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Ein seltsamer Ort zum Sterben

Ein seltsamer Ort zum Sterben

Titel: Ein seltsamer Ort zum Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Derek B. Miller
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ein amerikanischer Soldat.
    Die F 4 -Phantom war von einem Flugabwehrkörper sowjetischer Bauart abgeschossen worden. Der Pilot hatte, wie jeder wusste, absolut keine Schuld daran. Aber Piloten hatten es nun mal einfach, wie auch jeder wusste. Sie saßen in ihren klimatisierten Zelten, feilten sich die kostbaren Nägel, schlürften Tonic Water, spielten Gin Rommee und holten sich einen auf neue, noch unbefleckte Magazine runter. Wenn dann die Essensglocke ertönte, warfen sie sich in ihre schicken Uniformen, die alle Mädels in Ohnmacht fallen ließen, bestiegen das Cockpit ihrer glänzenden Maschine – die irgendein Lakai gerade für sie auf Hochglanz poliert hatte – und warfen dann fünfzehn Minuten lang Napalm auf irgendwelche Bauern, ihr Vieh, ihre Felder und was sonst noch alles ab. Dann, wenn ihre Daumen allmählich müde wurden, flogen sie zurück zur Basis, wischten sich vor den Kameras der Pressefotografen einen Schweißtropfen von der Stirn und nahmen dann ihre so rüde unterbrochene Kartenpartie wieder auf, während Rote-Kreuz-Häschen namens Heather oder Nicky ihnen die erschöpften Schultern massierten und den Erzählungen ihrer Heldentaten lauschten.
    Und weil das so war, gestanden ihnen die Jungs auf den Booten keinerlei Fehler zu. Es war ihnen scheißegal, ob diese Boden-Luft-Rakete nun das beste wärmesuchende Flugobjekt war, das die Kommunisten je zustande gebracht hatten, oder nicht und dass ein tieffliegendes Flugzeug nur 1 , 7 Sekunden Zeit hatte, um zu reagieren, bevor es die Hälfte seines Rumpfs verlor. Es war ihnen schlichtweg egal, ob es abgeschossen wurde oder nicht. Der Pilot steckte ganz schön tief in der Scheiße, und dieses Wissen bereitete jedem einzelnen Mann auf dem Boot diebische Freude.
    Das große Kunststück bei einer Suchaktion bestand darin, das abgeschossene Flugzeug vor den Vietcong zu finden. Die Vietcong waren mordlüsterne Arschlöcher, aber es war nun mal ihr Land, und sie kannten das Gelände einfach verdammt gut. Wurde ein Flugzeug abgeschossen, rasten sie auf kürzestem Weg direkt zum Absturzort. Die Jungs am Fluss mussten sich erst mal einen Weg bahnen.
    Das war die Aufgabe des Mönchs als Skipper. Während sie am Ufer herumwuselten, gab es nicht viel mehr zu tun, als mit der M- 60 im Wald Schießübungen zu machen und sich an Witze und Mädchen zu erinnern, mit denen sie sicherlich niemals Sex haben würden. Zumindest nicht persönlich.
    Der Regen prasselte beständig herab, während das Boot einen etwa zwanzig Meter breiten Fahrdamm befuhr. Einheimische Boote glitten vorbei, während die Männer ihre Gewehrläufe auf sie richteten, doch keines hielt an, und niemand würdigte sie auch nur eines Blickes.
    Trevor saß hinter dem Mönch und wirkte, wie Sheldon fand, seltsam angespannt, als würde er jeden Augenblick aufspringen und … Es ließ sich nur schwer erahnen, was geschehen würde. Würde er über Bord springen? Den Mönch angreifen?
    Sheldon saß weit hinten im Boot und machte Fotos. Lichtete den Wald ab. Versuchte, das Gelände zu verstehen, die Männer, diesen Krieg. Er war so anders als Korea. In Korea griffen die Kommunisten den Süden mit sowjetischer Unterstützung an, und die Vereinten Nationen beschlossen eine Resolution, während der sowjetische Botschafter gerade mal zur Toilette war, daher war die Vorgehensweise ziemlich eindeutig. Hier sah die Sache weit weniger eindeutig aus. Wobei der entscheidende Unterschied darin bestand, dass die Südkoreaner uns im Land haben wollten. Hier war das nicht unbedingt so.
    Nach dreistündigem Patrouillieren hielt das Boot bei einem kleinen Pier an. Der Mönch rührte sich nicht. Er warf Saul lediglich einen Radioempfänger zu und sah Herman an. Ritchie, der höhergestellt war als beide, sagte daraufhin: «Witzy und Williams, ihr geht raus.»
    So nannten sie nämlich Saul. «Witzy.» Weil «Horowitz» zu lang war und «Saul» zu altmodisch klang.
    Warum diese beiden? Witzy und Williams? Weil es so gut klang, deshalb.
    «Ich geh auch mit», sagte Sheldon. Niemand erwiderte etwas. Es war – zum ersten Mal auf diesem Trip –, als wäre Sheldon gar nicht anwesend.
    Saul reichte Ritchie einen Brief, den er geschrieben hatte. «Schick den für mich ab, falls ich ins Gras beiße.»
    Ritchie sagte: «Okay.» Mehr nicht, nur: «Okay.»
    Saul betrat den Steg, seine M- 16 in der einen, den Radioempfänger in der anderen Hand. Er sagte zu Ritchie: «Mein Mädchen ist schwanger. Damit liege ich vorne, oder?»
    «Du

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