Ein Stern fliegt vorbei
Zentrifugalbeschleunigung erhalten hatten, daß sie den Planeten sofort verlassen konnten. Immer noch aber brachen größere und kleinere Stücke und ganze Schwärme von Brocken aus dem undurchdringlichen Nebel heraus.
Und dann wurde sichtbar, daß zwei Planetoiden sich völlig aufgelöst hatten.
Auch ihre größten Bruchstücke waren klein genug, daß man sie später gleichzeitig mit den großen Bruchstücken des Feldes mittels gewöhnlicher thermonuklearer Sprengsätze würde zerstören können.
Nun rückte auch die Sekunde heran, in der Zeitzünder die Sprengsätze in der Tiefe der beiden anderen Planetoiden zur Detonation bringen würden.
Dann zeigten die Bildschirme den Ausbruch der Explosionen. Einer der beiden Planetoiden zersprang. Seine großen Bruchstücke bewegten sich träge kreisend auseinander.
Ein Planetoid aber, der letzte, bot keine derartigen Anzeichen. Alle warteten gespannt, aber der Staubmantel, der jede Sicht unmöglich machte, löste sich nur langsam auf.
Bis es dann endlich sichtbar wurde: Der Planetoid war im wesentlichen unversehrt. Die nuklearen Sprengsätze hatten nichts bewirkt. Nur seine äußere Hülle war unter der Einwirkung der Fliehkraft davongeflogen.
Viel haben die Maschinen dem Menschen im Laufe seiner geschichtlichen Entwicklung abgenommen – erst die körperliche Arbeit, dann immer weiterreichende Gebiete der geistigen Arbeit. Und so wie die Erkenntnis der Wirklichkeit, die immer mehr zur eigentlichen Aufgabe wird, nie ein Ende haben wird, wird auch die Ausdehnung der Maschinerie nie ein Ende haben. Trotzdem gibt es mancherlei Dinge, die die Maschine dem Menschen nie abnehmen wird, und eins davon ist ganz gewiß die Entscheidung. Die wichtigsten Fragen wird immer der Mensch, oder richtiger: die Gesellschaft entscheiden müssen, auch wenn sie die Maschinerie benutzt, um sich darauf vorzubereiten.
Mehr noch. Immer wieder werden Menschen Entscheidungen fällen müssen, bei denen Unbekanntes im Spiel ist, bei denen sie nicht alle Folgen von vornherein genügend überblicken können. Sie können vielleicht die Wahrscheinlichkeit dieser oder jener Folgeerscheinungen abschätzen, sie können Vorkehrungen gegen mögliche schlimme Folgen treffen – immer aber kann es geschehen, daß aus zu großer Vorsicht Notwendiges unterlassen wird oder aber aus zu großer Kühnheit etwas nicht Notwendiges, Folgenschweres geschieht. Und immer auch wird es einen Punkt geben, an dem die Menschen die Entscheidung nicht verschieben, nicht zusätzlichen Rat einholen, nicht weitere Versuche unternehmen können, sondern entscheiden müssen.
In dieser Situation befand sich nun der Rat der Flotte.
Denn es war klar, daß dieser Planetoid nur noch mit der Gewalt der von Duncan Holiday und seinen Mitarbeitern entdeckten hyperthermonuklearen Kettenreaktion gesprengt werden konnte.
Ihn nicht sprengen, hieße den Erfolg aller ihrer Mühen in Frage stellen. Ihn sprengen, hieße die Flotte gefährden, das Leben vieler Tausend Menschen.
Und Duncan Holiday gab seine Einwilligung nicht.
Me I-ren bat ihn. Selbst Nadja bat ihn. Vergebens.
Der Rat der Flotte trat zusammen und diskutierte trotzdem die Möglichkeiten für den Einsatz der hyperthermonuklearen Kettenreaktion – zunächst unter schweigender Ablehnung Duncans.
Aber andere Möglichkeiten, die Aufgabe in der noch verfügbaren Frist zu lösen, gab es nicht mehr. Und so wandte man sich, da über das ganze keine Einstimmigkeit zu erzielen war, zunächst Einzelfragen zu.
In welchem Abstand war volle Sicherheit? Duncan konnte nicht gut die Antwort auf solche Detailfragen verweigern. Sicherheit war in drei bis vier AE Abstand.
Konnte man von da aus die Sprengung leiten? Nein. Dieser Abstand bedeutete mindestens 50 Minuten Laufzeit hin und zurück für Funksignale. Man mußte aber eine unbemannte Rakete mit der Ladung durch den noch ziemlich dichten Ring von Bruchstücken bugsieren, der den Planetoiden umgab. Man mußte sie in einen der Krater plazieren, die durch die fruchtlose Explosion der thermonuklearen Sprengsätze entstanden waren. Man mußte, mit einem Wort, diesen Prozeß aus der Nähe leiten.
Alle schwiegen, dachten nach, wägten ab. War die Situation wirklich so zugespitzt? Gab es keinen anderen Ausweg, als menschliches Leben in die Waagschale zu werfen?
Nadja spürte, daß Duncan einer Entscheidung nahe war. Sie zögerte einen Augenblick, dann sagte sie: „Es liegt an dir, Duncan.“
Der ließ sich Zeit mit der Antwort. Dann sagte
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