Ein Tag, zwei Leben (German Edition)
Bescheid.«
Mit » Jungs« meinte sie unsere jeweiligen Freunde. Genauer gesagt Miriams und meinen – Lucy war noch solo, aber dauerhaft und lustvoll in Noah verknallt.
Wir gehörten nicht zu den Football-Jungs oder den Basketball-Jungs. Unsere Schule arbeitete da zum Glück mit flacheren Hierarchien. Wer mithalten konnte und gut aussah in der Clique, in die er geraten war, konnte dort bleiben. Das System war nicht perfekt – wenn man ein Langweiler war, der nicht unter Leute gehen oder sich schick machen konnte, dann war man eben ein Langweiler und das war’s dann auch. Trotzdem gab es beim Mittagessen so etwas wie eine Sitzordnung, und man setzte Prioritäten, mit wem man eine Fahrgemeinschaft bildete – aber es war besser als in den meisten anderen Highschools.
Und eigentlich waren es Leute wie Dex, die das möglich machten.
Er war klug, fleißig, ein großartiger Sportler und er sah klasse aus – egal, was er anhatte. Jeder wollte am liebsten er sein – oder mit ihm ausgehen – und er war zu allen freundlich. Vor ein paar Jahren hatte er angefangen, Partys zu schmeißen und dazu die ganze Klasse einzuladen – nicht nur die coolen Leute – und alle wurden einfach Freunde. Und dann … hatte er sich mich ausgesucht. Wir waren seit zwei Jahren zusammen und das machte total Sinn. Unser sozialer Status ergänzte sich nahtlos.
Als wir drei das Klassenzimmer betraten, entdeckte ich Dex sofort, da er auf seinem üblichen Platz hinten in der Mitte saß. Ich lächelte und nahm neben ihm Platz.
» Hey, Sabine«, sagte er, wobei er sich zu mir herüberlehnte.
» Hey, Dex.«
Er war wirklich ein gut aussehender Kerl – athletisch gebaut, sandfarbenes Haar und ein Schwindel erregendes Lächeln, das er mit einem solchen Selbstbewusstsein präsentierte, dass das ganze Paket noch attraktiver wurde. Das einzige Problem … wenn ich ihn ansah, fühlte ich es einfach nicht. Was immer es war.
Einen Teil davon würde ich nie ganz beheben können. Tatsache war, dass Dex achtzehn geworden war. Sein Leben war bisher glatt verlaufen und der Rest davon würde sich ebenso glücklich entwickeln. Und ich … na ja, wenn es mich nur ein Mal gäbe, wäre das in Ordnung, aber ich war zweimal achtzehn geworden, und mein Leben war … kompliziert. Im Endeffekt würde ich es zwar nie tun, würde nicht einmal davon träumen … Aber falls ich je in Erwägung ziehen würde, jemandem von meiner abgefahrenen Existenz zu erzählen, dann ganz bestimmt nicht Dex.
» Was ist los? Dein Gesicht ist ganz angespannt«, flüsterte Dex und sah mich neugierig an.
Ich zwang meine Stirn dazu, sich zu entspannen, und schob diese Gedanken beiseite. Normalerweise gelang es mir besser, sie in Schach zu halten. » Nichts. Mir ist nur gerade eingefallen, dass ich noch vor heute Abend meine neuen Schuhe in der Stadt abholen muss.« Lügen, Lügen, Lügen.
Dex lächelte und kaufte mir das nur allzu leicht ab. Aus irgendwelchen Gründen machte mich das wütend. Ich wandte meine Aufmerksamkeit von ihm ab und tat so, als würde ich mich auf den Unterricht konzentrieren, damit ich nicht mehr mit ihm reden musste.
Ich hätte mir nicht so viel Zeit einräumen sollen, ins Leere zu starren. Meine Gedanken schweiften jetzt umher, und ich ertappte mich dabei, wie ich meinen nicht gebrochenen Arm anstupste. Und dann ging das mit den Fragen los …
Hatten sich die Regeln geändert?
Nein. Das musste eine einmalige Angelegenheit sein. War es eine einmalige Angelegenheit?
Würde mein Arm gebrochen sein, wenn ich in mein anderes Leben zurückwechselte?
War das ein Störfall, der vielleicht nur einen Tag dauerte?
Vielleicht war mein Arm wieder gebrochen, wenn ich zurückkehrte, und blieb dann so, wenn ich wieder hierherkam, sodass dieser Tag nie je wirklich stattgefunden hätte?
Aber … wenn sich die Regeln tatsächlich ändern konnten, was bedeutete das dann? Gab es eine Möglichkeit …? Ich erlaubte mir nicht, diesen seit langem verbotenen Gedanken zu Ende zu denken.
Ich bekam Kopfschmerzen. Ich versuchte, mich davon abzulenken, indem ich an die Party heute Abend dachte.
Dabei wurde mir richtig elend.
Ich blieb nicht oft bis nach Mitternacht wach – und wenn, dann waren keine anderen Leute bei mir. Aber alle hatten darauf bestanden. Ich war die Einzige, die dieses Jahr keine Party gegeben hatte, und das war die letzte Gelegenheit. Ich würde meinen guten Ruf nicht riskieren, indem ich das nicht durchzog, deshalb hatte ich breit gelächelt und »
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