Ein Tag und zwei Leben (Episode 2)
Umstände besonders erotisch. Meistens eher peinlich. Aber mein Gehirn muss eine sehr deutliche Erinnerung an ihren Körper gespeichert haben, denn ich erkenne sogar das kleine Muttermal oberhalb ihrer linken Brust, das man nur sieht, wenn im Sommer ihr Bikini-Oberteil verrutscht. Wieso zum Teufel habe ich mir das so gut gemerkt?
Meine Hand tastet nach dem Wasserhahn und ich drehe ihn etwas mehr in Richtung «kalt». Nur so kann ich den Comic-Strip vor meinem inneren Auge ausblenden. Aber der erwünschte Erfolg will sich nicht so recht einstellen. In meinem Kopf zieht Lea den Vorhang zur Seite und steigt, ohne ein Wort, zu mir unter die Dusche, wo sie mich mit einem leichten Lächeln ansieht und unter den Wasserstrahl tritt. Mit geschlossenen Augen steht sie da, während ihre Haare nass werden und ich den Verlauf des Wassers auf ihrem Körper verfolge.
Verdammt noch mal, Damian! Das sind nicht die Gedanken, mit denen du dich hier und jetzt rumschlagen solltest! Sie ist deine beste Freundin, sie ist mit Tobi zusammen – und ich liebe Simone. Naja. Hm. So ganz überzeugend wirkt das alles nicht.
«Denkst du wirklich, ich kneife?»
«Nein!»
Ich denke, sie würde kneifen, weil ich weiß, dass sie nicht einfach so nackt zu mir klettern würde. Noch immer scheint sie mit den Nachwehen unseres Ausrutschers zu kämpfen. Irgendwas hat sich damals zwischen uns verändert. Bevor ich den Mut hatte, um ihr zu sagen, dass ich es gar nicht so schlimm fand, hat sie mir eröffnet, dass sie das alles für einen großen Fehler hält. Sowas nimmt einem ganz schön den Wind aus den Segeln. Außerdem war sie danach sehr schnell wieder mit Tobi zusammen. Um ehrlich zu sein: viel zu schnell für meinen Geschmack! Dabei hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, es hätte ihr auch etwas bedeutet.
Aber, das Dumme an besten Freundinnen: sie sind nur selten die Geliebte. Es sei denn, man heißt Sabia Boulahrouz.
Der Duschvorhang zuckt kurz. Ich greife reflexartig danach, um zu verhindern, dass sie mich jetzt so sieht.
«Was treibst du da drinnen eigentlich?»
«Ich dusche!»
Und stelle dich mir nackt vor. Was mich sehr erregt, ich dir aber weder zeigen noch sagen möchte. Weil ich für dich ein Fehler war, und du mich lieber als besten Freund in deinem Leben haben möchtest …
«Dann dusche eben schneller. Wir haben nämlich nicht den ganzen Tag Zeit!»
«Ja, ich beeile mich. Und jetzt lass mich endlich alleine, ja?»
Sie darf nicht hören, wie ich mich fühle – oder woran ich denke, weil das sonst alles wieder aus dem Gleichgewicht bringt. Wenn ich ihr von dem Manga-Comic in meinem Kopf und von der entsprechenden Reaktion meines Körpers erzähle, wird es zwischen uns wieder merkwürdig. Dann wird sie wieder daran zweifeln, ob wir wirklich nur beste Freunde sein können. So wie damals, als sie geweint hat und mich nicht verlieren wollte. Als ob Lea mich jemals verlieren könnte. Als ob es möglich wäre, mich aus ihrem Leben zu schneiden. Dafür bräuchte man schon eine verdammt gute Säge! Oder eine von den großen Sägemaschinen, die sogar diese amerikanischen Mammutbäume in Kleinholz verarbeiten könnten. Ein Buttermesser wird nicht reichen.
«Ich warte in der Küche. Mit Quarktasche und Kaffee.»
Ihre Stimme verrät ihr Gefühl des Triumphs und ich meine sogar, das Lächeln auf ihren Lippen hören zu können. Leas Lächeln … mit dem sie eine ganze Stadt erleuchten könnte … Endlich höre ich das erlösende Geräusch der Tür, die ins Schloss fällt, und lehne mich gegen die kühlen Kacheln. Als mir die kalte Temperatur des Wassers auffällt, werfe ich einen vorwurfsvollen Blick auf mein bestes Stück und schüttele genervt den Kopf.
«Ganz große Leistung. Wirklich.»
Zugegeben: ab und an, wenn wir zusammen ausgehen, da will ich ihr schon mal sagen, wie wunderschön sie aussieht – und wie sehr ich mir wünsche, wir würden noch mal zusammen … ausrutschen. Aber um das sagen zu können, müsste ich angetrunken respektive betrunken sein. Und dann würde sie es mir wieder nicht glauben, weil ich ja nur betrunken und deshalb so willig wäre. Das mag stimmen. Aber jetzt bin ich nüchtern. Oder habe nur wenig Restalkohol in meinem Körper. Sie würde es mir jetzt ebenso wenig glauben, wie in jeder anderen Situation. Selbst wenn ich auf dem Stuttgarter Schlossplatz vor ihr auf die Knie fallen und ihr meine geheimsten Gefühle offenbaren würde – sie würde es für einen schlechten Scherz halten.
Und genau an dieser
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