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Ein Tag, zwei Leben

Ein Tag, zwei Leben

Titel: Ein Tag, zwei Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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gelaufen war, ganz zu schweigen von der Art und Weise, wie ich für Mom und Dad empfand, hatte ich es gar nicht mehr als Zuhause betrachtet. Doch Dads Besuch heute hatte das ein wenig geändert.
    Eigentlich ziemlich.
    Vielleicht weil ich wusste, dass das Ende nah war. Ich hatte es so sehr gewollt – meine Chance, normal zu sein. Aber Ethans ganzes Gerede über den Preis, den ich würde zahlen müssen, um es zu erreichen … nicht alles davon war Schwachsinn. Wenigstens wollte ich eine Art Frieden mit diesem Leben schließen, bevor ich mich davon verabschiedete.
    Das Haus lag still da. Die Lichter waren aus. Ich schaute auf die Uhr – kurz vor elf. Ich hatte keine Zeit zu vergeuden, wenn ich bis Mitternacht alles erledigt haben und wieder zurück sein wollte.
    Wir kletterten auf den Baum und Capri half mir gefährlich balancierend, das Fenster zu meinem Zimmer aufzuhebeln. Wieder war ich dankbar, dass sie und Davis es auf sich genommen hatten, dieses kleine Problem zu lösen. Da Mom und Dad nichts von ihrem Eindringen mitbekommen hatten, hatten sie auch nicht wieder den Riegel vorgeschoben.
    Wir ließen uns beide in mein Zimmer gleiten, wobei wir gegen Dinge stießen und zu laut waren. Glücklicherweise schien sich niemand zu rühren.
    » Bleib hier«, flüsterte ich Capri zu. » Ich bin gleich wieder da. Wenn jemand reinkommt, haust du am besten ab.«
    Sie nickte. Capri war ein Profi in solchen Sachen. Sie würde nicht zögern, sich von mir zu trennen, wenn es sein musste.
    Ich schlich die Treppe hinunter in die Küche, wobei ich die knarrenden Stellen am Fußboden mied. Das Haus kam mir jetzt so fremd vor. Es war seltsam – ich war erst so kurze Zeit weg, und schon fühlte ich mich, als würde ich gar nicht mehr hierher gehören. Hatte ich das je? Ich biss mir auf die Lippen und unterdrückte diesen schwelenden Gedanken.
    Ich brauchte eine Weile, doch nachdem ich ein paar Schubladen sorgfältig durchsucht hatte, knackte ich endlich den Jackpot, als ich Dads Mantel über einem der Küchenstühle hängen sah. Ich schnappte mir die Schlüssel für den Laden, nahm sie fest in die Hand, damit sie nicht klirrten, und ging zurück in mein Zimmer.
    Auf Maddie zu stoßen war dabei nicht Teil meines Plans gewesen. Doch als ich an ihrem Zimmer vorbeikam, ging die Tür auf und sie sah mich, noch im Halbschlaf, an. » Binie, du bist zu Hause. Ich habe dich so vermisst.« Sie rieb sich die Augen. » Kannst du mich ins Bad bringen?«
    Etwas in mir schmolz dahin, als ich sie nur sah, und bevor ich wusste, was ich tat, umarmte ich sie fest und trug sie ins Badezimmer. Auf dem Rückweg lag ihr Kopf an meiner Schulter. » Gehst du weg, Binie?«, fragte sie.
    Ich brachte sie in ihr Zimmer und legte sie behutsam aufs Bett. » Warum glaubst du das, Kleines?«
    Schüchtern zuckte sie mit den Achseln. » Ich habe geträumt, dass du woanders hingehen musst. Du warst so traurig. Du wolltest dich nicht von mir verabschieden, aber du musstest.«
    Oh, Gott. Passierte das jetzt wirklich?
    » Hey, du weißt, wie sehr ich dich lieb habe. Es spielt keine Rolle, was passiert, ich werde immer bei dir sein, auch wenn … auch wenn ich nicht in echt da sein kann. Weißt du, was ich meine?«
    » Ich glaube schon.« Sie gähnte.
    Ich strich ihr die Haare aus dem Gesicht und sie kuschelte sich in ihre Decken. » Das Leben ist kostbar, Maddie. Denk immer daran.« Die Ironie, dass ich in diesem Moment Ethans Gedanken aussprach, entging mir nicht. Dafür hasste ich ihn ein wenig.
    » Du bist nicht wie alle anderen, Binie. Ich werde dich immer lieben. Hast du meine Häschen noch?«
    Ich unterdrückte meine Tränen und nickte. » Natürlich habe ich deine Häschen.« Ich zeigte auf meinem Gips. » Sie werden immer bei mir sein, genau wie du. Ich liebe dich auch, Mads. Verrate niemandem, dass du mich gesehen hast, okay?«
    Sie nickte und war schon am Einschlafen. Am Morgen würde sie es wahrscheinlich für einen Traum halten. Vielleicht war es so am besten. Ich küsste sie auf die Stirn.
    Capri hatte auf mich gewartet, auch wenn sie Maddie gehört hatte. Sie war nicht glücklich darüber, dass ich sie im Dunkeln tappen ließ, aber sie fuhr mich trotzdem zu meinem nächsten Ziel und wartete auf mich, während ich Moms und Dads Laden aufschloss und die Sachen einsammelte, die ich brauchte. Es würde ein schrecklicher Cocktail werden – einer der todsicher nicht versagen würde. In Anbetracht der Tatsache, dass Macie heute eine Stichprobe bei mir gemacht

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