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Ein Sommer mit Danica

Ein Sommer mit Danica

Titel: Ein Sommer mit Danica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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»Wieso haben Sie mich gefunden?«
    »Auf Ihrem heißen Motor verdunstete das Wasser. Ich sah den Wasserdampf und bremste.«
    »Sie haben oben einen Wagen stehen?«
    »Einen uralten Fiat.«
    »Das muß ich meinem Pfarrer erzählen.« Er straffte sich, kontrollierte die Muskeln, indem er sie anspannte, irgendwo, an vielen Stellen des Körpers, quollen Schmerzen auf, aber gebrochen war nichts, – es mußte also gehen, sich zurückzuschnellen in die Sicherheit. »Die Engel der Neuzeit kommen in einem alten Fiat. Also los denn … aber wenn Sie merken, daß Sie mich nicht halten können, lassen Sie mich fallen! Es ist kein Verlust …«
    »Sie reden zuviel.«
    Das Gesicht verschwand. Er spürte ihren festen Griff unter seinen Achseln, holte tief Luft, spannte die Beinmuskeln, fühlte den Widerstand der Baumäste und schnellte sich dann zurück. Gleichzeitig zog er die Beine an, und beides, sein Abstoßen und der Ruck ihrer Arme, waren so stark, daß sie übereinander kugelten, gegen die Bergwand prallten und dort umschlungen liegenblieben. Sie lag unter ihm, die Arme um ihn geklammert, mit geschlossenen Augen, und die nassen Haare hatten mit einer breiten Strähne ihren Mund verklebt.
    »Wir leben –«, sagte er langsam. »Engelchen, wir leben …«
    Er ließ sie los, setzte sich und blickte zurück. Ein Schauer überlief ihn. Unter ihnen lag, schon vom Abend verdunkelt, die senkrechte Tiefe, hing das Auto in den Krüppelzedern, und der Felsvorsprung, auf dem sie jetzt saßen, war eigentlich nur eine lächerliche Laune der Natur … ein Daumen, der aus einer Wand ragte. Über ihnen, vielleicht sieben Meter höher, war der Straßenrand.
    »Das ist ja Wahnsinn!« sagte er. »Da bist du 'runtergestiegen?«
    Er sagte jetzt du, und das war selbstverständlich. Engel redet man nicht mit ›Sie‹ an.
    »Ich konnte dich doch nicht liegen lassen«, sagte sie. »Hast du Schmerzen?«
    »Überhaupt nicht, Engelchen«, log er.
    »Ich heiße Danica. Danica Robic.«
    »Danica. Wie kann ein Engel anders heißen?« Er schob sich neben sie. Ihr Kleid war voller Lehm und Erddreck, Grasflecken und Zedernnadeln, klebte durch und durch naß an ihrem Körper, und er sah, daß es ein sehr schöner Körper war, schlank und doch kräftig, jugendlich und doch mit vollen runden Brüsten. »Ich bin Alexander Corell«, sagte er. »Korrekt: Dr. Corell.«
    »Doktor? Ein Arzt?«
    Er mußte lächeln. Die Magie der Medizin … wenn man Doktor sagt, denkt jeder sofort an einen Arzt. Erst dann findet man sich damit ab, daß es noch andere akademische Berufe gibt.
    »Ja«, sagte er. »Ein Arzt der Diebe, Huren und Zuhälter. Aber das ist eine lange Geschichte, Danica. Ich glaube nicht, daß ich Zeit haben werde, sie dir zu erzählen.« Er wandte sich wieder ab, starrte in die Tiefe und dachte, daß es eigentlich für einen, der sterben will, Blödsinn ist, wenn er sich retten läßt und auch noch froh darüber ist. Dann fiel ihm ein, daß er in der höchsten Angst vor dem Sterben, bei dem Gedanken, in seinem Wagen zu verbrennen, geschrien hatte, und dabei war es nur das heiße Kühlerwasser gewesen, das über ihn gespritzt war.
    Das ist beschämend, dachte er. Ich habe immer geglaubt, mit dem Leben fertig zu sein. Und plötzlich habe ich Angst. Beschämend!
    »Kannst du dich bewegen?« fragte Danica. Sie schob sich an der Bergwand hoch und starrte nach oben. Sieben Meter bis zur Straße. Einen Felsen hochklettern war für sie kein Problem, sie war mit den Felsen aufgewachsen. »Kannst du klettern?«
    »Ich bin Mitglied des Alpenvereins –«, sagte Corell und hörte in sich das Hohngelächter des Schicksals. »Geh voraus!«
    »Nein, ich warte.«
    »Danica –«
    »Sascha … du gehst zuerst!«
    Er nickte ergeben. Ihre Stimme hatte soviel Kraft und doch einen solchen Hauch von Zärtlichkeit, daß es unmöglich war, zu widersprechen. Er richtete sich gleichfalls vorsichtig auf, trat neben sie und legte die Hände an den Felsen. Irgendwo an oder in seinem Körper begann jetzt ein Brennen, aber er weigerte sich, daran zu denken und Wunden zu erkennen. Sieben Meter, dachte er nur. Diese sieben Meter schaffe ich! Was dann oben auf der Straße geschieht, ist ein anderes Kapitel. Hinauf, du Schwächling! Du mußt jetzt weiterleben, um später anständig zu sterben!
    Ohne ein weiteres Wort begann er den Aufstieg. Der Felsen war rissig, er bot gute Stützen für Finger und Füße, es war wie eine senkrechte, verwitterte Treppe, die er hinauf mußte. Er keuchte und

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