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Ein Stueck meines Herzens

Ein Stueck meines Herzens

Titel: Ein Stueck meines Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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und den See mit Wasser aufgefüllt zurückließen. Er versuchte, sich zu erinnern, ob er einen Hinweis auf einen See auf der Luftbildkarte bemerkt hatte, konnte sich aber nur den Umriß der Insel ins Gedächtnis rufen, einen großen tränenförmigen Klecks, der vom Fluß eingeschlossen wurde, aber sonst nichts. Möglicherweise war das Bild aufgenommen worden, als der See ausgetrocknet und der Boden ganz vermoost gewesen war, obwohl es genauso möglich erschien, daß der alte Mann es durch Taktieren und gutes Zureden erreicht hatte, daß der See absichtlich von der Karte entfernt wurde, genauso wie er die gesamte Insel durch seine Bestrafungsmethode von der offiziellen Karte des Ingenieurscorps hatte streichen lassen.
    Ein paar Meter oberhalb der Biberhütte konnte er eine Anzahl von weißen Plastikkanistern erkennen, die gewöhnlich Frostschutzmittel enthielten und umgestülpt um einen weiteren Kanister im Wasser trieben, der anscheinend auf einem kleinen Pfahl aufgespießt war und fünfzig Zentimeter aus dem Wasser ragte. Die ganze Anordnung war fünfzehn Meter von dem sumpfigen Waldrand entfernt.
    »Dahin«, flüsterte der alte Mann und zeigte auf den aufgespießten Kanister und die vier anderen, die ihn umkreisten. »Rudern Sie mich zu diesem Dings da.«
    Mr. Lamb nahm den Kasten hoch und stellte ihn in die Vertiefung zwischen seine Füße und lächelte ihn über die Schulter an.
    »Was ist das?« fragte er und schwang das Paddel, bis er spüren konnte, wie es den Grund streifte.
    »Häh?« fragte der alte Mann, der ihn nicht richtig hören konnte, und wandte ihm das gute Ohr zu, um seine Stimme besser verstehen zu können.
    »Was ist das eigentlich?« fragte er.
    »Das ist Landruus Fischfutterautomat«, sagte der alte Mann und schnaubte, als ob die bloße Idee eines Fischfutterautomaten schon absolut lächerlich wäre.
    »Wozu ist das da?« fragte er, zupfte mit seinen Fingern etwas kalten Schlick vom Ruderblatt und wurde vom Gestank des Seegrundes überwältigt, der faulig war und dampfte und ihm auf den Magen schlug. Schnell schob er das Paddel zurück und badete seine Finger in den Strudeln.
    »Wissen Sie«, flüsterte Mr. Lamb, »Landruu ist so ’n richtiger Angler, wie man’s von jedem aufrechten Nigger erwarten kann. Und hinter sein kleines Haus hat er sich so was hingebaut, was wie ein Werkzeugkasten aussieht, mit ’nem Deckel an Scharnieren obendrauf. Aber es ist überhaupt kein Werkzeugkasten.« Er hielt inne und musterte die weißen Kanister, während sie auf ihn zuglitten, als meinte er, er hätte den Futterautomaten nun hinreichend erklärt.
    »Aber was zum Teufel ist es denn nun?« fragte er und zog einen weiteren abscheulichen Kloß von bläulichem, dampfendem, schmierigem Schlick hoch und schmetterte ihn mit aller Kraft zurück ins Wasser.
    »Was?« fragte der alte Mann, runzelte die Stirn und hatte das Gespräch schon vollkommen vergessen und war wieder ganz davon gefesselt, wie sie verstohlen auf die Kanister zusteuerten.
    »Der Kasten«, sagte er und hob seine Stimme. »Der Kasten mit den Scharnieren an Landrieus Haus.«
    »Ach, das Ding«, sagte der alte Mann, als wäre es ein stehender Witz.
    »Das ist seine Würmerzucht und seine Grillenzucht und seine Kakerlakenzucht und seine Wasimmerduwillst-Zucht.« Er schnaubte. »Das ist einer der Gründe, warum Landruu Johnny Carter nie besonders mochte, wegen der Sache und all des Radaus, den Johnny da drüben in Stovall bei ihren Baseballspielen gemacht hat. Johnny hat sich immer Landruus Grillen geholt und sie ins Feuer geworfen, und Landruu mochte das nicht, weil er die Grillen in Helena kaufte und Geld für die Viecher ausgab, und dann tauchte der Johnny da auf und schmiß ’nen Haufen davon ins Feuer und setzte sich daneben und hörte zu, wie sie zerplatzten, und das bedeutete schlicht, daß da Landruus Geld verballert wurde. Und Landruu wurde stocksauer, das können Sie mir glauben.« Der alte Mann begann mit dem Kasten zu hantieren, als plane er, ihn jeden Augenblick zum Einsatz zu bringen, wofür er ihn bereithalten wollte. Das Boot zog nun majestätisch seine Bahn und näherte sich dabei stärker dem Ufer als den Kanistern oder dem Biberbau. »Wie auch immer«, sagte Mr. Lamb, der für einen Augenblick von seinem Kasten abgelenkt wurde, an dessen hölzernem Griff an der Seite er vorsichtig gekurbelt hatte. »Na ja, wie auch immer, Landruu angelt gern mit seinen ganzen Würmern und Kakerlaken und Dingsdas, aber er verbringt nicht so gern

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