Ein Stern fiel vom Himmel
fünfte Fahrt etwa war bei der Knappheit der Zeit vollkommen ausgeschlossen. Das wußte auch Bolton sehr gut, und in seiner Goldgier ließ er sich zu einem Schritt hinreißen, der schwerwiegende Folgen nach sich ziehen sollte.
Um zwei Uhr morgens nach mitteleuropäischer Zeit fing der neue Funker, der jetzt an Lorenzens Stelle in der Willeschen Station seines Amtes waltete, einen Hilferuf der Andrewschen Expedition auf.
»Also doch!« war alles, was Dr. Schmidt über die Lippen brachte, als man ihm das Telegramm vorlegte. Die Amerikaner hatten in ihrer Sucht, möglichst viel von dem Erz mitzunehmen, den Wagen überladen, und der war unter der übermäßigen Belastung zusammengebrochen.
Während Dr. Schmidt diesen ersten Notruf noch studierte, kam der Funker bereits mit einem zweiten Telegramm, demzufolge die Lage noch ernster schien. Das Fahrzeug Andrews war im Begriff, einen ziemlich steilen Abhang hinaufzufahren, als in dem letzten Teil des Getriebes, der die Motorkraft auf die in der Raupenkette laufenden Räder übertrug, ein Bruch eintrat. Infolge der übertriebenen Belastung begann der Wagen, jetzt nicht mehr vom Motor gehalten, rückwärts zu Tal zu rollen. Alle Versuche, des Wagenführers, zu bremsen waren vergeblich. Schnell und immer schneller ging die Fahrt rückwärts, während das angebrochene Getriebe restlos zermalmt und zerstört wurde. Bei der Schnelligkeit, mit der sich alles abspielte, verlor der Fahrer in der Dunkelheit die letzte Gewalt über den mächtigen Tankwagen. Steuerlos raste das Fahrzeug einen Steilhang hinab und prallte schließlich in eine Eiskluft.
Im stillen bewunderte Dr. Schmidt die eiserne Ruhe Captain Andrews, der in solcher Lage noch eine genaue Ortsbestimmung gemacht hatte und in dem zweiten Funkspruch die Stelle des Unfalls auf Bogenminuten genau angab. Der Doktor zeichnete den Punkt auf derselben Karte ein, auf der er bereits die früheren Fahrten der Andrewschen Expedition markiert hatte, und maß die Entfernung bis zu ihrer Station ab. Es waren etwas mehr als siebenhundert Kilometer. Auch bei forcierter Fahrt würden die Raupenwagen viele Stunden brauchen, um dorthin zu gelangen.
Er überlegte noch, als der Funker wiederkam und um weitere Instruktionen bat.
»Fragen Sie erst bei Captain Andrew an, ob der Motor noch läuft und ob sie noch Licht und Wärme in ihrem Wagen haben. Wenn ja, kommen Sie mit der Antwort zu mir, wenn nein, nehmen Sie sofort Verbindung mit der Kraterstation auf und fragen Sie, ob ein Stratosphärenschiff abkömmlich ist.«
»Sehr wohl, Herr Ministerialrat«, sagte der Funker und verschwand wieder.
Seitdem der lange Doktor während Willes Urlaub das antarktische Institut zu leiten hatte, war er noch um ein beträchtliches Stück ministerialrätlicher geworden; in allen seinen Entscheidungen und Anweisungen kam das zum Ausdruck. Auch jetzt war seine Anordnung bei aller Knappheit zweifellos sachlich richtig.
Nur eins hatte er dabei übersehen und konnte es auch beim besten Willen nicht wissen. Den Umstand nämlich, daß ›St 11 h‹ mit Hein Eggerth und Berkoff als Piloten an Bord nach Ablieferung einer Ladung Treibstoff vor kurzem die Kraterstation verlassen hatte.
»Wollen doch mal hören, was der biedere Schmidt in seinem Bau treibt, vielleicht erwischen wir ein Lebenszeichen von ihm«, meinte Berkoff und stellte den Empfänger des Stratosphärenschiffes auf die Welle der Willeschen Station ein. Von Dr. Schmidt vernahm er zunächst nichts, aber er kam gerade noch zurecht, um den zweiten Notruf der Andrewschen Expedition aufzufangen, der auf dieser Wellenlänge von Andrews Funker gegeben wurde. Eilig notierte er die Ortsbestimmung.
»Was gibt’s?« fragte Eggerth.
»Schöne Geschichte, Hein. Captain Andrew hat einen ›Breakdown‹. Sein Wagen steckt in einer Eiskluft. Er bittet Schmidt um schnelle Hilfe.«
Noch während er sprach, hatte Hein Eggerth ihm das Blatt aus der Hand genommen und verglich die Ortsbestimmung mit der Karte neben der automatischen Steuervorrichtung des Stratosphärenschiffes, die den jeweiligen Standort des Schiffes selbsttätig anzeigte. Berkoff hörte und schrieb inzwischen weiter, schüttelte den Kopf und brummte vor sich hin.
»Schlechte Aussicht für Captain Andrew. Im Augenblick ist kein anderes Schiff am Krater. Schmidts Wagen können vor morgen früh nicht an der Unfallstelle sein.«
»Aber wir, Georg! Wenn wir unseren Motoren etwas Kattun geben, können wir in einer guten Stunde da sein.«
Noch
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