Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Tag, zwei Leben

Ein Tag, zwei Leben

Titel: Ein Tag, zwei Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
Vom Netzwerk:
einfach nur an.
    Ich verdrehte die Augen, vergeudete aber nicht viel Zeit, bevor ich weiterhin die Liste auswendig lernte.
    Die Minuten verflogen, aber ich las jede Frage immer wieder. Doch als es nur noch zwei Minuten waren, konnte ich es nicht länger ertragen und ließ die Liste fallen, meine Hände und mein ganzer Körper zitterten.
    Ich wollte mich wirklich nicht vor ihm übergeben. Nicht schon wieder.
    » Ist das normal?«, fragte Ethan; er saß jetzt aufrecht da und betrachtete mich zu eingehend, als dass es noch angenehm gewesen wäre.
    Ich holte tief Luft, um mich vom Erbrechen abzuhalten. » Wenn ich beim Wechsel wach bin, ja«, versuchte ich zu erklären.
    » Ist es unbeabsichtigt?«
    » Es ist Angst, okay?«, fauchte ich verlegen.
    Er hielt den Mund und setzte sich in seinem Sessel zurück.
    Ich schloss die Augen und versuchte, mir innerlich die Fragen noch mal aufzusagen, um mich abzulenken. Nach ein paar Durchgängen wurde mir klar, dass der Wechsel inzwischen hätte vonstattengehen sollen, und ich schlug die Augen auf. Ich war noch immer in der Klinik. Ethan saß noch immer vor mir und beobachtete mich so eindringlich wie immer.
    Shit.
    Ich sah auf die Uhr. Null Uhr vier. Wie kann …?
    Wieder blickte ich Ethan an. Sein Gesichtsausdruck war fasziniert und … nervös.
    Wieder sah ich auf die Uhr. Null Uhr fünf.
    » Und?«, sagte er lässig. » Hast du meine Antworten?«
    Ich war total verwirrt. Das war noch nie zuvor geschehen. Oh, mein Gott, was bedeutete das? Was zum Teufel passierte mit mir?
    Ich sah wieder auf die Uhr. Die Uhr, die Ethan mir gerade gebracht hatte. Plötzlich machte es Klick und ich funkelte ihn an.
    » Du Mistkerl!«
    » Wie bitte?«, erwiderte er und stellte sich dumm.
    » Oh, du hast mich schon richtig verstanden. Du hast die Uhr verstellt! Es ist noch gar nicht Mitternacht! Du hast mich ausgetrickst!«
    Seine Augen wurden groß, aber er versuchte es zu verbergen, indem er einen auf misstrauisch machte. » Woher weißt du das?«
    » Weil ich verdammt noch mal nicht den Wechsel vollzogen habe! Wie lange noch?«, kreischte ich, denn zu diesem Zeitpunkt war es mir gleichgültig, ob er mir glaubte oder nicht, das war mir völlig egal. Was mir nicht egal war, das war die verdammte Zeit! » Wie lange noch, verdammt noch mal? Glaubst du, das ist ein Spiel? Mein Leben ? Hast du irgendeine Ahnung, wie schrecklich es ist, sich für den Wechsel bereit zu machen? Shit! Wie spät ist es?« Ich war völlig atemlos, raufte mir die Haare, versuchte, die Kontrolle über mich zu behalten, und scheiterte.
    Ethan sah erschrocken aus über meinen Ausbruch. » Okay, okay. Es tut mir leid. Das war ein mieser Trick. Ich … ich dachte nur, es könnte helfen.«
    Ich verstummte und starrte ihn kalt an; dann sagte ich leise und ruhig: » Ethan. Wie. Spät. Ist. Es?«
    Er zog eine Uhr aus seiner Tasche. Sein Gesicht war leer, als er wieder in meine Richtung schaute.
    » Sabine, ich … es …«
    Aber es war zu spät. Es war Mitternacht.

18 – Wellesley, Dienstag
    In dem Moment, in dem ich nach Wellesley überwechselte, strömten mir Tränen übers Gesicht. Die Übelkeit, die mich immer befiel, wenn ich beim Wechsel wach war, trat hinter der überwältigenden Trauer zurück.
    Der Verrat.
    Ich zog mein Kissen an die Brust und vergrub mein Gesicht darin, um die abgehackten Schluchzer zu dämpfen.
    Warum ich? Wie konnte mich Ethan nur so austricksen?
    Ich zitterte am ganzen Körper, als ich über die grausame Wirklichkeit nachdachte. Meine verrückte Existenz war schon schlimm genug, doch die Einsamkeit, die mich ständig quälte, war noch viel schlimmer. Ich hatte gedacht, es gäbe Hoffnung. Dass ich Ethan vielleicht dazu bringen konnte, mir zu glauben.
    Aber das würde nicht passieren.
    Er wollte mir nicht glauben. Er wollte mich widerlegen . So dumm würde ich nicht noch einmal sein.
    Endlich gelang es mir, mich zu beruhigen; ich wusste, dass ich riskieren würde, Mom aufzuwecken, wenn ich jetzt komplett hysterisch würde. Doch die Leere blieb, auch nachdem die Tränen versiegt waren. Ich rutschte tiefer in die Seidenbettwäsche, rollte mich um mein Kissen herum ein und versuchte zu schlafen. Doch vergeblich. Selbst nach dem, was er mir angetan hatte, konnte ich nicht aufhören, an Ethan zu denken.
    Warum war es auf einmal so verdammt wichtig geworden, dass er mir glaubte? Vor allem wo meine Zukunft in jener Welt immer … unwahrscheinlicher wurde.
    Bei dem Gedanken daran schnappte ich nach Luft.
    Na

Weitere Kostenlose Bücher