Ein schwarzer Vogel
gesellschaftliche Leben?«
»Das ist schwer zu beschreiben. Die Menschen sitzen gern zusammen und plaudern. Wenn bei uns in den Staaten Freunde Zusammenkommen, spielen sie Bridge, gehen in ein Kino oder unternehmen so etwas Ähnliches. Nahezu in ganz Südamerika sind die Menschen gewohnt, die Gesellschaft anderer zu genießen. Sie müssen es selbst kennenlernen, um es zu verstehen.«
»Sie schildern das Land sehr verlockend. Kennen Sie übrigens einen Robert Hockley?«
»Hockley?« fragte er stirnrunzelnd. »Was ist er?«
»Genau weiß ich es nicht. Ich glaube, er hat Besitzungen in Kolumbien.«
»Welcherart sind seine Besitzungen?«
»Das weiß ich nicht. Er sprach nur recht flüchtig darüber mit mir.«
Prenter schüttelte den Kopf. Wir schwiegen eine Weile, und die Landschaft nahm uns völlig in Anspruch. Wir flogen über den von Prenter angekündigten See, dessen glatte Oberfläche nicht durch die geringste Brise gekräuselt wurde. Dann hatten wir eine Weile unruhige Luft. Plötzlich kurvte unsere Maschine und landete in Guatemala.
Nachdem wir Guatemala wieder verlassen hatten, zeigte sich Prenter ziemlich zurückhaltend. Auf meine gelegentlichen Fragen nach Land und Leuten antwortete er sehr einsilbig. Anscheinend nahmen ihn seine Gedanken völlig in Anspruch. Zwei- oder dreimal, als er mit zurückgelegtem Kopf und geschlossenen Augen dasaß und zu schlafen schien, spürte ich deutlich die Anspannung, mit der er nachdachte.
Das Flugzeug flog so hoch, daß man auf der linken Seite den Atlantik und rechts den Pazifik sehen konnte.
»Wir sind wohl bald in Panama?« versuchte ich Prenter wieder in ein Gespräch zu verwickeln.
»Es dauert nicht mehr lange«, antwortete er nur.
Wieder herrschte eine oder zwei Minuten Schweigen, dann wandte sich Prenter plötzlich zu mir. »Hören Sie, halten Sie mich bitte nicht für .aufdringlich, wenn ich Ihnen einen guten Rat gebe.«
»Aber gewiß nicht, ich bin Ihnen dankbar«, versicherte ich.
»Reden Sie nicht mehr über Smaragde.«
Ich zeigte ihm mein erstauntes Gesicht. »Warum nicht? Was ist denn nur los mit den Smaragden?«
»Wenn Sie mit mehr Leuten so darüber reden wie mit mir«, antwortete er grimmig, »werden Sie schon dahinterkommen, was damit los ist.«
»Wie darf ich das verstehen?«
»Das Smaragdgeschäft ist ein Regierungsmonopol. Verstehen Sie, was das heißt?«
»Ich fürchte, nein.«
»Der gesamte Smaragdhandel in der Welt stellt einen erheblichen Wert dar.«
»Ja, das kann ich mir vorstellen.«
»Er wird von der kolumbianischen Regierung kontrolliert.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich meine folgendes: Die kolumbianische Regierung bestimmt die Menge der Smaragde, die auf den Markt kommt, und legt die Preise fest. Es ist klar, daß die Preise stark fallen würden, wenn plötzlich viele Smaragde zum Verkauf angeboten würden, weil der Markt bei den hohen Preisen nur in einem beschränkten Maße aufnahmefähig ist. Wenn die großen Edelsteinhändler vorher genau wüßten, wie viele Smaragde auf den Markt gebracht werden, könnte es auf die Preise verheerende Auswirkungen haben.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Nun, dann denken Sie einmal darüber nach, wenn Sie nichts anderes zu tun haben. Nehmen Sie doch einmal an, Sie seien eine Regierung, und Sie allein wären im Besitz der Informationen, die den Preis für eine Ware beeinflussen, die Sie auf dem Weltmarkt kontrollieren. Verstehen Sie mich jetzt?«
»Nun, mir dämmert langsam, was Sie meinen.«
»Dann zerbrechen Sie sich den Kopf, bis aus dem Dämmern helles Licht wird. Und damit Sie dazu ausreichend Gelegenheit haben, werde ich Sie jetzt eine Zeitlang nicht weiter mit meiner Unterhaltung davon abhalten. Wir sind bald in Panama. Dort müssen wir über Nacht bleiben, und man wird Sie nach allen Regeln der Kunst ausfragen. Wenn irgend jemand auf die Idee kommen sollte, daß Sie sich aus geschäftlichen Gründen für Smaragde besonders interessieren, kommen Sie nie nach Kolumbien. Lassen Sie sich das gesagt sein.«
»Heißt das, daß man meinen amerikanischen Paß nicht anerkennen wird, falls...?«
»Aber nein. So plump macht man das hier nicht. Sie befinden sich in einem Land, wo die hohe Kunst der Diplomatie noch in Ehren gehalten wird. Es wird einfach heißen, daß in Ihrem besonderen Fall gewisse technische Schwierigkeiten vorhanden sind, daß aus Versehen irgend etwas vergessen wurde, und dann werden Sie in einen Verwaltungskrieg verwickelt, daß Ihnen die Augen übergehen. Ich gebe
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