Ein Stueck meines Herzens
Wasser hob wie eine Gondel, die eine ruhige und ranzige Wasserstraße hinunterglitt und auf der er der dicke und tüchtige und hemdlose Gondoliere war.
7
In Jackson, Mississippi, nahm ihn sein Vater 1953 mit ins Stadtzentrum und ließ ihn in der Halle des King Edward Hotel zurück, während er in den ersten Stock ging, um mit einem Mann über den Stärkehandel in Alabama zu reden. Seine Mutter lag zu Hause im Bett und war zu krank, um auf ihn aufzupassen, und so saß er in der Halle und beobachtete die Männer, die an den dicken Säulen standen und Zigarren rauchten und sich manchmal minutenlang die Hände schüttelten. Nach einer Weile kam ein Liliputaner in die Halle, der Cowboystiefel und einen Texashut trug und die Aufmerksamkeit aller auf sich zog, als er seinen Namen an der Rezeption eintrug und dem Hotelpagen schon ein Trinkgeld gab, bevor der überhaupt seine Tasche angefaßt hatte. Als er auf sein Zimmer gehen wollte, drehte sich der Liliputaner um und schaute sich in der Halle mit ihren Säulen um und in die Alkoven und Empfangsräume, als suche er nach jemandem, mit dem er verabredet war. Und als er den Jungen sah, der auf der breiten Couch saß, kam er zu ihm in seinem Liliputaneraufzug hinüber, in dem er aussah, als trüge er Windeln, und erzählte dem Jungen, daß er Tex Arkana hieß und Filmschauspieler war und den Zwerg in ›Samson und Delilah‹ gespielt hatte und einer der Philister gewesen war, die Samson mit dem Kieferknochen eines Maulesels getötet hatte. Er sagte, daß er den Film gesehen hatte und sich ganz gut an den Zwerg erinnern konnte. Der Liliputaner sagte, daß er seine ganzen Filmfotos und ein dickes Sammelalbum mit seinen ganzen Zeitungsausschnitten in seinen Taschen hätte, die er ihm gern zeigen würde, wenn er sie sehen wollte. Die meisten Männer in der Halle beobachteten, wie die beiden auf der Couch saßen und redeten, und der Liliputaner behielt sie im Auge und redete schneller. Als der Junge sagte, daß er das Sammelalbum und auch die Fotos sehen wollte, stand der Liliputaner auf, und die beiden nahmen einen Fahrstuhl mit dem Hotelpagen und gingen zum neuen Zimmer des Liliputaners, das zur Straße hin lag. Als der Hotelpage gegangen war, zog der Liliputaner sein Hemd aus und setzte sich im Unterhemd auf den Fußboden, machte den Koffer auf und durchwühlte die Kleider auf der Suche nach dem Buch, während der Junge auf seinem Stuhl saß und zuschaute. Nach einer Weile hatte der Liliputaner das große Buch mit den holzigen Seiten gefunden und sprang aufs Bett. Und während seine Cowboystiefel gegen den Saum baumelten, zeigte er dem Jungen Bilder von sich selber in ›Samson und Delilah‹ und in ›Never Too Soon‹ und in einem Film mit John Garfield und Fred Astaire. Da gab es Bilder von dem Liliputaner im Zirkus, wie er auf Elefanten ritt und oben auf Tigern saß und neben hochgewachsenen Männern im Zelt stand oder im Schoß von verschiedenen dicken Frauen saß, die alle lachten. Als sie die ganzen Bilder und die Zeitungsausschnitte angeguckt hatten, sagte der Liliputaner, daß er nach dem langen Flug von der Westküste müde sei und daß der Junge nun gehen müsse, damit er sich schlafen legen könne. Der Junge schüttelte dem Liliputaner die Hand, und der Liliputaner gab ihm ein signiertes Bild von sich, wie er mit einer langen Peitsche in der Hand auf einer juwelenverzierten Kutsche stand, die von einem Team normalgewachsener Männer gezogen wurde. Und dann ging der Junge.
Als er in die Halle zurückkam, wartete sein Vater schon auf ihn, rauchte eine Zigarre, und er zeigte ihm das Bild von dem Liliputaner in der Kutsche, und sein Vater wurde wütend und zerriß das Bild und ging zum verglasten Büro neben der Rezeption, wo er lange mit dem Manager sprach, während der Junge draußen wartete. Nach einer Weile kam sein Vater heraus, und die beiden fuhren nach Hause zu seiner kranken Mutter. Und spät in der Nacht konnte er seine Mutter und seinen Vater über das Bild und über den Liliputaner mit den Cowboystiefeln reden hören und wie sein Vater sagte, daß der Manager sich geweigert hatte, den Liliputaner aus dem Hotel zu werfen, und kurz danach hörte er seine Mutter weinen.
Teil VII
Robard Hewes
1
Er stand zwischen dem Haus und der Gin Den und betrachtete skeptisch den Himmel. Lange violette abgeflachte Wolken bauten sich auf, und die Luft war feucht geworden und hatte sich abgekühlt und wirkte wie elektrisch aufgeladen. Das Gewitter war schon zu spüren, auch
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