Ein sehr privater Verführer (Baccara) (German Edition)
oder eine berühmte Schauspielerin, und sie beneidete Annalise um ihr natürliches Selbstvertrauen.
Was bin ich eigentlich für ein Typ? fragte sie sich. Eher schüchtern, eher extrovertiert? Habe ich einen tollen Job oder bin ich eine graue Maus?
Zurzeit fühlte sie sich nur verwirrt und ängstlich. Aber das lag bestimmt an ihrem Zustand. Gedächtnisverlust würde wohl jeden aus der Bahn werfen. Vielleicht war sie im wirklichen Leben ebenso selbstbewusst und strahlend wie Annalise. Allerdings vermutete sie, dass auch Reichtum und Schönheit verantwortlich für ihre Ausstrahlung waren. Jemandem wie Annalise lag die Welt zu Füßen.
Erst als die sexy Dessous an die Reihe kamen, weigerte sich Gracie, noch weiter zu probieren. Sie ließ die sinnliche Seidenwäsche durch die Finger gleiten. Wunderschön – aber sie würde nicht darin posieren, nicht einmal vor einer Frau.
Annalise warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. „Himmel, so spät schon? Ich werde meinen Flieger verpassen, wenn ich nicht sofort aufbreche. Daddy will immer, dass ich unseren Privatjet benutze, aber ich finde das so furchtbar angeberisch. Wie soll sich ein Mann für das interessieren, was ich wirklich bin, wenn ich ihm sofort auf die Nase binde, wie viel Geld ich besitze?“
„Keine Ahnung“, antwortete Gracie trocken, aber sie wusste, dass Annalise keine Angeberin war.
An der Haustür legte sie ihrer Wohltäterin die Hand auf den schlanken Arm. „Danke, Annalise“, sagte sie. „Wir werden uns wohl nicht wiedersehen, aber ich bin Ihnen wirklich sehr dankbar.“
Annalise umarmte sie spontan und küsste sie auf die Wange. „Sag niemals nie. Und denken Sie an meinen Rat: Lassen Sie es nicht zu, dass Gareth Sie einschüchtert. Das Anprobieren hat übrigens wirklich Spaß gemacht.“
4. KAPITEL
Nachdem Annalise gegangen war, kam Gracie das große Haus wieder einsam und verlassen vor. Gerne hätte sie sich noch ein wenig umgesehen, aber sie hatte Angst davor, wieder beim angeblichen Spionieren erwischt zu werden. Stattdessen ging sie nach draußen und genoss die Frühlingssonne. Es war ein herrlicher Tag mit blauem Himmel, kleinen Wolken, warm, aber nicht zu warm.
Am liebsten hätte sie jetzt gemalt, um die schlichte Schönheit der Natur einzufangen. Abrupt blieb sie stehen. Woher kam der Wunsch zu malen? Ein Erinnerungssplitter kam ihr in den Sinn:
Ich bin technisch gut, Daddy, aber was mir fehlt, ist künstlerisches Genie. Deshalb möchte ich so gern die Galerie leiten. Du weißt genau, dass ich es könnte.
Doch da endete ihre Erinnerung auch schon wieder. Zornig ballte sie die Hände zu Fäusten. War sie etwa eine Künstlerin? Aber vermutlich keine besonders gute. Und gab es hier einen Zusammenhang mit ihrem Besuch in den Wolff Mountains?
Sosehr sie sich auch bemühte – sie erinnerte sich an nichts weiter. Geduld, dachte sie und unterdrückte ein Schluchzen. Ich muss einfach Geduld haben.
Sie ging einen Weg hinunter und ließ die hohen Bäume, die das Haus umgaben, hinter sich. Als sie sich nach einer Weile umdrehte, stockte ihr der Atem. Gareths Haus war ein Märchenschloss. Nostalgisch und modern zugleich. Wie eine Mischung aus Cinderellas Schloss und George Vanderbilts Villa in Asheville, North Carolina.
Ups, noch ein Splitter. Sie sah sich selbst, bei einem Besuch in dieser Villa, in einem roten Kleid, lachend, glücklich. Aber wer war die Person, die neben ihr stand?
Vor lauter Anstrengung, sich zu erinnern, pochte es in ihrer Schläfe. Doch die Szene verblasste so schnell, wie sie gekommen war.
Mit Tränen in den Augen schaute sie hinüber zu Gareths Haus. Dort hatte sie gestern auf der Treppe gestanden und mit ihm gesprochen. Aber weshalb? Und war sie in guter oder in böser Absicht gekommen?
Keine Antwort. Alles, was sie wusste, war, dass sie in Gareths Bett geschlafen, dass er sich um sie gekümmert hatte und dass sie sich auf magische Weise zu ihm hingezogen fühlte. Zu dumm aber auch.
Seufzend ging sie zurück zum Haus. Gareth hatte verkündet, er wolle arbeiten. Aber wo? Und worin bestand seine Arbeit? Wozu arbeitete ein Multimillionär wie er überhaupt?
Vor der riesigen Garage blieb sie stehen und spähte durch ein Fenster hinein. Dort stand der Jeep, mit dem sie gestern gefahren war. Daneben eine klassische Harley Davidson, ein großer schwarzer Mercedes, ein stahlgrauer Lieferwagen und ein kleines Elektromobil.
Eine seltsame Ansammlung von Fahrzeugen, dachte sie. Gareth Wolff war ihr ein Rätsel.
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