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Ein Spiel um Macht und Liebe

Ein Spiel um Macht und Liebe

Titel: Ein Spiel um Macht und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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bildete einen starken Kontrast zu Nicholas’ lebhafter
    Begeisterungsfähigkeit. Lucien benahm sich Clare gegenüber sehr höflich, obwohl er einen Beschützerinstinkt zu entwickeln schien, als wäre er ihr großer Bruder. Sie war zwar ein wenig eingeschüchtert von seiner Reserviertheit, mochte ihn aber sehr.
    Um ihrer seelischen Unversehrtheit willen versuchte sie, die täglichen Küsse so leicht und locker über sich ergehen zu lassen, wie es ihr möglich war. Nicholas schien sie zu nichts drängen zu wollen, obwohl seine wandernden Hände immer mehr Territorium absteckten, und sie mußte feststellen, daß sie ihn nur ungern zur Ordnung rief.
    Im großen und ganzen war es eine idyllische Zeit, auch wenn Clare vermutete, daß es sich um die Ruhe vor dem Sturm handelte. Welcher Art dieser Sturm sein würde, konnte sie allerdings nicht sagen. So untersagte sie sich von vornherein, sich unnötige Sorgen darüber zu machen. Die Zeit verstrich unaufhaltsam, und das Beste, was sie tun konnte, war, jedes bißchen Spaß, das sie aus den Stunden mit Nicholas ziehen konnte, zu genießen.
    Clare beugte sich über den Billardtisch, visierte die Kugel an und stieß zu. Sobald das Queue den Spielball traf, wußte sie, daß sie nicht ganz mittig gestoßen hatte, aber wenigstens war die Spitze nicht abgeglitten. Nun rollte der Ball voran und stieß die Zielkugel in die Tasche. »Halleluja!«
    sagte sie entzückt.
    Der Londoner Haushalt benötigte kaum Aufsicht.
    Da Clare kein Talent zum Müßiggang hatte, teilte sie ihre freie Zeit zwischen Bibliothek und Billardzimmer ein, denn sie wollte Nicholas ernsthaft Konkurrenz machen. Sie hatte nur langsam Fortschritte gemacht, bis sie eine Straße weiter einen Schuster fand, der ihr eine lederne Spitze zurechtschnitt und sie auf das Queue klebte. Heute benutzte sie den veränderten Stock zum ersten Mal, und das Ergebnis war bemerkenswert.
    Sie versuchte es erneut, dann ein drittes Mal, und lochte jeden Ball sauber ein. Zufrieden betrachtete sie die Queuespitze. Das Leder dämpfte jeden Stoß, reduzierte die Anzahl der Fehlstöße und verlieh ihr eine viel größere Zielgenauigkeit. Lächelnd machte sie sich wieder an ihr Training. Das nächste Mal, wenn sie und Nicholas spielten, würde er sein blaues Wunder erleben.
    »Nur noch einen Augenblick, Miss.« Polly, die Zofe, steckte die letzte Haarnadel in ihre Frisur.
    »So. Perfekt.«
    Beeindruckt musterte Clare ihr Spiegelbild. Dem Mädchen war es gelungen, ihr Haar in weiche Locken zu legen, die nicht zuckersüß, sondern sehr elegant aussahen. »Sie haben großartige Arbeit geleistet. Ich hatte schon Angst, daß Sie mit meinem Haar etwas furchtbar Kompliziertes anstellen, so daß ich mich fühlen würde, als hätte ich Vogelnester auf dem Kopf.«
    »Es ist ja noch gar nicht so lange her, daß Frauen tatsächlich Vogelnester auf dem Kopf trugen, von den Miniaturschiffen und Vasen mit frischen Blumen mal ganz zu schweigen«, sagte Polly.
    »Meine Großmutter war die Zofe einer Lady, und sie hat mir viele Geschichten über diese Modelaunen erzählt.« Sie schob eine Welle in die richtige Position. »Aber Sie haben herrliches Haar, so dick und glänzend. Eine einfache Frisur unterstreicht es am besten.«
    »Und jetzt das Kleid.«
    Clare stand auf und streckte die Arme in die Luft, während Polly das blaue Seidenkleid über ihren Kopf fallen ließ. Es war an diesem Nachmittag geliefert worden – gerade noch rechtzeitig für den Ball des Duke of Candover –, und Clare würde es nun zum ersten Mal tragen.
    Während Polly an ihrem Rücken Häkchen schloß und Bänder zuband, strich Clare über den Stoff und genoß das Gefühl des fließenden, luxuriösen Materials. Wahrscheinlich war das Ereignis heute abend die einzige Gelegenheit, zu der sie es tragen konnte, denn sie hatte starke Zweifel, daß die Zukunft noch viele Bälle für sie bereithielt.
    Als Polly fertig war, drehte sich Clare um und betrachtete sich im Spiegel. Sie hatte nie zuvor ein Gesellschaftskleid besessen und starrte wie vom Donner gerührt auf ihr Abbild in dem mannshohen Spiegel. Sie sah aus wie eine Fremde – eine verführerische, raffinierte und weltgewandte Fremde.
    Polly bemerkte ihren Gesichtausdruck. »Sie sehen umwerfend aus, Miss«, sagte sie ermutigend.
    »Ich erkenne mich nicht einmal.« Das schimmernde, irisierende Blau der Seide ließ ihren Teint zartrosa strahlen und ihre Augen wie gewaltige Saphire leuchten. Sie drehte sich ein wenig hin und her, um zu

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