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Ein silbernes Hufeisen

Ein silbernes Hufeisen

Titel: Ein silbernes Hufeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Barbera
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er sich Mut zu, und seitdem er hier war, erschien das Leben ihm wieder heller. Wie die Vögel sangen in den Bäumen, wie die Tannen dufteten, wie lebendig alles war auf dem Lande in der frischen Natur! Dies war es, was Tony gebraucht hatte, um neue Kraft zu schöpfen, und deshalb hatte er sie nicht im Stich gelassen, er machte sich lediglich bereit für die Zeiten, während derer ihr Schicksal wieder in seiner Hand lag. Bis dahin dachte Tony auch mehr über sich und über seine Ziele nach, was er im letzten Jahr, als er andere Prioritäten gehabt hatte, ein wenig vernachlässigt hatte, und während er oft auf Entdeckungsreise ging in jener völlig neuen Umgebung, wo nichts schmerzliche Erinnerungen in ihm auslöste, sponn er dieses aufregende Gefühl des Unbekannten weiter fort in seinem Kopf. Wobei ihm bewusst wurde, dass es tatsächlich noch eines gab, was er gerne tun wollte bevor er auf Ewig sesshaft wurde mit einer Frau und damit zum verantwortungsbewussten Oberhaupt einer Familie: er wollte gerne das Festland sehen und Europa bereisen für einige Zeit, doch wann immer er sich mit dieser Idee auseinandersetzte, wurde er zugleich auch von seinem Gewissen, das er beständig zu beruhigen suchte, gequält. Denn er war sich nicht sicher, ob es rechtens war, was er vorhatte – dass er so weit fort reisen würde, in fremde Länder, während er sie noch vermisste und nicht wusste, wo sie war, wo sie sich doch zugleich allein wegen ihm in ihrer misslichen Lage befand. Würde er fahren, ließe er sie dann damit im Stich? Diese Frage ließ Tony niemals zur Ruhe kommen, wollte er Pläne schmieden, denn er erinnerte sich daran, was er ihr versprochen hatte: dass er einen Weg finden würde für sie, hatte er ihr versichert, die voller berechtigter Zweifel gewesen war. Egal wie sehr er sich befreien wollte, dieses Versprechen hielt ihn noch immer fest und deshalb war er sich weiter unsicher. Hatte er etwa zu früh aufgegeben? Gab es mehr, was er für sie tun sollte, hatte er sich nicht genug bemüht um ihre Rettung? Vielleicht war er ein schlechter Verlobter, dachte er oft und auch heute an diesem Tag, der nicht mehr allein freundlich war, sondern der auch versprach, der erste, wahrhaftig heiße Sommertag des Jahres zu werden.
    „Es wird heute heiß werden,“ teilte Tony also seinen Gastgebern mit, als er durch die grünen Glastüren zurück in den hellen Frühstücksraum von Hatsfield Park trat, wobei der Marquis und Victoria, deren Stimmen er zuvor noch leise hatte hören können, aber nicht darauf geachtet hatte, was sie sagten, sofort verstummten.
    Dass sie mittlerweile miteinander sprachen, dies war durchaus als Fortschritt zu bewerten, denn als Tony angekommen war, da hatten die beiden nur über die nötigsten Dinge wenige Worte verloren und hatten ansonsten parallel aneinander vorbei gelebt. Sie hatten viel geschwiegen, und zumeist hatte Vicky sich außerdem auch viel beklagt über ihren unerwünschten Ehemann: warum er sie unbedingt hatte haben wollen, warum sie dumm und schwach genug gewesen war, um dieser Verbindung zuzustimmen, warum sie schrecklich leiden musste. Es war ihr sehr schlecht gegangen für einige Zeit. Tony hatte sich also darum bemüht, sie etwas aufzubauen, denn immerhin hatte sie trotz ihres Unglücks zugleich selbiges für ihn getan und hatte seinen langen Klagen gelauscht. Sie beide waren dadurch Freunde geworden und hatten sehr von der Gesellschaft des anderen profitiert.
    Aber auch der Marquis Doyle oder Robert, wie Tony ihn inzwischen nennen durfte, hatte sich durchaus als unterstützende Kraft herausgestellt. Er war freundlich, sehr gebildet, besonnen und ruhig und er mühte sich, obwohl er Tonys früheres Verhalten als moralisch einwandfreier Mensch vielleicht verurteilte, ihn über seinen schlimmen Verlust so gut er nur konnte hinweg zu helfen. Saßen sie ohne Victoria beieinander, dann sprach er niemals schlecht über seine Angetraute. Vielmehr wurde bei ihren abendlichen Gesprächen vor dem Kamin meist recht deutlich, dass Robert seiner Frau ausgesprochen zugetan war, und dies schon lange gewesen war, selbst als er sich eigentlich noch um Guinievaire hatte bemühen müssen. Letztere hatte ihn niemals interessiert, gestand er Tony, ohne ihm zu nahe treten zu wollen, denn von Anfang an war sie ihm gegenüber absolut und vollkommen grauenhaft gewesen und hatte alles dafür getan – ganz bewusst, so vermutete er – ihm um keinen Preis zu gefallen. Vicky jedoch hielt er für das schönste

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