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Ein schwarzer Vogel

Ein schwarzer Vogel

Titel: Ein schwarzer Vogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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Hause und fütterte sie. Mit der Zeit hatte er sich an den Vogel wie an ein Haustier gewöhnt. Können Sie das runde Loch direkt unter der Decke sehen? Er ließ es anbringen, damit die Krähe aus- und einfliegen kann.«
    »Wo fliegt sie hin, wenn sie sich von hier aus aufschwingt?«
    »Nicht sehr weit. Soviel ich weiß, steht bei einem Mädchen, einer gewissen Dona Grafton, ein zweiter Käfig für sie. Miss Grafton ist die Tochter eines Angestellten der Goldmine in Kolumbien, und Cameron kennt sie gut. Er reist viel häufiger als ich nach Südamerika und ist daher mit den Leuten von der Mine besser bekannt.«
    »Was hat das mit der Krähe zu tun?«
    »Sie wollten doch wissen, wohin der Vogel fliegt, wenn er nicht hier im Haus ist.«
    »Wo ist die Krähe jetzt?«
    »Woher soll ich das wissen? Als ich mit Mr. Lam herkam, war sie hier. Sie flog dann weg, kam aber wieder zurück. Als Sie hier eintrafen, flog sie wieder fort. Wahrscheinlich ist sie jetzt bei Miss Grafton.«
    »Wissen Sie, wo Miss Grafton wohnt?«
    »Nein.«
    »Stand Cameron in engerer Beziehung zu ihr?«
    »Nein. So etwas lag ihm nicht. Außerdem war er nicht mehr der Jüngste.«
    »Wieviel Jahre war er älter als Sie?«
    »Ungefähr drei Jahre.«
    »Liegt Ihnen so etwas?«
    »Nicht in dieser Richtung. Das heißt, ich habe keine Liebschaften.«
    »Wirklich nicht?«
    »Keine nennenswerten.«
    »Hatte Cameron Freundinnen?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Nun, vermuten Sie, daß er welche hatte?«
    »Dazu möchte ich mich nicht äußern.«
    Buda wechselte das Thema. »Weshalb wollten Sie mit ihm sprechen?«
    Ohne auch nur mit einer Wimper zu zucken, antwortete Sharpies: »Es betraf einen Nachlaß, den ich mit Cameron gemeinsam verwalte.«
    Buda griff in die Tasche und zog mit einer ruckartigen Bewegung, die wohl besondere Bestürzung erwecken sollte, das Kollier heraus: »Kennen Sie das hier?« fragte er.
    Sharpies betrachtete das Kollier mit völliger Ruhe. »Das habe ich noch nie gesehen«, sagte er.
    Ich zündete mir eine Zigarette an, um Buda möglichst davon abzuhalten, mir Fragen zu stellen.
    Nach einer Pause sagte Buda zu Sharpies: »Sie könnten mir eine Liste der Leute aufstellen, mit denen Cameron Geschäftsverbindungen hatte.«
    »Das will ich gern tun«, versprach Sharpies.
    »Das wäre zunächst alles«, sagte Buda mit unverkennbar gespielter Gleichgültigkeit. »Lassen Sie sich noch einmal alles durch den Kopf gehen, und wenn Ihnen etwas einfällt, das Sie vergessen haben sollten, setzen Sie sich mit mir in Verbindung. Stellen Sie mir jetzt diese Liste zusammen und vermerken Sie hinter jedem Namen, in welcher Beziehung die Person zu Cameron stand. Dann können Sie gehen.«
    »Und was ist mit mir?« fragte ich.
    Buda musterte mich scharf. »Sie können jederzeit gehen«, sagte er schließlich. »Wo ich Sie finden kann, weiß ich ja.«
    »Jetzt noch nicht. Nein, gehen Sie noch nicht, Lam«, fiel Sharpies hastig ein. »Ich möchte, daß Sie noch bleiben. Ich glaube, ich brauche Sie noch...« Er hustete, räusperte sich dann, aber beendete den Satz nicht.
    »Um die Liste aufzustellen«, ergänzte Buda ironisch und verließ den Raum.
    Als Sharpies mit seiner Liste fast fertig war, kam Maria Gonzales von ihrem Ausgang zurück. Sie war eine magere, dunkle Person um die Fünfzig, und es fiel ihr anscheinend schwer, zu begreifen, was vorgefallen war. Sie trug eine große Einkaufstasche mit Lebensmitteln, die
    fast fünfzehn Pfund wiegen mußte. Die Polizisten hatten sie an der Haustür angehalten, aber dann sofort zu Inspektor Buda gebracht. Da es ihr immer noch Schwierigkeiten zu machen schien, zu begreifen, was geschehen war, legte Sharpies seinen Füllhalter hin und begann in fließendem Spanisch auf sie einzureden.
    Ich sah mich nach dem Polizisten um, der an der Tür Wache hielt. Sicher hätte es Sam Buda nicht gern gesehen, daß zwei Zeugen in einer Sprache miteinander redeten, die keiner der Anwesenden beherrschte. Denn ob der Polizist Spanisch verstand, war seinem Gesicht nicht anzumerken. Er blickte nur ein paarmal auf seine Uhr, als warte er darauf, endlich zum Essen gehen zu können, reckte sich, gähnte gelangweilt und zündete sich schließlich eine Zigarette an.
    Unterdessen schwatzten Sharpies und Maria Gonzales unbekümmert auf spanisch weiter. Sie hatten genug Zeit, die ganze Lebensgeschichte Camerons von der Stunde seiner Geburt bis zu seinem Tode in allen Einzelheiten durchzugehen. Mitten in der Unterhaltung schluchzte Maria Gonzales

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