Ein süßes Abenteuer
Britische Museum bemühen, wenn Sie ihn sprechen wollen. Dort pflegt er nämlich seine Freizeit zu verbringen.”
Neville setzte schon zu einer scharfen Antwort an, doch Diana kam ihm zuvor. “In diesem Fall habe ich doppeltes Glück, denn ich würde das Britische Museum zu gerne einmal besichtigen. Ob sich das einrichten lässt?”
“Mit Vergnügen, Euer Gnaden”, erwiderte er. “Im Übrigen machen mir Konzerte immer große Freude. In meiner Jugend hatte ich selbst Klavierunterricht. Apropos, stimmt es, dass Sie heute etwas vortragen werden?”
“Ja, zwei kurze Kompositionen von Beethoven. Natürlich gehören sie nicht zu seinen bedeutendsten Werken, aber auch in ihnen zeigt sich sein Genie.”
“Großartig. Ich freue mich schon darauf.”
“Vielen Dank, Sir Neville. Später werden wir auch noch ein Streichquartett von Haydn hören.”
An diesem angeregten Gespräch konnte sich Henry Latimer überhaupt nicht beteiligen, da er nichts von Musik verstand und sich auch nicht dafür interessierte. Ihm ging es heute nur darum, zu sehen und gesehen zu werden.
Plötzlich wandte Diana sich ihm zu. “Ich fürchte, wir langweilen Sie. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, meine Herren. Bevor ich an die Reihe komme, muss ich noch jemanden finden, der mir die Noten umblättert. Ich fühle mich dann einfach sicherer.”
“Eigentlich habe ich nicht den Eindruck, dass die Duchess sich unsicher fühlt, eher im Gegenteil”, bemerkte Henry Latimer gehässig, nachdem sie sich entfernt hatte.
Neville zog die Augenbrauen hoch. “Tatsächlich? Ich finde ihre Offenheit sehr berührend. Heutzutage sagen so viele Menschen ständig Dinge, die sie gar nicht aufrichtig meinen.”
In seiner Eitelkeit bezog Henry diese Kritik überhaupt nicht auf sich, obgleich sie haargenau auf ihn zutraf. “Das stimmt”, räumte er ein. “Weißt du, es ist nicht immer klug, die Wahrheit zu sagen. Wo kämen wir hin, wenn alle es täten!”
Dieser Esel! Im Stillen musste Neville lachen, während er gleichzeitig darüber staunte, zu welchen Gemeinheiten die Eifersucht ihn trieb. Jawohl, die Eifersucht. Denn als er zusehen musste, wie Latimer Diana umschmeichelte, hätte er schier aus der Haut fahren können.
Kurz vor Beginn des Konzerts suchte er sich einen Sitzplatz, von wo aus er nicht nur Dianas Vortrag lauschen, sondern sich auch an ihrem Anblick weiden konnte. Wie er bereits geahnt hatte, spielte sie für eine Amateurin vorzüglich. Sie schien die Hilfe der jungen Dame, die ihr die Noten umblätterte, gar nicht zu benötigen, und am Ende ihrer beiden Stücke ertönte langer, begeisterter Applaus.
Beim Souper drängten sich so viele Bewunderer um sie, dass Neville die Hoffnung aufgeben musste, unter vier Augen mit ihr zu sprechen. Stattdessen unterhielt er sich mit verschiedenen anderen Gästen, die allesamt betonten, wie sehr seine Anwesenheit sie überraschte. Schließlich flüchtete er aus dem Speisezimmer. Als er in den Korridor trat, der gleichzeitig als Gemäldegalerie diente, drangen aus einem angrenzenden Zimmer lärmende Männerstimmen an sein Ohr.
Neugierig warf er einen Blick durch die offene Tür. Anscheinend hatten ein paar Herren sich hierher zurückgezogen, um dem Konzert und den Zwängen schicklichen Benehmens zu entfliehen. Mitten im Zimmer, mit dem Rücken zu Neville, stand Henry Latimer und redete eifrig auf seine Freunde ein, darunter auch George und Frank Hollis.
Wieder einmal bestätigte sich die Wahrheit des alten Sprichworts: Der Horcher an der Wand hört seine eigene Schand’.
“Fortescue ist heute Abend hier”, rief Latimer. “Stellt euch vor, er hat eine halbe Ewigkeit lang mit der Duchess of Medbourne über Musik gefachsimpelt. Dabei erwartet eine heißblütige Frau wie sie, dass man sie umschmeichelt. Ein biederer Geselle wie Fortescue liegt ihr bestimmt nicht.”
Seine Zuhörer quittierten diese Stichelei mit lautem Johlen und Applaus.
“Ach wisst ihr, hinter den Kulissen treibt er es dafür ziemlich toll”, warf George lachend ein. “Erst heute Nachmittag habe ich ihn in The Turk’s Head ertappt, verkleidet und in Gesellschaft eines ehemaligen Bow Street Runners.”
“So?”, meinte Henry. “Was das wohl zu bedeuten hat?”
Irgendjemand rief eine Antwort, die in allgemeinem Gelächter unterging. Innerlich drängte es Neville, vorzutreten und Dianas Ehre sowie seine eigene zu verteidigen, doch er hielt sich zurück. Letztendlich würde es ihnen beiden eher schaden als nutzen. Dennoch
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