Ein süßes Abenteuer
Nachdem er als Kaufmann ein Vermögen verdient hatte, heiratete er die Tochter des völlig verarmten Sir Carlton Fortescue. Dieser starb bald darauf an seiner Trunksucht, und da gestattete der König John Smith gütigerweise, den Namen Fortescue anzunehmen. Darüber hinaus übertrug er ihm den Titel, um die Familientradition aufrechtzuerhalten. Leider hielten John Smiths Nachkommen insbesondere eine Tradition der Fortescues aufrecht, und zwar deren ausschweifenden Lebenswandel. Der gegenwärtige Baronet ist nur deswegen so wohlhabend, weil die Eltern seiner Mutter in deren Ehevertrag festlegten, dass ihr Gatte ihre Mitgift nicht anrühren durfte. Bei seinem Tod erbte Sir Neville das Vermögen, und die Witwe erhielt ein angemessenes Auskommen.”
“Sir Neville scheint nicht in die Fußstapfen seiner Vorfahren zu treten”, meinte Diana nachdenklich. “Du selbst hast ihn vorhin als gesetzt bezeichnet.”
Lord Marchmont zuckte die Achseln. “Wer weiß, ob er sich mit den Jahren nicht noch ändert.”
Auch wenn Diana diese Möglichkeit nicht bestreiten konnte, glaubte sie keine Sekunde lang, dass Neville sich je dem Laster hingeben würde. Unterdessen begann ihr Onkel, eine Reihe passender junger Herren aufzuzählen, teils Adlige, teils Erben hoher Adelstitel, die seiner Meinung nach für Diana infrage kamen. Die Sache hatte nur einen Haken: Viele von ihnen kannte sie bereits, und kein Einziger gefiel ihr.
Vor ihrer Begegnung mit Neville hatte sie sich damit abgefunden, entweder gar keine neue Ehe einzugehen, oder einen Gentleman zu heiraten, mit dem sie wenigstens Freundschaft verband, wenn schon keine leidenschaftliche Liebe. Plötzlich fuhr ihr durch den Kopf, dass Neville sich vermutlich als leidenschaftlicher Liebhaber entpuppen würde. Ein närrischer Gedanke, gewiss, aber wenn sie ihm in die Augen sah, erkannte sie immer deutlicher, dass sie sich immer nach einem Mann wie ihm gesehnt hatte.
Wie er wohl mit der Suche nach den drei vermissten Dienstmädchen vorankam? Heute Abend würde sie Lady Devereux’ Abendgesellschaft besuchen, wo sie auf besonderen Wunsch der Gastgeberin zwei Stücke von Beethoven vortragen sollte. Vielleicht würde sie dort Neville antreffen, vielleicht ergab sich eine Gelegenheit, diskret ein paar Worte mit ihm zu wechseln.
Gleich nach dem Gespräch mit ihrem Onkel eilte sie hinauf in ihr Schlafzimmer und läutete nach ihrer Zofe. Sie wollte sich für Neville besonders schön machen.
4. KAPITEL
“H allo, Neville! Dich hätte ich hier wirklich nicht erwartet.”
Frank Hollis’ spöttischer Unterton ärgerte Neville, sodass seine Antwort weniger gutmütig als sonst ausfiel.
“Dann hast du dich eben in mir geirrt. Ich höre sehr gern Musik, und Lady Devereux versteht es, ein erlesenes Programm zusammenzustellen”, erklärte er kühl. Ohne ein weiteres Wort ließ er sein verblüfftes Gegenüber stehen, um nach Diana zu suchen. Bald entdeckte er sie am anderen Ende des Salons, wo das Pianoforte und vier Stühle für das Streichquartett standen. Eine ganze Reihe von Bewunderern hatte sich um sie geschart, darunter auch Henry Latimer. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund missfiel es Neville, sie inmitten all dieser Herren zu sehen. Plötzlich überkam ihn das Gefühl, dass er sie vor irgendetwas beschützen musste. Kurz entschlossen ging er auf sie zu.
Bis er die kleine Gruppe erreichte, hatte Henry sich erfolgreich in den Vordergrund gedrängt und die anderen Gentlemen aus der Nähe der schönen Duchess vertrieben.
Diana indes behagte es ganz und gar nicht, dass er sie auf diese Weise mit Beschlag belegte. Während sie überlegte, wie sie diesen aufdringlichen Verehrer loswerden konnte, ohne gleich unhöflich zu werden, bemerkte sie Neville. Bei seinem Anblick fiel ihr ein Stein vom Herzen. Er kam wie gerufen! Auch wenn er nicht im klassischen Sinne gut aussah wie Henry, wirkte sein ernstes, angenehm vernünftiges Gesicht beruhigend auf sie. Darüber hinaus strahlte er eine innere Stärke aus, die dem oberflächlichen Henry Latimer völlig abging. Ganz zu schweigen von den schmierigen Anspielungen, mit denen Letzterer sie immer wieder belästigte …
“Sir Neville!”, rief sie. “Ich hatte gehofft, Sie hier anzutreffen, obwohl man mir sagte, dass Sie selten musikalische Abende besuchen.”
“Oh, Sie können wirklich von Glück sagen, dass Sir Neville heute gegen seine eigenen Gewohnheiten verstößt”, bemerkte Henry lässig. “Normalerweise müssten Sie sich ins
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