Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein silbernes Hufeisen

Ein silbernes Hufeisen

Titel: Ein silbernes Hufeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Barbera
Vom Netzwerk:
hatte Verpflichtungen. Er konnte nicht einfach fortlaufen und doch wollte er es so sehr.
    Und er wollte sie vergessen, seine Verlobte, und doch konnte er es nicht. Weiterhin dachte er jeden einzelnen, einsamen Tag an sie, und wenn er sich an ihre schönen Erlebnisse erinnerte, dann wollte er sie um jeden Preis wieder finden, so schnell wie nur irgend möglich. Aber zugleich wünschte er auch, es wäre nicht derart schwer mit ihr. Das war es jedoch, denn es gab keine Spur und kein Lebenszeichen, und außerdem war es auch zuvor schon immer schwierig gewesen – wie sie sich hatten verstecken und wie sie hatten kämpfen müssen, um sich am Ende vollkommen umsonst zu bemühen. Ihm fehlten ihre funkelnden Augen und ihre weiche Haut, ihre Stimme und ihre Haare, vermutlich so sehr, dass er ganz einfach nicht in der Lage sein konnte, sich vernünftig zu verhalten mit einem großem Loch in seiner Brust. Wenn er bewusst an sie dachte, wenn er nicht versuchte, es zu vermeiden, dann war absolut klar, was er wollte. Aber was er wollte, das konnte er nun einmal nicht haben, und wenn er es sich noch so sehr wünschte. Wieso sollte er also verrückt werden vor Sehnsucht?
    Nun, während dieser vielen, traurigen Gedanken wurde es tatsächlich schon bald ein sehr heißer Tag, er hatte also recht behalten und er litt mit dem stämmigen Schmied, der in der Hitze des Schmelzofens mit einem donnernden Hammer sein Pferd neu beschlug, als er endlich im Dorf angekommen war. Sicherlich waren es über dreißig Grad in der Sonne und damit außergewöhnlich heiß für Mai, was auch die Frau des besagten Schmiedes bemerkte. Sie war klein und rundlich, hatte aber rosige Wangen und sah damit genau so aus, wie Tony, der naive Städter, sich gerne die Frau eines Schmiedes vorstellte, als sie ihm ein Glas Wasser brachte. Dankend nahm er es entgegen, und sie sah zufrieden dabei zu, wie er die willkommene Erfrischung in hastigen, kühlenden Zügen leerte. Schon zuvor hatten sie ein wenig unverfänglich geplaudert, was Tony sehr genossen hatte. Dabei war unter anderem auch von Hatsfield Park die Rede gewesen, für deren Besitzer sich sein offenes Gegenüber sehr zu interessieren schien, denn reiche Leute im Allgemeinen schienen eines ihrer liebsten Themen zu sein. Dabei war sie jedoch nicht wirklich sicher, ob Tony selbst zu jener glamourösen Gruppe zu zählen war oder nicht. Um also sein soziales Netzwerk zu überprüfen, erkundigte sie sich deshalb höflich, ob er auch bereits in dem anderen großen Haus in der Nähe zu Besuch gewesen war. Als er jedoch erwiderte, dass er von diesem Haus noch niemals gehört hatte, erklärte sie ihm sogleich alle wichtigen Fakten: es läge einen Ritt von ungefähr einer Stunde entfernt vom Dorf und immer in nördlicher Richtung. Außerdem sei es kein sonderlich großes Haus, aber doch sehr teuer eingerichtet und besonders berühmt für seinen herrlichen Garten. Eine Cousine von ihr arbeite dort, erklärte sie weiter, und sie arbeitete für die alte Abigail, wie man die Hausherrin scheinbar gerne nannte, wobei der Name Tony seltsam bekannt vorkam. Nachdem die Frau des Schmiedes ihn nach einiger Zeit in jene oberflächlichen Details eingeweiht hatte, senkte sie schließlich die dunkle, zufriedene Stimme ein wenig, was einzig bedeuten konnte, dass sie ihm nun etwas unerhörten Klatsch erzählen wollte. Eigentlich fühlte Tony sich stets unwohl, ging es um Gerüchte und Halbwahrheiten. Aber in diesem seltenen Falle war er tatsächlich sogar ein wenig neugierig. Diese Abigail interessierte ihn, und außerdem wäre es unhöflich gewesen, sie zu unterbrechen, also lauschte er still weiter. Seitdem ihr Mann gestorben war, wurde ihm berichtet, hatte Abigail alleine in ihrem hübschen Haus gewohnt. Seit Anfang des Jahres hatte sie nun jedoch offenbar Besuch von einem jungen Mädchen, bei dem es sich angeblich um ihre Nicht handelte, so hatte es die dort angestellte Cousine zumindest geschildert. Das Sonderbare an dieser Geschichte war aber nun, dass diese Nichte sich nicht frei bewegen durfte im Haus – sie verließ niemals ein bestimmtes Zimmer im Turm und keiner aus dem Personal hatte sie bisher zu Gesicht bekommen, noch nicht einmal der Gärtner, der damit betraut worden war, ihr morgens und abends das Essen zu bringen. Tony hörte aufmerksam zu und natürlich zog er dabei Schlüsse, von denen er schlicht nicht glauben konnte, dass sie der Wahrheit entsprachen. Derart große Zufälle konnte es ganz einfach nicht geben,

Weitere Kostenlose Bücher