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Ein Stern fliegt vorbei

Ein Stern fliegt vorbei

Titel: Ein Stern fliegt vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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genug. Welche verdienen es, genannt zu werden? Und welche verdienen es, nicht genannt zu werden? Erfindungsgabe, Tatkraft, Mut und zielstrebige Hartnäckigkeit aller Kosmonauten waren täglich aufgerufen und bewährten sich täglich. Nur so ist es zu erklären, daß es diesem kleinen, aber eben hochorganisierten Teil der menschlichen Gesellschaft ohne größere Opfer gelang, der widerspenstigen Materie in jahrelanger Arbeit ihren Willen aufzuzwingen.
    Aber doch nicht so ganz und restlos. Zwar gelang es, den fünften Planeten auf eine hyperbolische Bahn zu drängen, auf der er sich immer weiter vom Feld entfernte. Zwar gelang es, die Kette der Horizontaltriebwerke auf den Planeten I bis IV, die die Rotation beschleunigen sollten, anzubringen und in den tieferen Schichten zu verankern, und auch die Kernsprengsätze lagen nun, Anfang 95, in der Tiefe der beiden Planeten bereit, bei denen die Rotation nicht genügen würde. Ja, es gelang sogar Duncan Holiday, Me I-ren und ihren Mitarbeitern, eine hyperthermonukleare Kettenreaktion zu erzeugen.
    Aber Duncan Holiday, der in allen wissenschaftlichen Dingen ernste, genaue und keineswegs willensschwache Forscher, widersetzte sich energisch der Anwendung dieser Reaktion, weil, wie er vor dem Rat ausführte, seine Einsichten noch nicht weit genug gediehen seien, um die Möglichkeit eines Übergreifens der Kettenreaktion auf die Materie der Planetoiden ganz auszuschließen. Fände aber ein solches Übergreifen statt, so wären die Folgen völlig unkontrollierbar. Einerseits könne die Flotte auch in größerer Entfernung gefährdet werden, andererseits könne, wenn die Explosion nicht auf allen Planetoiden gleichzeitig stattfinde, der Strahlungsausbruch auf nur einem von ihnen die Sprengung auf den anderen verhindern, wodurch die gesamte Aufgabe unerfüllt bliebe.
    Er führte noch mehr Möglichkeiten negativer Folgen an, die aber hier nicht genannt zu werden brauchen, da ja heute ihre Gegenstandslosigkeit bekannt ist.
    Vom Standpunkt unserer heutigen Kenntnisse mögen diese Einwände naiv erscheinen. Aber man muß doch wohl zwei Dinge berücksichtigen: erstens, daß wir in einem Jahrhundert leben, dessen wissenschaftlicher und technischer Standard nicht nur aus irdischen Quellen stammt, und zweitens, welche Überwindung es Duncan Holiday gekostet haben mag, zum zweitenmal sein Lebenswerk zurückzustellen auf Grund von Einwänden möglicher Gefährlichkeit, die er diesmal noch dazu selbst erarbeitete!
    Man wird es dem Erzähler nicht verübeln, wenn er an einem einzigen Punkt dieses Berichts sich nicht enthalten kann, seine subjektive Meinung zu äußern. Alle Gefährten, mit denen ich die Arbeit am Feld teilen durfte, sind mir gleich wert und teuer, einen nur schätze ich persönlich höher als die anderen: diesen Mann, dessen Weg zur persönlichen Erfüllung durch soviel Überwindungen führte!
    Denn die Erfüllung konnte für Duncan Holiday natürlich nicht in der Entdeckung an sich bestehen, sondern nur in der Anwendung dieser Entdeckung. Zunächst aber wurde erst einmal nach dem vorliegenden Plan weitergearbeitet, und so kam endlich auch der Zeitpunkt heran, an dem sich die gesamte Flotte etwa 10 000 km nördlich über dem Feld versammelte. Da die Bruchstücke, der Zentrifugalkraft folgend, sich in der Ebene des Feldes ausbreiten würden, bestand hier keine Gefahr mehr, daß ein Raumschiff oder einer der hierher transportierten Wohnringe getroffen werden konnten. Selbst wenn sich ein Bruchstück hierher verirren würde, müßte seine Geschwindigkeit – seine relative Geschwindigkeit zur Bahn der Flotte, die sich ja parallel zum Feld auf unser Sonnensystem zubewegte und nur in bezug auf das Feld scheinbar still lag – so klein sein, daß man ihm ausweichen konnte.
    Wochen angespannter Beobachtung folgten. Auf den kombinierten vergrößerten Radar-Infrarot-Bildern war zu sehen, wie die Triebwerke arbeiteten. Alle standen unter höchster Nervenanspannung. Nur die Autorität der langjährigen Kommandeure konnte die Kosmonauten dazu zwingen, daß sie den notwendigen Lebensrhythmus einhielten und ausreichend schliefen. Endlich trieb ein Signal die Besatzungen an die Bildschirme: Die ersten wegfliegenden Massen waren beobachtet worden.
    Die Stunden, die nun folgten, lassen sich nicht beschreiben. Bald waren die vier Planetoiden von einem großen Mantel aus Staub und Gesteinsbrocken umgeben, die, wahrscheinlich aus den höheren Breiten stammend, nicht so viel

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