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Ein Stern fliegt vorbei

Ein Stern fliegt vorbei

Titel: Ein Stern fliegt vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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vereitelte er – nicht absichtlich, nicht zurückweisend oder grob, sondern einfach durch den Umstand, daß er entweder irgendwo im Raumschiff unterwegs oder aber leer und müde und unansprechbar war.
    Und es gab da vieles, was zu besprechen gewesen wäre. So war sich Sabine völlig darüber klargeworden, daß die Aufgabe nicht einfach darin bestehen konnte, die Krankheit einzudämmen, bis sie die Erde erreichten. Es stand ja zu erwarten, daß sie dort erlöschen würde – und die nächste Expedition würde der gleichen Gefahr ebenso wehrlos gegenüberstehen. Nein, es mußten nicht nur die Kranken geheilt, es mußten auch die Ursachen gefunden werden und damit Wege und Möglichkeiten der Vorbeugung. Die Setzten Tage hatten Material geliefert, das durchdacht werden wollte; die Umquartierung hatte dazu geführt, daß sich der Zugang an Kranken erhöhte. Das konnte – konnte! – darauf zurückzuführen sein, daß mehr Krankheitsfälle dadurch in früherem Stadium entdeckt wurden, was ja der unmittelbar praktische Zweck der Zusammenlegung mehrerer in einem Zimmer gewesen war. Auf der WEGA nämlich, die diese Zusammenlegung eher durchgeführt hatte, waren die Neuerkrankungen beträchtlich gesunken. Entweder behinderte also diese Maßnahme die Entwicklung der Krankheit, oder die Krankheit hatte sich überhaupt erschöpft, das heißt, alle übrigen waren nicht anfällig für diese Erkrankung, und dann erhob sich die Frage: Wer ist warum anfällig und wer warum nicht? Aus jeder Frage entstanden zwei neue. Sabine mußte sich mit jemand austauschen, der nicht durch den täglichen Umgang mit den Kranken belastet war und in einem gewissen positiven Sinne naiv über diese Sache nachdenken konnte, und sie arrangierte eine Unterhaltung mit Lutz und – per Bildfunk – mit Kapitän Schtscherbin, der jene möglicherweise erfolgreiche Maßregel vorgeschlagen hatte.
    Die Besprechung fand einige Tage später statt, und inzwischen hatten sich die Erfahrungen der WEGA bestätigt. Auch auf den anderen Raumschiffen gab es keine Neuerkrankungen mehr.
    „Sollen wir uns damit zufriedengeben, daß die Krankheit erlischt? Sollen wir uns damit zufriedengeben, daß es eben Anfällige und Nichtanfällige, Schwache und Starke gibt?“ fragte Sabine.
    Wladimir Schtscherbin lächelte leicht. „Die Frage stellen heißt sie beantworten!“ warf er hin. Er wollte eigentlich gar nicht mehr sagen, aber da die anderen sich damit offenbar nicht zufriedengaben und ihn erwartungsvoll anblickten – oder vielmehr sein Bild auf dem Konferenzschirm –, fuhr er fort: „Ich meine, wenn wir nach Hause kommen, müssen wir sagen können, so und so, und das und das muß getan werden, damit bei der nächsten Expedition keiner krank wird; denn zu Hause wird die Krankheit verschwinden, das war bei den Fällen auf der STARTSTUFE II auch so, ich habe die Berichte gelesen. Vielleicht“ – er überlegte einen Augenblick – „faßt Sabine Hellrath einmal kurz zusammen, was sich vom medizinischen Standpunkt aus dazu sagen läßt?“
    „Ja, gern“, sagte Sabine, „nur, es ist leider nicht viel. Das Erscheinungsbild der Krankheit ist bei jedem anders, je nach Temperament und Charakter. Der gemeinsame Nenner ist lnaktivität, die sich über Gleichgültigkeit zu Lethargie steigert. Die Behandlung – falls man unsere Versuche überhaupt als Behandlung bezeichnen kann – bestand bisher darin, durch die verschiedensten Arten von Reizen die verschiedensten Aktivitäten zu wecken.“ Sie nahm unwillkürlich einen offiziellen Ton an. „Es ist nicht feststellbar, ob die Krankheit direkt das Leben des Patienten gefährdet, und zwar deshalb, weil wir nicht wissen, was auf unsere Behandlung zurückzuführen ist und was zum sozusagen normalen Verlauf der Krankheit gehört. Allerdings – in einigen Fällen, wo die Behandlung erst ziemlich spät einsetzte, trat länger anhaltende Schlafsucht auf. Aber das konnte ebenso individuell bedingt sein. Jetziger Stand: 35 Kranke, seit drei Tagen unverändert. Das ist alles.“
    „Was denken Sie über die Ursachen?“ fragte Kapitän Schtscherbin.
    Sabine hob die Schultern. „In der Konstitution der Kranken, in ihrem Temperament und Charakter gibt es keine hervorstechenden durchgängigen Gemeinsamkeiten, von denen man herleiten könnte, daß gerade sie und nicht andere betroffen wurden. Ich komme von dem Gedanken nicht los, daß die Ursachen in unseren Arbeitsbedingungen liegen müssen, oder vielleicht richtiger, weil allgemeiner,

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