Ein süßes Abenteuer
sonderbar.” Glücklicherweise – denn wer weiß, was Neville
darauf
erwidert hätte – klopfte es in diesem Moment an der Tür.
“Herein”, rief Diana, und Isabella trat ins Zimmer.
Auf den ersten Blick fiel der Gesellschafterin auf, wie erhitzt und aufgewühlt die beiden jungen Leute wirkten. “Stimmt etwas nicht?”, erkundigte sie sich unsicher.
Während Neville noch fieberhaft nach einer Antwort suchte, bewies Diana wieder einmal ihre Schlagfertigkeit. Mit einem unbeschwerten Lachen erklärte sie: “Oh, Sir Neville hat mir gerade einen sehr lustigen Witz erzählt, den er gestern Abend in Surrey gehört hat. Er handelt von einer Begegnung zwischen einem Stier und einem Stadtmenschen, bei der der Stier den Kürzeren zieht.”
Diesen Witz hatte Charles ihr einmal erzählt. Neville kannte ihn ebenfalls und wusste wohl, dass er sich für anständige Damen eigentlich nicht schickte. Unwillkürlich musste er über die Unverfrorenheit seiner Kühnen Duchess schmunzeln, was selbst die argwöhnische Isabella einigermaßen überzeugte. “Lady Devereux wartet unten und möchte gerne wissen, ob du heute Besucher empfängst”, verkündete sie. “Ich habe Lubbock angeboten, an seiner Stelle nachzufragen, um ihm den Weg zu ersparen.”
In Wirklichkeit, so vermuteten sowohl Diana als auch Neville, hatte Isabella gehofft, sie in flagranti zu ertappen. Leider kam sie fünf Minuten zu spät.
“Du kannst Lubbock bitten, sie hereinzuführen. Vielleicht wird ihr Sir Nevilles Witz auch gefallen.”
Obgleich Neville sich immer noch ein wenig über Diana ärgerte, konnte er nicht umhin, ihre Geistesgegenwart zu bewundern. Wenn sie nur auch einmal an ihre Sicherheit denken würde!
Nachdem Isabella sich entfernt hatte, ergriff er die günstige Gelegenheit, sich zu verabschieden. “Gerade fällt mir ein, dass ich noch zu einer wichtigen Verabredung muss”, erklärte er, indem er eine Verneigung andeutete. “Bitte entschuldigen Sie mich bei Lady Devereux, ich kann leider nicht länger bleiben.”
Wegen der Ankunft des neuen Gastes hatte er Diana nicht mehr davor warnen können, sich unnötigen Risiken auszusetzen. Als er jedoch Jackson aufsuchte, stellte Neville fest, dass die junge Frau nicht als Einzige in Gefahr schwebte.
“Großer Gott, Mann, was ist Ihnen zugestoßen?”, entfuhr es ihm beim Anblick des Ermittlers, der mit seinem blauen Auge und dem großen Bluterguss auf seiner Wange furchterregend aussah.
“Da fragen Sie noch?”, meinte Jackson in seiner üblichen trockenen Art. “Gestern Abend wurde ich auf dem Heimweg von zwei Spitzbuben überfallen. Sie haben mich zusammengeschlagen und mir angedroht, wenn ich weiter für Sie ermittle, würden sie mir noch Schlimmeres antun.”
“Und werden Sie auf sie hören?”
“Aber nein, ich muss bloß etwas besser aufpassen. Wie es scheint, haben wir unseren Gegnern einen Schreck eingejagt.”
“Es gefällt mir gar nicht, dass Sie Ihr Leben für mich und meine Belange aufs Spiel setzen”, sagte Neville langsam.
“Nicht für Sie, sondern für die armen Dinger, die von dieser Bande ins Verderben gestürzt und teilweise ermordet wurden. Viel Neues habe ich nicht herausgefunden, aber nur Geduld, falls wir sie wirklich erschreckt haben, werden sie bald irgendeinen dummen Fehler begehen.”
“Schon geschehen.” In knappen Worten berichtete Neville von Sir Stanfords Erpressungsversuch, ohne das Geheimnis seiner Eltern zu verschweigen.
“Ja, ich dachte mir schon, dass sie damit drohen würden”, bestätigte Jackson und warf ihm ein mitfühlendes Lächeln zu.
“Wie bitte? Wussten Sie etwa über meine Mutter und Lord Burnside Bescheid?”
“Sicher. Ich mache mich grundsätzlich über jeden kundig, der mich anheuert. Oft erweist sich das als äußerst nützlich, Sie würden staunen.”
Neville stieß ein bitteres Lachen aus. “Dann muss ja ganz London davon gewusst haben!”
“Nein, das nicht. Auf jeden Fall geht in Halbweltkreisen das Gerücht, dass Ihr angeblicher Vater an der Syphilis litt und schon viele Jahre vor seinem Tod keine Kinder mehr zeugen konnte. Ich frage mich nur, woher Sir Stanford die Wahrheit kennt.”
“Laut meiner Mutter hat er damals an der Feier teilgenommen, auf der sie und Lord Burnside einander begegneten. Und die Väter von Henry Latimer und meinem Vetter George ebenfalls.”
“Hm, schon wieder dieser Latimer! Alles deutet darauf hin, dass er und Markham unter einer Decke stecken. Lord Alford dagegen halte ich eher für
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