Ein schwarzer Vogel
war zwar nur eine Zweiundzwanziger-Pistole. Er wurde mit einem Messer getötet. Wenn Cameron wirklich geschossen hat, ist es nur logisch, daß er auf die Person mit dem Messer zielte. Das aber wäre dann ein Kampf gewesen.«
»Wie meinen Sie das?«
»Hätte er die Pistole abgefeuert, dann wäre das geschehen, ehe er mit dem Messer angegriffen wurde. Dem Obduktionsbefund zufolge wurde Cameron direkt ins Herz getroffen, und der Arzt, der die Leiche untersuchte, erklärte, daß er sofort tot gewesen sein muß. Wenn er nun derjenige gewesen war, der den Kampf mit der Pistole eröffnete, hat die Person mit dem Messer in Notwehr gehandelt.«
»Sie glauben also, daß der Mörder den Schuß abgefeuert hat?«
»Genau das«, sagte Sellers. »Der Mörder muß Cameron gut gekannt haben. Es muß jemand sein, zu dem er Vertrauen hatte. Cameron saß in seinem Stuhl und telefonierte, und der Mörder stand dicht neben ihm. Vielleicht gefiel dem Mörder nicht, was Cameron am Telefon sagte. Es kann auch sein, daß er nur auf den günstigsten Moment wartete. Aber er zog das Messer und stieß im geeigneten Augenblick zu. Cameron fiel aus dem Stuhl, und der Mörder öffnete in aller Ruhe die Schublade, in der Cameron seine Pistole aufbewahrte, stellte sich genau hinter den am Boden Liegenden, zielte auf das Ausflugsloch, drückte ab und legte die Waffe auf den Tisch. Er hatte gehofft, daß die Kugel durch das Loch ‘geflogen war. Aber dazu fehlte ein halber Zentimeter.«
»Schoß er zu hoch oder zu niedrig oder nach der Seite?«
»Zu hoch.«
»Sie glauben also, daß der Mörder geschossen hat?«
»Wir glauben, es war der Mann, der den Mord beging.«
»Oder die Frau?«
Er sah mich an und sagte dann langsam und voller Zweifel: »Oder die Frau, die den Mord beging.«
»Und warum nehmen Sie das an?«
»Wir fanden bei der Paraffinprobe an Camerons Händen keine Pulverspüren.«
»Wurden Fingerabdrücke gefunden?«
»Auch nicht.«
»Und an der Pistole?«
»Nur ein paar stark verwischte.«
»Sie meinen, die Pistole war abgewischt worden?«
»Jedenfalls wurde sie nicht sauber genug abgewischt. Vielleicht hat der Mörder den Kolben mit dem Taschentuch angefaßt, als er schoß. — Aber was wollen Sie nun wirklich, Donald?«
»Nach Südamerika.«
»Das möchte ich auch.«
»Ich möchte sofort abreisen.«
»Was habe ich damit zu tun?«
»Sie sollen mir einen Paß beschaffen.«
»Sie sind verrückt.«
»Nein, das bin ich nicht. Sie werden jetzt dieses Telefon nehmen und die Paßabteilung im Außenministerium anrufen, dort sagen, wer Sie sind, und ihnen erklären, daß ich einen Mordfall bearbeite, daß Sie mir völlig vertrauen und wünschen, daß mir sofort ein Paß ausgehändigt wird.«
»Sie sind völlig von Sinnen!«
Ich schüttelte den Kopf.
»Ich könnte es nicht tun, selbst wenn ich wollte. Es würde auch nichts helfen.«
»Wenn Sie die richtige Stelle anrufen, wird es schon hinhauen.«
»Was sagt Bertha dazu?«
»Sie weiß nichts davon.«
»Wer schickt Sie nach Südamerika?«
»Niemand. Es ist mein eigener Entschluß.«
»Was gibt es denn da unten so Wichtiges?«
»Ich weiß es auch noch nicht.«
»Warum wollen Sie dann da hinunter?«
»Robert Hockley geht hin. Er ist einer der Erben von Cora Hendricks. Der größte Teil des Nachlasses besteht aus Besitzungen in Kolumbien.«
»Sie wollen ihn also beschatten?«
»Ich will nur nach Kolumbien und sonst nichts.«
»Und was geschieht mit mir? Ich hole für Sie die Kastanien aus dem Feuer, und was dann?«
»Sie bekommen eine Extra-Kastanie.«
»Um mir die Finger daran zu verbrennen«, protestierte Sellers.
»Sie können sich Ihre Pfötchen abkühlen lassen, solange Sie wollen.«
»Die Sache schmeckt mir nicht, Donald. Ich soll mich für Sie stark machen, und geht etwas schief, dann bin ich der Dumme.«
»Es wird nichts schiefgehen. Sie riskieren absolut nichts. Will die Polizei denn nicht wissen, was Hockley in Kolumbien treibt?«
»Und wenn Sie etwas herausbekommen, werden Sie es mir dann erzählen, ohne etwas zu verschweigen?«
Lächelnd nickte ich mit dem Kopf.
»Das will ich auch stark hoffen.«
»Wenn ich klären kann, wer Bob Cameron ermordet hat, dann sage ich es Ihnen, und Sie können den Rahm abschöpfen.«
»Nur auf das hin, was Sie dann erzählen werden?«
»Reden Sie keinen Unsinn. Ich liefere Ihnen die Beweise. Sie können sie dann prüfen.«
Sellers zögerte noch.
»Schließlich haben Sie ja nichts zu verlieren«, drängte ich.
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