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Ein stuermischer Retter

Ein stuermischer Retter

Titel: Ein stuermischer Retter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Gracie
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eine Kirchenbank, kniete sich hin und betete. Mama und Papa waren nun schon so lange tot, mehr als zwölf Jahre, doch an diesem Abend vermisste sie sie besonders schmerzlich. Sie wusste noch, wie Mama sie immer im Arm gehalten hatte; sie war so weich, wunderschön und wohlduftend gewesen,
    Papa hingegen groß und stark und nach seinen Zigarren riechend. Wenn sie auf seinen Schultern sitzen durfte, fühlte sie sich immer sicher und über alle Dinge erhaben.
    „Ich habe ein fürchterliches Durcheinander angerichtet, Mama", flüsterte sie. „Ich dachte, ich würde das Gleiche tun wie du und Papa, dachte, ich hätte die große Liebe gefunden, genau wie ihr. Aber ich habe mich so schrecklich geirrt." Sie wusste,
    Mama hätte ihr verziehen, aber sie wäre sehr enttäuscht gewesen. Sie hatte allen ihren Töchtern Liebe, Glück, Sonnenschein und Freude im Leben versprochen. Faith hatte sie schwer enttäuscht.
    „Ich werde morgen heiraten, Papa. Er ist ein guter Mann, ich weiß es. Er tut das alles nur für mich, um mir zu helfen, obwohl er mich gar nicht kennt. Ich weiß aber nicht, ob ich das Richtige tue oder nicht ..." Heiße Tränen liefen ihr plötzlich über die Wangen.
    Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie dort im Dunkeln gekniet hatte, aber als sie sich erhob, fühlte sie sich deutlich getröstet. Wieder blieb sie zögernd neben den Votivkerzen stehen. Schließlich nahm sie eine davon in die Hand und schickte Mama
    ein stummes Gebet. Dann küsste sie die Kerze und legte sie zurück zu den anderen. Der Nächste, der diese Kerze anzündete, würde ihr Mamas Antwort zukommen lassen.
    Hinter ihr bewegte sich etwas in der Dunkelheit. Faith zuckte zusammen. „Wer ist da?"
    Eine Gestalt löste sich aus den Schatten und trat ins Licht. Es war Marthe. „Ich dachte, Sie wären Anglaise?", meinte sie auf Französisch. „Ich wusste nicht, dass es Anhänger des wahren Glaubens in England gibt."
    „Es gibt welche", erwiderte Faith in derselben Sprache. „Ich bin tatsächlich Engländerin, aber gewiss keine Katholikin."
    „Sie kennen sich jedoch aus." Marthe nickte zu den Votivkerzen hinüber. „Sie wollten eine Kerze anzünden."
    Ihre Kehle war vor Bewegtheit plötzlich wie zugeschnürt. Faith konnte nicht sprechen, also nickte sie nur.
    „Ich hätte nicht geglaubt, dass englische Protestanten Kerzen anzünden."
    Faith zuckte die Achseln. „Ich wurde in Italien geboren. Unsere Kinderfrau zündete immer Kerzen in der Kirche an, sie hat uns gezeigt, wie wir das machen müssen. Das Ritual schien sie sehr zu trösten."
    „Oui, das tut es", sagte Marthe nach einer Weile. „Sie ... brauchen also Trost?"
    Faith biss sich auf die Unterlippe.
    „Warum haben Sie dann keine Kerze angezündet?"
    „Ich habe kein Geld dabei."
    „Aber Sie haben doch gedacht, Sie wären ganz allein. Niemand hätte Sie gesehen, niemand hätte es gemerkt!"
    Faith sah sie nur stumm an.
    Marthe nickte bedächtig. „Für wen wollten Sie denn eine Kerze anzünden?"
    Faith zögerte. Sie wollte nicht, dass diese säuerlich wirkende alte Frau etwas von ihrer Lebensgeschichte erfuhr, aber allmählich wurde das anhaltende Schweigen drückend. „Für meine Mutter und für meinen Vater", murmelte sie schließlich.
    „Sie sind tot? Alle beide?"
    Faith nickte abermals und kämpfte erneut gegen ihre Tränen an. Wie lächerlich würde es klingen, wenn sie sagte, dass ihre Eltern starben, als sie sieben war. Wie konnte eine erwachsene Frau von neunzehn Jahren Eltern vermissen, an die sie nur noch bruchstückhafte Erinnerungen hatte? Und doch war es so, im Moment vermisste sie sie schmerzlich.
    Marthe sagte nichts mehr. Stattdessen ließ sie ein paar Münzen in die Schachtel fallen, suchte zwei dicke Kerzen aus und drückte sie Faith in die Hand. „Zünden Sie sie an. Ich warte draußen."
    Als Faith ins Pfarrhaus zurückkehrte, sah ihr der Pfarrer mit ernster Miene entgegen. „Marthe hat mir erzählt, dass Sie in der Kirche waren und gebetet haben", sagte er auf Französisch. Es klang beinahe wie ein Vorwurf.
    Faith nickte.
    „Sie sagte, Sie wollten gern ein paar Kerzen anzünden, hätten es aber nicht getan, weil Sie kein Geld bei sich hatten."
    Wieder nickte Faith nur.
    Jetzt sprach er auf Italienisch weiter. „Sie sagt, Sie wären mit unserer Kirche vertraut und wären in Italien zur Welt gekommen. Ich sehe Ihnen an, dass Sie mich verstehen, daher muss es stimmen, dass Sie dort eine Weile gelebt haben. Erzählen Sie mir doch bitte, wo Sie getauft worden

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