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Ein schwarzer Vogel

Ein schwarzer Vogel

Titel: Ein schwarzer Vogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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Fall für ihn erledigt. Wir unterhielten uns eine Weile über die Landschaft, als uns unvermutet ein rasend schnell fahrender Wagen in einer Kurve entgegenkam. Unwillkürlich suchte ich nach einem Halt.
    Unser Fahrer wurde den Versicherungen Maranillas voll gerecht. Er schien nicht im geringsten beeindruckt zu sein, sondern drehte mit seinen großen Fäusten das Steuerrad anscheinend in der gleichen Hundertstelsekunde, als der andere Wagen um die Kurve bog. In atemraubendem Tempo rasten beide Fahrzeuge aneinander vorbei. Ich hatte den Eindruck, daß wir mit den rechten Rädern direkt über dem Abhang hingen und links um Haaresbreite dem Kotflügel des anderen Autos entgingen. Vor Schreck war mir das Herz stehengeblieben, dann schlug es so wild, daß ich fast in Atemnot kam.
    Maranilla rauchte seine Zigarette, betrachtete mit träumerischem Lächeln ihren aufsteigenden Rauch und hielt es nicht der Mühe wert, auch nur einen Blick auf den irrsinnigen Fahrer des Wagens zu werfen, der an uns vorbeigerast war.
    »Mir scheint, Sie haben recht«, sagte ich, als ich wieder sprechen konnte.
    Maranilla zog höflich fragend die Augenbrauen hoch.
    Ich nickte in Richtung des Chauffeurs.
    »Aber selbstverständlich«, bestätigte Maranilla und beließ es dabei, als wenn es ein alltäglicher Vorfall gewesen wäre, über den es kein weiteres Wort zu verlieren gebe.
    Am Nachmittag erreichten wir einen trägen, breiten Fluß. Offensichtlich war sein Wasserstand zu dieser Jahreszeit verhältnismäßig niedrig, denn breite Geröllbänke erstreckten sich in das Flußbett. Wir fuhren durch eine schläfrige kleine Stadt und schlugen dann eine schmale Seitenstraße ein, die zu einem hölzernen Tor führte, über dem ein Schild mit der Aufschrift Doppelklee-Mine angebracht war. Über dem Schild hing ein großes hölzernes Hufeisen, das zwei vierblättrige Kleeblätter aus ehemals grün gestrichenem Blech einrahmte. Die Gebäude befanden sich in gutem Zustand, aber deutliche Anzeichen wiesen darauf hin, daß die meisten ein ehrwürdiges Alter hatten. Ein großer, magerer Mann in verschwitztem weißem Anzug kam zu unserem Wagen und begrüßte uns. Es war Felipe Murindo, der Verwalter der Mine. Offensichtlich sprach er kein Englisch.
    Das war eine Schwierigkeit, mit der ich nicht gerechnet hatte. Señor Maranilla sprach auf spanisch mit Murindo, der ernst und aufmerksam zuhörte. Darauf wandte sich der Verwalter zu mir, verbeugte sich und reichte mir die Hand.
    Maranilla erklärte mir kurz, worüber er mit Murindo gesprochen hatte, und ich hatte den Eindruck, als übersetze er mir nur die wichtigsten Punkte.
    »Ich habe Murindo gesagt, daß Sie als Freund der Nachlaßverwalter gekommen seien, um die Mine zu besichtigen«, sagte Maranilla.
    »Aber das entspricht kaum den Tatsachen«, widersprach ich.
    »Oh, das macht nichts«, meinte er lächelnd. »Man braucht diesen Leuten nicht jede Einzelheit zu erklären. Man befiehlt ihnen kurz, was sie tun sollen, und hält sich nicht mit langen Erläuterungen auf. Sie sind nur überflüssig.«
    Mir schienen jedoch Maranillas Ausführungen nicht besonders kurz gefaßt gewesen zu sein, denn anschließend verfielen er und Murindo in eine rege Unterhaltung. Sie überschütteten sich gegenseitig mit Worten, unterstrichen ihre Sätze gelegentlich mit Gesten und ließen ab und zu mit gehobener Stimme ein besonders langgedehntes Noooooo hören, was bei Südamerikanern ein Zeichen dafür ist, daß ihre Unterhaltung von einem Streit nicht mehr weit entfernt ist.
    Wir machten einen Rundgang durch die Mine, besichtigten eine große Wasserleitung, durch die das Wasser zugeführt wurde, und die riesige Düse, durch die ein mahlender Strahl gegen den goldhaltigen Grund geschleudert wurde und ihn über die Behälter schwemmte, in denen das Gold aufgefangen wurde.
    Felipe Murindo erklärte, und Maranilla übersetzte es mir.
    Alles, was ich dabei lernte, war mir noch aus meiner Schulzeit geläufig. Das Wasser wurde gegen die goldführende Schicht gespritzt, löste sie zu einem Schlammstrom auf, der über Kästen geleitet wurde. Die Böden dieser Kästen waren mit Rillen versehen, in denen das Gold aufgefangen wurde. Ich fand das alles nicht besonders aufregend.
    Es war quälend heiß und drückend. Ich hatte das Gefühl, als ob eine Million Insekten über meine Haut krabbelten. Der holzköpfige Fahrer, der anscheinend auch als Leibwache fungierte, stolperte geduldig hinter uns her. An seiner Hüfte baumelte ein

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