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Ein Tag, zwei Leben (German Edition)

Ein Tag, zwei Leben (German Edition)

Titel: Ein Tag, zwei Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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er den Kommentar als den Schlag ins Gesicht empfinden würde, als der er gedacht war, und dass er dann aus dem Zimmer stürmen würde, damit ich den Wechsel armseligerweise allein über mich ergehen lassen musste. Zu meiner Überraschung stand er jedoch nicht vom Bett auf, sondern legte sich hinter mich und schlang den Arm um mich, um meinem zitternden Körper Halt zu geben.
    » Ich habe dich durchschaut, Sabine«, murmelte er mir ins Ohr; er zog mich zu sich und sein Duft nach Wintergrün hüllte mich ein. Das Zittern blieb, aber der Grund dafür war jetzt ein ganz anderer.
    Niemand war je so kurz davor gewesen, mich wirklich zu kennen. Wenn jemand durch die verschiedenen Schichten die echte Version meiner Selbst erkennen konnte, die nicht einmal ich selbst kannte, dann war es Ethan.
    » Ich bin hier. Ich lasse dich nicht los. Solange ich hier bin, verspreche ich dir, dich nicht loszulassen.«
    Mein Herz hämmerte – wegen seiner Worte und seiner Nähe, die Reaktionen meines Körpers lagen im Zwist mit meinem noch immer wütenden und verwirrten Geist.
    » Ethan? Was ist los?«, flüsterte ich.
    Er seufzte, und ich spürte seinen warmen Atem an meinem bloßen Nacken, als würde er nach mir verlangen. » Es gibt Dinge, die ich dir sagen will, Dinge, die du wissen musst. Aber noch nicht jetzt. Bitte, Sabine, versuch, mir zu vertrauen, wenn ich sage, dass du nur an dich selbst denken darfst, wenn du deine Entscheidung triffst. Das ist neulich nicht richtig herausgekommen. Ich habe es nicht so gemeint, wie es geklungen hat.«
    » Es war ziemlich klar.«
    » Warum bin ich dann hier?«
    Ich hatte absolut keine Ahnung.
    » Denk einfach darüber nach. Denk weiterhin über diese Entscheidung nach, die du gerade triffst. Denk über all die Gespräche nach, die wir geführt haben, all die Dinge, die du mir erzählt hast – darüber, wie außergewöhnlich dein Leben ist. In dieser Welt, Sabine. Denk nicht nur darüber nach, wie viel besser alles wäre, wenn du nur deine andere Welt hättest, denk auch daran, was du vermissen würdest, wenn du diese Welt nicht mehr hättest.«
    » Warum, Ethan? Warum ist das so wichtig für dich?«
    » Du sagtest, du wünschst dir jemanden, der dich kennt. Vielleicht wünsche auch ich mir einfach jemanden, der mich kennt. Wenn du nicht mehr in dieser Welt bist, werden die Erinnerungen an jeden Moment, den wir geteilt haben, verschwinden. Wir existieren nur, weil andere uns sehen. Ein Teil meiner Existenz, …«, er schluckte, » … ein wichtiger Teil, existiert nur, weil du hier bist und ihn siehst.«
    Was er da sagte, war … schön. Von weltbewegender, tiefer Schönheit. Und beängstigend. Absolut, vollkommen entsetzlich.
    Ich ertappte mich, dass ich fast lachte, um nicht zu weinen. » Du weißt, dass alle glauben, ich sei verrückt. Sie glauben, Wellesley sei meine Fantasiewelt. Darüber habe ich heute nachgedacht; ich habe gedacht, sie haben vielleicht recht – vielleicht bin ich geistesgestört. Die Sache ist aber: Wer sagt, dass es meine Wellesley-Welt ist, die nicht real ist? Vielleicht ist dieses Leben dasjenige, das nicht existiert.«
    » Willst du mir auf diese Weise sagen, dass ich nur ein Hirngespinst bin?«
    » Vielleicht.«
    » Das ist nicht möglich, Sabine.« Sein Arm legte sich fester um mich. » Wenn ich eine Ausgeburt deiner Fantasie wäre, hättest du mich niemals so erschaffen, wie ich bin, glaub mir.« Ich öffnete den Mund, um meine Zweifel zu äußern, aber bevor ich etwas sagen konnte, fuhr er fort: » Außerdem sind manche Sachen so real, dass man sie tief in seinem Inneren fühlen kann. Es spielt keine Rolle, wohin man geht – sie sind immer dabei. Überall.«
    Ich wusste nicht mehr, was ich glauben sollte. Das alles machte mich so müde. Buchstäblich erschöpft und völlig ermattet. Und Ethan stellte sich gerade als Komplikation heraus, die ich von Tag zu Tag weniger zu verstehen schien.
    » Morgen ist dein Abschlusstag in der anderen Welt, nicht wahr?«
    Der Kloß in meinem Hals hinderte mich am Antworten, aber ich schaffte es, leicht zu nicken.
    » Nicht …« Er hielt inne. » Nicht vergessen, dass du mir die Übersetzung dieser Wörter mitbringen sollst«, murmelte er und erinnerte mich damit daran, dass ich noch immer Beweise für ihn sammeln musste.
    Der Wechsel kam. Mein Magen sackte ab, und ich drehte mich, um ihn anzuschauen, wobei ich mir nicht die Mühe machte, meine Tränen zu verbergen. Einen Augenblick lang dachte ich, er wollte noch etwas sagen,

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