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Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)

Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition)

Titel: Ein skandalöses Geheimnis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Callen
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die sich geschmeidig miteinander verwoben und den Knochen umgaben. Als Tochter eines Anatomieprofessors, für den sie regelmäßig Skizzen anfertigte, besaß sie einen geschulten Blick für die Funktionalität des menschlichen Körpers.
    Aber mit Leo Wade war es etwas anderes. Susanna errötete. Sie ertappte sich häufig dabei, dass sie ihre Modelle auf diese Weise betrachtete, nur tat sie es bei ihm nicht bloß mit dem Blick der Künstlerin. Dabei reizte es sie durchaus, den Ausdruck dieser grünen Augen einzufangen, die vor Mutwillen und Lachen funkelten. Für ihn war die Welt ein Ort, an dem man sich amüsierte. Von intellektuellen Interessen hatte sie bei ihm nie gehört, und Schicklichkeit und Anstand bedeuteten ihm angeblich wenig.
    Ein Mann, so ganz anders als sie. Und der ihr trotzdem gefolgt war. Ein Jäger, der Witterung aufgenommen hatte, dachte sie. Und sie war die Beute. Überrascht stellte Susanna fest, dass dieser Gedanke weniger Furcht, sondern freudige Erregung in ihr auslöste.
    Mr Wade galt als absolut verrucht und war deshalb auch in der guten Gesellschaft nicht sonderlich gerne gesehen. Mehr als einmal hatte er Frauen von zwielichtigem Ruf bei Bällen eingeschleust und damit Gastgeber und Gäste düpiert. Er spielte und trank fast jeden Abend, lockte brave Töchter auf dunkle Terrassen und besuchte Vauxhall Gardens, einen nicht standesgemäßen Vergnügungspark. Zumindest musste man eine Maske tragen – Leo Wade hingegen zeigte offen sein Gesicht. Susanna wusste sehr wohl, welche Art Vergnügen man dort suchte.
    Andererseits fragte sie sich, welches Recht ausgerechnet sie hatte, sich über seine Charakterfehler zu mokieren. Immerhin war es keine sechs Tage her, dass sie ein Gemälde aus einem Herrenclub zu stehlen versuchte – dazu in Jungenkleidung, um nicht erkannt zu werden. Das waren gleich drei Vergehen auf einen Schlag. Sie beruhigte ihr Gewissen damit, dass es sich um eine Verzweiflungstat handelte. Sie, ihre Schwester und ihre Cousine hatten keinen anderen Ausweg gewusst. Außerdem wäre ja vielleicht alles gut gegangen, hätten sie sich nicht von Mr Wade, Lord Parkhurst und Peter Derby erwischen lassen. Im Gegensatz zu den anderen beiden kannte sie Peter Derby als Freund ihres Bruders, und er war weiß Gott der Letzte, dem sie an diesem schrecklichen Abend hatte begegnen wollen.
    Die drei Männer waren betrunken gewesen. Vermutlich der Grund für die skandalöse Wette, die sie schließlich abschlossen. Und den jungen Frauen war keine andere Wahl geblieben, als einzuwilligen. Andernfalls … Susanna mochte gar nicht daran denken, was dann vielleicht passiert wäre.
    Seitdem hatten sie befürchten müssen, dass man sie verfolgen würde, falls sie London verließen. Aber wie sollte sie auf die Idee kommen, dass Leo Wade mit so viel Unverfrorenheit vorging und sich im Haus eines Marquess selbst einlud. Ein Fauxpas ohnegleichen, doch gleichzeitig gefiel ihr das. Schließlich setzte sie selbst sich ebenfalls gerne über gesellschaftliche Gepflogenheiten hinweg.
    Außerdem war Leo Wade kein Außenseiter. Er entstammte einer alten Familie mit erblichem Viscount-Titel und Sitz im House of Lords, doch war beides an den älteren Bruder gefallen. Trotzdem gehörte der jüngere Sohn dazu, auch wenn man seine Eskapaden nicht gerade mit Wohlwollen verfolgte. Susanna fragte sich, was er noch alles anstellen musste, bis er sich endgültig alle Sympathien verscherzte.
    Er gewann so häufig beim Kartenspiel, dass es schon mehrfach Gerede gegeben hatte, er würde betrügen. Was er stets liebenswürdig bestritt und ihm überdies niemand nachweisen konnte. Und die Frauen? Nun ja, da genoss er einen ziemlich wüsten Ruf. Wobei Mätressen und eine Vorliebe für Frauen mit lockerer Moral bei den Herren der Gesellschaft keine Ausnahme darstellten. Nur dass Leo Wade offen dazu stand und sich nicht heuchlerisch über so etwas mokierte, während andere, die es genauso trieben wie er, ihn gesellschaftlich schnitten. Er aber gab nichts darauf und suchte sich seine Freunde in anderen Kreisen, bei den aufstrebenden Unternehmern aus dem Bürgertum etwa.
    Susanna rief sich zur Ordnung. Sie musste endlich aufhören, an diesen Mann zu denken. Es gab andere, ebenso gut aussehende Gentlemen, die man bewundern konnte. Außerdem war sie der Einladung der Bramfields vor allem gefolgt, um ihm aus dem Weg zu gehen. Und weil sie ihrem Bruder versprochen hatte, den anwesenden unverheirateten Herren vielleicht doch noch eine Chance

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