Ein Stern fliegt vorbei
wundern, wenn das Ding da eben Kuckuck gerufen hätte“, warf Ljuba hin.
„Kommt, wir fahren zurück“, sagte Yvonne, „bevor Ljuba noch mehr dumme Witze macht.“ Sie sah aber, im Gegensatz zu ihren Worten, sehr glücklich aus.
„Wollen wir uns nicht noch das Leitgerät ansehen?“ fragte Ljuba.
„Dazu würde ich nicht raten“, entgegnete Yvonne. „Ich vermute, spätestens seit dem letzten Meteoritenbefall stehen da zwei Wächter vor der Höhle, die kein Steinchen hineinlassen, geschweige denn uns.“
„Also ganz ehrlich“, sagte Ljuba nach längerem Schweigen, „wenn die Maschinerie sich so selbständig macht – ich weiß nicht…“
Miguel sah sie an, erst ein bißchen traurig, aber dann wurde sein Gesicht heiter, sogar übermütig. „Endlich mal was, was meine liebe Frau nicht auf Anhieb begreift“, sagte er.
„Wollen Euer Weisheit dem nicht abhelfen, indem Sie mir eine Vorlesung über selbigen Gegenstand halten?“ fragte Ljuba, ihre Verlegenheit hinter salbungsvollem Gerede verbergend.
„Ein großes Ereignis“, sagte Yvonne begeistert. „Das Leitgerät hat weit mehr geleistet, als ich mir habe träumen lassen. Aber das wichtigste ist, daß es einige der Universalgeräte selbst wieder in Leitgeräte umfunktioniert hat.“
„Wie kannst du das mit solcher Gewißheit behaupten?“ fragte Miguel. „Wir haben doch die Autoprotokolle noch gar nicht zur Verfügung.“
„Nachdenken“, sagte Yvonne vergnügt. „Wozu ist die eine Maschine aus dem Schacht geklettert? Wer erteilt den im Schacht arbeitenden Geräten den Auftrag zu diesem oder jenem Arbeitsgang? Das Leitgerät? Seine Funkwellen erreichen die unten im Schacht gar nicht. Also informiert das eine, das von Zeit zu Zeit herausklettert, das Leitgerät über die durchgeführten Arbeiten und deren Ergebnisse und bekommt das Programm des nächsten Arbeitsabschnittes für alle übermittelt, klettert wieder hinunter und setzt es um in Befehle für die verschiedenen Arbeitsgänge. Ich bin schon gespannt darauf, diese Organisation genau zu studieren.“
Die Gemba-Hernandezschen Maschinensysteme trugen wesentlich dazu bei, die Arbeit zu beschleunigen. Die freigesetzten kosmischen Bergarbeiter, Reaktorbauer, Monteure usw. wurden auf dem Planetoiden V eingesetzt, und so gelang es trotz mancher Schwierigkeiten, die noch überwunden werden mußten, den Kranz von Triebwerken rechtzeitig fertigzustellen, der den fünften Planetoiden aus seiner Bahn drängen sollte. Jedes einzelne dieser Triebwerke stand auf einem ein Kubikkilometer großen Block künstlich verfestigten Gesteins, der die Schubwirkung auf die tieferen, festeren Schichten des Planeten übertragen sollte.
Zur ersten Zündung war Nadja mit dem Leitschiff des Aufbaugeschwaders 1 in die Nähe des Planetoiden gekommen. Der feierliche Akt der ersten Zündung wurde für die ganze Flotte übertragen und auch zur Erde gefunkt.
Heute lernt jedes Kind in der Schule die historischen Bilder kennen, die damals in einem kombinierten Infrarot-Radar-Verfahren aufgenommen wurden: Eine Feuerfackel erhebt sich über dem Rand des Planetoiden, steht minutenlang scheinbar unbeweglich vor dem schwarzen Hintergrund des Alls und erlischt. Etwas später, wenn sich das nächste Triebwerk in die Bahnrichtung hineingedreht hat, das gleiche Bild.
Aber die Kinder, die heute lernen, daß sich die Menschheit mit dieser Tat als aktives Glied in die große kosmische Familie einreihte, können nicht ergriffener sein, als wir es damals waren, die wir jene Stunde erlebten, ohne ihre historische Bedeutung voll erfassen zu können. Denn wenn auch die Schwierigkeiten, die zu bewältigen waren, die Gefahr, die von der Erde abzuwenden war, die Funde auf diesem Planetoiden etwas an den Rand des Interesses gerückt hatten, so ahnte doch jeder, daß die Rettung dieses Planetoiden, der heute längst erforscht und wieder in den Tiefen des Alls verschwunden ist, aus geschichtlicher Sicht vielleicht bedeutender sein würde als alles, was am Feld zu tun blieb.
Ich wenigstens habe keinen gekannt, der das damals nicht mehr oder weniger deutlich gefühlt hätte.
Dann aber begann wieder der Arbeitsalltag. Anderthalb Jahre lang mußte der Kranz der Triebwerke auf den Planetoiden einwirken. Inzwischen aber mußte die Flotte ihre Kräfte konzentrieren auf die Fertigstellung der Rotationstriebwerke und der Nuklearsprengschächte auf den anderen Planetoiden.
Schwierigkeiten, große und kleine, technische und menschliche, gab es
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