Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Stueck meines Herzens

Ein Stueck meines Herzens

Titel: Ein Stueck meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
Vom Netzwerk:
vor den Mund und winkte mit der anderen Hand, um ihm zu signalisieren, daß er jetzt aufhören sollte zu paddeln und das Boot von allein auf die Kanister zutreiben lassen sollte.
    Er schaute zu, wie die Biberhütte vorbeizog, und fragte sich, ob da drinnen jetzt wohl irgendwelche Biber hockten, oder ob sie ihr Gebrüll und Geschrei gehört und sich ganz schnell verzogen hatten. Er ließ seinen Blick über die Rudimente der überschwemmten Böschung wandern und dachte, er könnte vielleicht einen großen Biber sehen, der hastig tiefer in den Wald hinein verschwand, aber er sah bloß einen dicken Spatz, der in einem Dschungel von abgestorbenen Teebeerensträuchern zwitscherte und herumspritzte und einen solchen Krawall mit den Flügeln machte, als sei er durch ein reines Mißgeschick in den Busch geraten und könnte es nun beim besten Willen nicht mehr begreifen, wie er da wieder herauskommen sollte.
    Mr. Lamb warf dem Spatz einen bekümmerten Blick zu, drehte sich auf seinem Sitz herum und zog die schwarze Schachtel zwischen seinen Beinen näher heran, hielt beide Leitungskabel in einer Hand und begann, bedächtig am Griff zu kurbeln. Das Boot begann, sich leicht seitwärts zu drehen und dahinzuschlängeln, und näherte sich den Kanistern mehr mit der Breitseite als mit der Bugspitze. Alle Schildkröten, die in einer Reihe auf dem umgestürzten Baumstamm lagen, drehten die Hälse, um herauszufinden, was da vor sich ging, obwohl keine von ihnen das Spektakel für so gravierend hielt, um ihren Platz zu verlassen. Eine wurde schließlich doch unruhig und wackelte zum anderen Ende des Baumstamms, aber Mr. Lamb bemerkte das nicht, und keine der Schildkröten schien jetzt schon hinabtauchen zu wollen. Er hielt sich hinten im Boot so ruhig, wie er nur konnte, die Sonne schien ihm auf den Schädel, und er legte das Paddel quer über seine Schenkel, und das Wasser troff vom Ruderblatt zurück in den Sumpf.
    Mr. Lamb drehte noch mehrere Male rigoros an der Kurbel, nahm dann je eines der beiden identischen Kabel in eine Hand und hielt sie an den Gummimänteln fest, die bis dreißig Zentimeter unterhalb der Kabelenden abgeschält waren.
    Als das Boot schließlich an den ersten der im Kreis treibenden Kanister heranglitt und in die Mitte zwischen sie abschwenkte, drehte sich Mr. Lamb um, warf ihm einen aufgeregten Blick zu und sagte mit einem lauten Bühnenflüstern, auf das hin die eine nervöse Schildkröte abtauchte: »Ich mach mal eben ein Ortsgespräch.« Der alte Mann kniff seine Augen zusammen, als könnte er kaum die Feuchtigkeit zurückhalten, und stieß prompt beide Kabelenden über die Bootswand und ins Wasser, wie ein alter Pikador, der einem regungslosen Stier die Lanze verabreicht.
    Aber es geschah überhaupt nichts.
    Sie schielten beide aufs Wasser, als rechneten sie damit, daß sich etwas Unvorhergesehenes ereignen würde, aber es rührte sich nichts. Er erwartete, daß der Strom, der die Plus- und Minuspole durchlief, sich durch das Boot kurzschließen und ihnen beiden einen ziemlichen Schlag versetzen würde. Aber statt dessen merkte er nichts, obwohl er, als er die Augen des alten Mannes sah, eine seltsame Erregung verspürte und seine Pobacken für den Fall zusammengekniffen hatte, daß der Kasten ein ganzes Stück mehr aufgeladen war, als er dachte.
    Mr. Lamb jedoch hatte ganz offensichtlich mit einer ganz erstaunlichen Wirkung gerechnet. Er starrte finster ins Wasser, während die beiden entladenen Kabel in seinen Händen baumelten, und suchte die Wasseroberfläche angestrengt ab, als erwarte er, daß sie plötzlich von betäubten Fischen überquelle.
    Aber im Wasser veränderte sich nichts. Die Schildkröte kam wieder langsam herausgeklettert, kroch mühevoll den Rücken des Baumstamms hinunter und fand ein passendes Plätzchen und begann, aufmerksam zu beobachten, was noch alles passierte.
    Der alte Mann drehte sich um und schaute ihn böse an, als sei er höchstpersönlich schuld an der Sabotage, stieß die Kabel dann wieder ins Wasser und wackelte mit ihnen hin und her, als hoffte er damit die Fische anzulocken, die im Umkreis der Heukiste dicht unter der Oberfläche schwammen, um sie aufzuspießen. »Scheiße«, sagte der alte Mann, gebrauchte wieder sein Bühnenflüstern und starrte auf die Kabelenden. »Ist wohl kein guter Tag zum Angeln.« Er drehte sich wieder um, warf ihm noch einen herausfordernden Blick zu und begann erneut an dem Kasten zu kurbeln, wobei er die beiden inaktiven Kabel

Weitere Kostenlose Bücher