Ein süßes Abenteuer
bringen. Hatte nicht Aristoteles einmal gesagt, jeder Streit zwischen einem Mann und einer Frau würde unweigerlich im Liebesspiel enden, auch wenn sie es ursprünglich gar nicht beabsichtigten?
“Wie ich sehe, kann man heute nicht vernünftig mit Ihnen reden”, entgegnete er.
“Mit Ihnen auch nicht!”
Verflucht, musste sie unbedingt immer das letzte Wort haben? Auch diese Angewohnheit brachte sein Blut in Wallung. In seiner Fantasie malte er sich aus, wie leidenschaftlich sie ihn lieben würde, wenn er sie je verführte. In dem Fall würde er sie zur Frau nehmen müssen. Ob er den Mut besaß, eine derart willensstarke junge Dame zu heiraten? Und doch reizte ihn allein der Gedanke daran so sehr, dass er sich rasch abwandte, um seine Erregung zu verbergen.
Wahrhaftig, allmählich entwickelte er sich zu einem regelrechten Lüstling! Nur dass keine andere ihn so tief berührte wie Diana.
“Kommen Sie”, sagte er in ruhigem Ton, als er sich schließlich wieder umdrehte. “Wir wollen diese leidige Angelegenheit ganz sachlich besprechen.”
“Das tue ich ja, nur Sie bringen unsachliche Argumente vor.”
Zuerst wollte Neville antworten: “Können Sie denn nicht verstehen, dass ich Sie vor Schaden bewahren möchte?” Aber all das hatten sie einander ja bereits an den Kopf geworfen – eine treffendere Beschreibung für ihren Streit fiel ihm wirklich nicht ein.
Wie hatte sie mit ihrem greisen Gatten friedlich zusammenleben können? Wie hatte der Duke sie gebändigt?
Schon stellte sich ihm die nächste Frage: Wollte er sie überhaupt bändigen? Ihre Kühnheit und ihr Temperament zügeln? Wenn er sie wirklich liebte, dürfte es doch eigentlich keine Rolle spielen, ob sie sich ihm fügte oder nicht. Immerhin ging sie bei allem Eigensinn niemals so weit wie gewisse andere Damen, die wegen ihrer schweren Fehltritte in Schande lebten oder ins Ausland ziehen mussten.
Wo blieb heute ihr klarer, logischer Verstand? Warum diskutierte sie nicht sachlich mit ihm? Begriff sie nicht, dass er sie beschützen wollte, weil er sie liebte? Und warum machte sie ihm Vorhaltungen, weil er sich in Gefahr begab? Deutete das nicht darauf hin, dass sie seine Gefühle zu erwidern begann?
Als er sagte, bei Männern sähe die Sache anders aus, meinte er lediglich, dass er sich gegen körperliche Gewalt wehren konnte, sie dagegen nicht. Außerdem wurden Männern Skandale in der Regel verziehen, während bösartiges Gerede eine Frau leicht zugrunde richten konnte. Nur aus diesen Gründen wollte er nicht, dass sie sich mit diesem Fall befasste. Doch er konnte sie schwerlich zwingen, ihm zu gehorchen. Im Gegenteil, je mehr er in sie drang, desto mehr würde er sie verärgern.
Am besten beendete er diesen Streit sofort. “Bitte denken Sie über meine Worte nach. Selbstverständlich habe ich kein Recht, Ihnen vorzuschreiben, wie Sie sich zu verhalten haben, aber da ich Sie so sehr schätze …”, von Liebe wagte er noch nicht zu sprechen, “… bitte ich Sie inständig, meinen Rat anzunehmen.”
An ihrem wissenden Lächeln erkannte er, dass sie sich keine Sekunde lang täuschen ließ. Nicht umsonst besaß sie ebenso viel Scharfsinn wie jeder Mann.
“Sie kommen mir vor wie jemand, der einem Säugling eine Rassel gibt, damit er aufhört zu schreien.”
Da brach Neville in schallendes Gelächter aus. Ohne sich zu besinnen, schlang er die Arme um sie und gab ihr einen leidenschaftlichen Kuss. Doch im nächsten Augenblick ließ er sie wieder los, damit die Leidenschaft ihn nicht völlig übermannte.
“Keine Rassel, liebste Diana. Ich wünsche mir nur, dass Sie sich vorsehen und Ihren gesunden Menschenverstand benutzen.”
“Versprochen, Neville. Und nun wollen wir unseren Streit beilegen, denn Sie haben heute noch viel zu tun. Übrigens, wenn Sie nicht bald gehen, wird Isabella unter irgendeinem Vorwand hereinplatzen, um zu kontrollieren, ob Sie mich auch nicht verführen.”
Demnach ahnte sie, wie stark er sich zu ihr hingezogen fühlte. Nichtsdestotrotz hatten sie sich soeben noch ernsthaft gestritten, und er konnte nur hoffen, dass ihre enge Beziehung nicht darunter leiden würde.
Am Abend betrat Neville The Moor’s Head, die schmierige Spelunke beim Haymarket, die Jackson ihm genannt hatte. Als er eintraf, saß der Ermittler bereits an einem Tisch, von dem aus man die Tür im Auge behalten konnte, zwei Krüge Ale vor sich und eine lange Pfeife im Mund. Er sah genau wie all die anderen schmutzigen Halunken aus, die in diesem
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