Ein sehr privater Verführer (Baccara) (German Edition)
„Du hast was gut bei mir, Jacob.“
Jacob folgte ihnen nach draußen. „Eispackungen, Gracie“, riet er noch mal, als Gareth sie in den Jeep setzte. „Den Fuß hochlegen. Unbedingt.“
Mit einem warmen Lächeln verabschiedete sich Gracie von ihm. „Danke, Jacob. Sie sind ein prima Doc.“
„Wenn er so gut wäre, hätte er deinen Gedächtnisverlust kuriert“, schnaubte Gareth und ließ den Motor an.
„Gareth!“ Sie boxte gegen seinen Arm.
„Jacob weiß, dass ich nur Spaß mache.“
„Er ist mein großer Bruder“, rief Jacob und winkte. „Ich bin das gewöhnt.“
Wieder zu Hause angelangt, trug Gareth sie in ihr Zimmer und legte sie sanft aufs Bett. „Ich mache dir was zu essen.“
Während sie nichts tat als dazuliegen und die Maserung der Deckenbalken zu studieren, bereitete Gareth Sandwiches mit Truthahn und Provolone-Käse zu, stellte die Teller auf ein Tablett und eine kleine Vase mit einer einzelnen Rose dazu. Zurück im Schlafzimmer breitete er eine Serviette auf Gracies Schoß aus und reichte ihr ein Glas Limonade. Durstig trank sie, wehrte aber ab, als er einen Teller auf die Serviette stellte. „Ich habe keinen Hunger.“
„Du musst aber was essen, sagt der Doc.“
Resigniert biss sie in das Sandwich und kaute folgsam, doch sie bekam nur wenig runter. Schließlich legte sie es beiseite. „Es tut mir leid, Gareth. Wirklich. Ich bin in dein Leben geplatzt und bringe alles durcheinander. Wäre es nicht besser, Jacob brächte mich nach Hause?“
Er wischte ihr zärtlich einen Krümel aus dem Mundwinkel. „Hat Jacob dir das eingeredet?“
„Dein Bruder will dich nur schützen.“
„Dich ebenfalls, scheint mir.“
„Nur, was seine Pflicht als Arzt betrifft. Du bist ihm viel wichtiger.“
„Ich bin erwachsen, Gracie, und ich kann für mich selbst einstehen. Es bleibt bei unserem Plan. Wir werden ein paar Tage in Washington verbringen, und danach, falls dein Vater wieder da ist, bringe ich dich nach Savannah.“ Er seufzte tief, wandte sich ab und stützte den Kopf in die Hände. „Ich schulde dir eine Erklärung.“
Sanft strich sie über seine Schulter und spürte, wie verspannt er war. „Du schuldest mir überhaupt nichts.“
Doch Gareth sprang auf und begann, in dem eleganten Schlafzimmer auf und ab zu tigern. „Du bist die Einzige, die diese Alben jemals gesehen hat“, bekannte er.
„Wie ist das möglich? Du hast sie ja nicht gerade versteckt.“
Er schob die Hände in die Taschen seiner Jeans und blieb vor dem Bett stehen. Mit seiner männlichen Ausstrahlung und seinem schönen herben Gesicht raubte er Gracie fast den Atem. „Jahrelang hatte ich die Zeitungsausschnitte in Kartons unter dem Bett stehen. Als ich vierzehn war, bat ich meinen Hauslehrer, mir Alben zu besorgen. Er war nett, einer der besten Lehrer, die ich hatte. Ich mochte ihn. Aber dann hat er geheiratet und ist weggezogen …“
Schweigend wartete Gracie darauf, dass er weitersprach.
„Nach und nach füllte ich die Alben, ordnete alles nach Datum. Wahrscheinlich hat es mir alles andere als gut getan. Doch ich konnte nicht anders. Eines Tages überraschte mich mein Vater bei meiner Tätigkeit. Voller Wut verlangte er von mir, die Alben zu vernichten. Er ließ unsere Haushälterin kommen, damit sie mir die Sachen wegnahm.“
„Oh, Gareth …“
„Ich bettelte und flehte, aber mein Vater begriff nicht, dass diese Papierschnipsel alles waren, was mir von meiner Mutter geblieben war.“
„Was passierte dann?“
„Die Haushälterin bewahrte die Alben heimlich auf. Sie war ein Schatz. Als ich einundzwanzig wurde, gab sie sie mir zurück. Ich sei nun alt genug, um zu wissen, was mit ihnen geschehen sollte.“
„Und du hast sie aufbewahrt.“
„Ich habe sie zumindest nicht weggeworfen, obwohl es vielleicht besser gewesen wäre. Aber ich hätte das Gefühl gehabt, das Andenken meiner Mutter zu schänden.“
„Was aber nicht der Fall gewesen wäre.“
„Vom Verstand her war mir das klar, aber emotional brachte ich es nicht fertig. Das Einzige, was ich schaffte, war, sie nie wieder anzuschauen. Wie ein trockener Alkoholiker, der eine einzige Flasche Gin aufbewahrt, zum Beweis, dass er das Zeug nicht mehr nötig hat.“
„Und als du heute in die Bibliothek kamst …“
„Habe ich dich da sitzen sehen mit dem Album auf dem Schoß. Selbst aus der Entfernung konnte ich das Foto erkennen. Ich bin durchgedreht, und es tut mir leid.“
Mühsam, doch entschlossen, kletterte Gracie aus dem Bett
Weitere Kostenlose Bücher