Ein stuermischer Retter
buckelig und hatte eine große, auffallend rote Nase."
Der Geistliche runzelte die Stirn. „Und dieser Père Germaine hat die Trauung nicht vorgenommen?"
„Nein, das hat der falsche Geistliche getan."
„Und hat es vorher ein Aufgebot gegeben?"
Faith schüttelte den Kopf. „Das weiß ich nicht. Am Tag der Trauung war ich zum ersten Mal in Sainte Marie-Madeleine. Am Tag der ungültigen Trauung."
Er schürzte die Lippen. „Und an dem Tag haben Sie sich nicht in Père Germaines Kirchenbuch eingetragen? Ein großes schwarzes Buch, etwa so dick?" Er machte die entsprechende Handbewegung.
Wieder schüttelte sie den Kopf. „Ich habe mich nirgendwo eingetragen."
Der alte Pfarrer nickte nachdenklich. „In dem Fall, Mademoiselle, glaube ich, dass Sie tatsächlich frei sind und Mr Blacklock heiraten können. Sie haben den echten Père Germaine absolut treffend beschrieben. Seine Nase ist in der Tat auffallend rot, er trinkt nämlich. Schon immer. Eine üble Geschichte, eine ganz üble Geschichte. Ich werde sie dem Bischof melden müssen." Er sah Faith jetzt eindringlich an. „Und jetzt wollen Sie diesen Mann hier aus freien Stücken heiraten?" Er zeigte auf Nicholas Blacklock.
„Ja."
„Er hat Sie in keiner Weise dazu gezwungen?"
„Nein."
Der Pfarrer beugte sich leicht vor, legte ihr behutsam die Hand unter das Kinn und drehte ihr Gesicht zum Licht, um den Bluterguss besser sehen zu können. „Und dafür ist er hoffentlich auch nicht verantwortlich?"
„Nein, Monsieur le Curé, dafür ist er nicht verantwortlich", erwiderte sie mit weicherem Tonfall. „Er hat mich vor Männern gerettet, die mir noch weitaus größeren Schaden zugefügt hätten."
„Eh bien, das ist gut." Der alte Mann lehnte sich wieder zurück.
Faith beobachtete ihn unsicher. Der Pfarrer begann nun, mit Mr Blacklock die Einzelheiten des kommenden Tages zu besprechen. Faith merkte, dass sie vor Erleichterung zitterte. Sie würde also nicht noch einmal als leichtes Mädchen beschimpft werden. Sie hatte sich auf eine Moralpredigt gefasst gemacht, doch der alte Pfarrer hatte nur sichergehen wollen, dass sie nicht Bigamie betrieb. Und dass sie freiwillig und ohne Zwang die Ehe einging.
Sie leerte ihre Tasse und erhob sich mit immer noch zitternden Knien. „Monsieur, mir ist ein wenig warm. Ich würde gern kurz an die frische Luft gehen, wenn Sie gestatten."
Der Geistliche sah Nicholas Blacklock stirnrunzelnd an, und als dieser nichts sagte, antwortete er: „Wie Sie wünschen, Mademoiselle. Marthe wird Ihnen den Weg zeigen."
„Danke, ich finde mich schon selbst zurecht", wehrte sie hastig ab. Sie hatte keine Lust, sich Marthes missbilligenden Blicken auszusetzen. Sie brauchte jetzt ein wenig Ruhe und Frieden, und sie wusste genau, wo sie beides finden würde.
Sie verließ das Haus und schlüpfte durch den Seiteneingang, eine schwere, dunkle Eichentür, in die Kirche. Im Innern war es kühl und dunkel, nur zwei große Kerzen brannten auf dem Altar. Der vertraute Duft nach Weihrauch, Messingpolitur und Bienenwachs hüllte sie ein und versetzte sie wieder in die Zeit, als sie ein kleines Mädchen war und Mama, Papa und manchmal auch ihre Kinderfrau Concetta mit ihr in die Dorfkirche in Italien gegangen waren. Mama pflegte zum Beten dort hinzugehen, obwohl sie keine Katholikin gewesen war. Gott ist überall, hatte Mama immer gesagt, aber in einer Kirche fühle sie sich Ihm näher.
Gleich neben der Tür stand der Ständer für die Votivkerzen, die meisten von ihnen nur noch Stummel, stille Zeugen von Hoffnungen, Gebeten und Erinnerungen. Neue Kerzen lagen in einer Schachtel neben dem Ständer, von ganz dünnen bis hin zu dicken Säulen aus Wachs, die darauf warteten, auserwählt und im Gebet angezündet zu werden.
Als sie noch klein war, hatte Concetta den Merridew-Mädchen in Italien erklärt, was es mit den Votivkerzen auf sich hatte. Sie selbst entzündete sie regelmäßig für die Seele ihres verstorbenen Ehemanns. Den Kindern war das Ritual nur allzu vertraut. Seit ihrem siebten Lebensjahr war Faith nicht mehr in einer katholischen Kirche gewesen. Großvater hatte immer gesagt, die Papisten wären des Teufels. Jetzt, Jahre später und erwachsen geworden, verstand Faith, wie viel Trost Kerzen bringen konnten. Plötzlich verspürte sie das überwältigende Bedürfnis, eine Kerze für ihre Mutter und ihren Vater anzuzünden. Sehnsüchtig betrachtete sie die Schachtel mit den Kerzen, aber sie hatte kein Geld bei sich.
Sie schob sich in
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