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Glücksboten

Glücksboten

Titel: Glücksboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Fforde
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Kapitel 1
    N un? Willst du reinkommen? Oder wolltest du mit deinem Korb nur ein Weilchen in der Tür stehen und ein malerisches Bild abgeben?«
    Perdita war wie gelähmt vor Schreck und Verwirrung. Wie konnte sich der kleine, untersetzte, freundliche und unbeschwerte Enzo praktisch über Nacht in das große Monstrum mit den schwarzen Augenbrauen verwandelt haben, von dem sie sich vor zehn Jahren hatte scheiden lassen? Irgendwie schaffte sie es, die Türschwelle zu überwinden.
    »Und zieh dir diese verdammten Gummistiefel aus! Das hier ist eine Profiküche, kein Bauernhof!«
    Perdita blickte auf ihre Füße hinab und bemerkte, dass der Boden erheblich sauberer war als gewöhnlich. Sie sah zu ihrem Exmann auf. »Nein.«
    »Also bist du auf deine alten Tage aufsässig geworden, ja? Aber schwierig warst du ja immer schon.«
    »Ich bin überhaupt nicht schwierig. Wo ist Enzo?«
    »Hat sich in das sonnige Napoli davongemacht, schätze ich. Woher zum Teufel soll ich das wissen?«
    Perdita wurde plötzlich bewusst, dass nicht nur Enzo eine grauenhafte Verwandlung durchgemacht hatte. Auch der Rest der Küche war betroffen. Irgendwie war alles um sie herum plötzlich weiß geworden. Der freundliche, geschäftige Raum, in dem sie seit fünf Jahren Gemüse auslieferte, erinnerte heute befremdlich an einen Operationssaal. Das Lärmen und Klappern war verstummt, ebenso das fröhliche Gesumm des Radios, das normalerweise wie eine Art griechischer Chor im dem allgemeinen Getöse der Küche wirkte. Niemand sang, niemand fluchte, weder Töpfe noch Pfannen klapperten. Tatsächlich schien überhaupt niemand irgendetwas zu tun.
    Die restliche Belegschaft der Küche war zwar mit knapper Not noch zu erkennen, hatte sich aber ebenfalls vollkommen verändert. Statt leuchtend bunter Baumwollhosen, eines mit frechen Sprüchen bedruckten Sweatshirts und einer gestreiften Schürze in einem Fall und einer fransigen Jeans und eines schmuddeligen T-Shirts im anderen, trugen die beiden jetzt weiße Jacken und Kochhosen. Janey, die junge Beiköchin, die wie eine Siebzehnjährige aussah, hatte versucht, ihr präraffaelisches Haar unter eine weiße Mütze zu zwängen, aber wie seine Besitzerin, so argwöhnte Perdita, war es von dem verzweifelten Wunsch beseelt zu entkommen.
    Der mit Fettflecken bespritzte, voll gekritzelte Kalender, auf dem die Ferien und Geburtstage aller Angestellten verzeichnet waren, hing auch nicht mehr neben dem Telefon. An seine Stelle war ein schickes weißes Brett mit Textmarker getreten, dessen leere Fläche auch nicht ein einziger Smiley etwas freundlicher erscheinen ließ. Die großen Töpfe mit frischen, von Perdita angepflanzten Kräutern waren vom Fensterbrett verschwunden; verschwunden waren auch die dicke Kette von Knoblauchzwiebeln, die irgendjemand aus Frankreich mitgebracht hatte, die Peperoni, die zu scharf waren, um sie zu benutzen, aber so fröhlich aussahen, und die »Schnitzertabelle«, eine Liste mit Fehlern, die im Laufe der Woche gemacht worden waren. Derjenige, der die meisten Böcke geschossen hatte - im Allgemeinen Enzo selbst -, brachte am Samstagabend eine Runde Bier mit, die dann nach der Schicht getrunken wurde. Das Verschwinden der Schnitzertabelle war das ultimative Symbol für das Ende von Enzos Regime: Ein übel meinender Diktator hatte ihn vom Thron gestoßen.
    In dem Bewusstsein, dass sie im Zentrum der Aufmerksamkeit stand und dass der übel meinende Diktator ein sehr vertrautes Stirnrunzeln zur Schau stellte, beschloss Perdita, Normalität zu heucheln. »Hey, Janey, Greg. Wie geht es denn so?«
    Greg und Janey nickten steif, sagten aber nichts. Janey sah aus wie ein Kaninchen im Angesicht eines Wiesels. Sie fragte nicht, ob sie den Kessel aufsetzen oder einen Toast machen solle, und sie fing auch nicht an, Perditas Gemüse zu durchstöbern und dabei mit spitzen kleinen Schreien ihr Entsetzen oder ihre Begeisterung zu bekunden. Ihre Augen waren vom Weinen gerötet, aber ob das nun an dem Häufchen fein gewürfelter Zwiebeln auf ihrem Hackbrett lag oder an Enzos Ersatz, konnte Perdita nicht erkennen.
    Greg, der Tellerwäscher und Mann fürs Grobe, hatte sein langes Haar zum Pferdeschwanz zurückgebunden und trug statt eines Stirnbands eine weiße Kochmütze. Nicht ein einziger seiner sexistischen, rassistischen und politisch inkorrekten Witze, die Perdita gegen ihren eigenen Willen immer zum Lachen gebracht hatten, kam heute über seine Lippen.
    Die ganze Küche schien unter einem seltsamen,

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