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Ein Tag, zwei Leben

Ein Tag, zwei Leben

Titel: Ein Tag, zwei Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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was würde er tun, wenn ich ihm lieferte, worüber er so leichtfertig Witze gemacht hatte? Zum ersten Mal in meinem Leben wollte ich, dass jemand mir glaubt. Und zwar nicht irgendjemand …
    Ethan.
    Der Gedanke daran, sein Gesicht zu sehen, wenn ich diese Zeilen auf Deutsch sagen würde, entfachte Hoffnung in mir, die ich nie gewagt hatte zu hegen.
    Als ich mich wieder daran erinnerte, wie ich die Dinge in Roxbury zurückgelassen hatte, geriet meine Zuversicht allerdings ins Wanken. All das würde davon abhängen, dass ich … na ja, ich musste noch … am Leben sein.
    Da ich wusste, wie viel Digoxin ich in meinem System hatte, konnte ich nicht sicher sein, was mich heute Nacht nach dem Wechsel erwartete. Hatte ich zu hoch gepokert? War die Dosis zu hoch gewesen? Würde ich überhaupt eine Chance bekommen, Ethan die Wahrheit zu demonstrieren und ihn dazu zu bringen, mir zu glauben?
    » Sabine? Was ist los mit dir? Du siehst aus, als würdest du gleich explodieren«, sagte Mom. Ihr Blick wanderte zu meinen zappelnden Beinen.
    » Ich … ähm … ich muss noch in die Bibliothek, bevor sie zumacht!«, platzte ich heraus. » Es gibt da ein Buch, das ich noch vor dem Abschluss brauche.« Ich zuckte mit den Achseln und schob meinen Stuhl zurück, weil ich wusste, dass ich nicht mehr länger warten konnte. » Es macht dir doch nichts aus, wenn wir uns zu Hause treffen, oder?«
    Ich musste es versuchen. Ich musste einen Weg finden, ihn dazu zu bringen, mir zu glauben. Wenigstens eine Person in meinen Welten musste mich verdammt noch mal kennen, musste die Wahrheit kennen. Irgendjemand musste das.
    Mom ließ die Schultern hängen. Offenbar hatte sie sich mehr erhofft als nur Kaffee. Wahrscheinlich hatte sie sich einen anschließenden Einkaufsbummel ausgemalt. Ich bekam Gewissensbisse, aber ich würde mir diese Gelegenheit auf keinen Fall entgehen lassen. Als Mom seufzte und nickte, beugte ich mich vor und umarmte sie fest. Ich würde das später wiedergutmachen.
    » Danke, Mom«, sagte ich, und dann war ich draußen, auf dem Weg zur Bibliothek in der Stadtmitte – zu einem Beweis für meine verrückte Existenz.
    Es war keine perfekte Übersetzung, aber die Wörter waren da und in Ordnung, und an diesem Abend saß ich im Bett, auf meinem Schoß ein Stück Papier. Ein kleines, zusammengeknülltes Papier, das plötzlich so viel bedeutete.
    Ich war froh, dass ich den Wecker gestellt hatte. Ich hätte nie gedacht, dass ich einschlafen könnte, aber nachdem ich ein mit Klatschgeschichten gespicktes Abendessen über mich hatte ergehen lassen, bei dem Mom und Lyndal jeden einzelnen Skandal in Wellesley durchgekaut hatten, hatte ich mich in mein Zimmer zurückgezogen, und kurz darauf hatte auch schon die Erschöpfung zugeschlagen. Dank meines Weckers wachte ich fünfzehn Minuten vor dem Wechsel auf. Gerade noch genug Zeit, um meinen Text ein letztes Mal durchzugehen.
    Meine Aussprache war nicht gerade brillant, aber das musste reichen.

16 – Roxbury, Dienstag
    Meine Augenlider flatterten. Ich zitterte unkontrollierbar, die Anspannung und Verwirrung des Wechsels trugen zum freien Fall meines Körpers noch bei.
    Ich war wieder in Roxbury.
    Das Zimmer sah gelb aus; der Heiligenschein um das Deckenlicht pulsierte über meinem Kopf.
    Oh Gott. Ich konnte nicht atmen. Meine Brust pumpte so heftig, dafür aber langsam. Sie tat weh. Rufe. Jemand brüllte nach einem Notfallwagen. Nicht gerade ermutigend.
    Ich presste meine Hand zusammen. Jemand hielt sie noch, Gott sei Dank, und spielte meinen Anker. Ethan?
    Noch ein paar Sekunden, bis ich das Bewusstsein verlieren würde.
    » Ethan«, krächzte ich.
    Überall waren Leute.
    Hantierten mit Schläuchen.
    Steckten Nadeln in mich hinein.
    » E-than!«, presste ich hervor.
    Plötzlich war er da, ganz nah an meinem Gesicht.
    » Ich bin hier.« Seine Stimme klang belegt. Angstvoll.
    Jetzt oder nie. » Mein Name … ist Sabine.« Ich musste eine Pause machen, jeder Atemzug war kürzer als der vorangegangene. » Ich habe zwei Lebensunterhalt … und ich mochte … Ethan mussen mir glauben. Bitte, bitte glauben … Sie mir.«
    Jemand rief: » Sie sagt was. Kommt sie zu sich?«
    Aber ich kam nicht zu mir. Ich ging zugrunde.
    Jemand anderes: » Warum spricht sie Deutsch?«
    Eine weitere, noch eindringlichere Stimme: » Wo ist das Digibind?«
    Rennende Schritte, die ins Zimmer kamen. » Wir haben es. Hier, wir haben es!«
    Etwas Kaltes wurde auf meine Brust gepresst. Eine Nadel in meinen Arm.
    » Um

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