann darf ich Ihnen meine
Begleitung anbieten. Ich werde Sie morgen früh um neun Uhr mit meinem Wagen
abholen. Mein Chauffeur wird mit uns fahren. Ich mache Sie darauf aufmerksam,
daß es unten am Fluß sehr heiß sein wird, und rate Ihnen, leichte Kleidung zu
tragen. Die Fahrt wird zwei Tage dauern.«
    Ich wollte noch einige Fragen
an ihn stellen, aber er hatte sich schon erhoben und verabschiedete mich mit
vielen höflichen Worten. Dieser Besuch hatte mich einiges gelehrt, und auf dem
Rückweg zum Hotel bemerkte ich zwei Männer, die mich beschatteten.
    In der Nacht schlief ich nicht
sehr gut. Das Klima, das mir bei der Ankunft auf dem Flugplatz mild und
unsagbar köstlich erschienen war, erwies sich nunmehr als schwül und drückend.
    Von der Straße drang das
Geräusch der Schritte der Einwohner Medellins zu mir herauf, die offenbar auf
dem Weg zu ihrer Arbeit weite Strecken zu Fuß gingen, um die paar Cents für das
Fahrgeld zu sparen. Sie gingen in gleichmäßig schwingendem Rhythmus und
schienen diesen Weg als einen fröhlichen Auftakt zu ihrer Tagesarbeit zu
betrachten.
    Ich stand auf, setzte mich ans
Fenster.
    Schlag neun Uhr wurde mir Señor
Maranilla gemeldet. Am Steuer seines großen, chromglänzenden Wagens saß ein
dunkelhäutiger Chauffeur, ein Mann mit groben Gesichtszügen, der so wenig
Interesse an mir zeigte, daß er mich nicht einmal anblickte, als er mir die Tür
des Wagens öffnete. Ich fragte mich, wie er es je gelernt hatte, ein Auto zu
steuern.
    Señor Maranilla streckte mir
die Hand entgegen.
    » Buenos dias, Señor «,
begrüßte ich ihn.
    »Guten Morgen, Mr. Lam«,
antwortete er mit seiner klangvollen Stimme auf englisch.
    Die Straße war glatt und eben,
der Wagen schien begierig, in Fahrt kommen zu dürfen. Voller Muße betrachtete
ich die Landschaft.
    Señor Maranilla drückte seine
sechste Zigarette aus, ehe er zum erstenmal zu mir herüberblickte.
    »Die Landschaft ist
prachtvoll«, sagte ich.
    Er nickte nur.
    Ich sah zu dem kugeligen Kopf
unseres Fahrers hinüber, der aufrecht und unbeweglich hinter dem Steuer saß.
Wir fuhren ziemlich schnell., »Kennt er diese Straße?«
    »Ganz genau.«
    »Und fährt er gut genug, daß er
den Wagen in der Gewalt hat?«.
    »Aber natürlich.«
    »Er sieht nicht übermäßig
intelligent aus«, meinte ich.
    »Er ist ein ausgezeichneter
Fahrer.«
    »Ist er hier im Land geboren?«
    »Ich glaube, ja. Aber ist es
nicht sehr schwierig, Señor Lam, bei der ersten Begegnung ein Urteil über
Menschen einer fremden Rasse abzugeben? Oder was meinen Sie?«
    »Ich weiß es nicht. Ich finde,
dieser Mann sieht etwas

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