Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Titel: Ein Totenhemd fur einen Erzbischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
kunstvoll gestalteter Brunnen plätscherte, und danach in einen Vorraum, wo zwei weitere Soldaten Wache standen. Der Offizier blieb stehen und klopfte leise an die Tür.
    Auf einen Zuruf von innen stieß der junge Mann die Tür auf und schob Fidelma hinein. «Fidelma von Kildare!» verkündete er und schloß die Tür hinter ihr.
    Fidelma blieb stehen und sah sich um.
    Sie befand sich in einem großen, mit dicken Wandteppichen geschmückten Zimmer, das jedoch längst nicht so prunkvoll ausgestattet war wie der große Saal, in dem sie tags zuvor mit Bischof Gelasius gesprochen hatte. Die Möblierung war spärlich und zweckmäßig. Das officium war gut beleuchtet. Ein gedrungener Mann mit kurzgeschnittenem, stahlgrauem Haar und ausgeprägtem Kinn trat auf sie zu, um sie zu begrüßen. Offenbar handelte es sich um einen Offizier, der aber weder Rüstung noch Waffen trug.
    «Fidelma von Kildare?» In seiner Stimme lag keinerlei Feindseligkeit, ja, der Mann wirkte eher ängstlich. Als Fidelma argwöhnisch nickte, fuhr er fort: «Ich bin superista Marinus und befehlige die Soldaten im Lateranpalast.»
    Er deutete auf einen großen Kamin, in dem ein loderndes Feuer die frische Morgenluft erwärmte. Davor standen zwei Stühle. Er bot ihr den einen an und nahm auf dem anderen Platz.
    «Gewiß fragt Ihr Euch, warum ich Euch zu mir bringen ließ?»
    «Wie alle Menschen bin ich von Natur aus neugierig, superista », antwortete sie mit einem vorsichtigen Lächeln. «Aber ich bin sicher, Ihr werdet mir zum angemessenen Zeitpunkt den Grund erläutern.»
    Marinus lächelte ebenfalls, wurde jedoch sofort wieder ernst. Eindeutig bedrückte ihn etwas. «Ganz recht. Es hat sich ein Problem ergeben, das den Lateranpalast, ja, den Heiligen Stuhl selbst betrifft.»
    Fidelma lehnte sich abwartend zurück.
    «Möglicherweise steht dabei sehr viel auf dem Spiel: die Würde des Pontifikats und die Sicherheit der sächsischen Königreiche. Vielleicht droht sogar ein Krieg zwischen Iren, Sachsen und Briten.»
    Bestürzt sah Fidelma den superista an.
    «Ehe ich dies näher erläutern kann, muß ich Euch allerdings ein paar Fragen stellen …»
    Er zögerte und schwieg.
    «Nämlich?» hakte Fidelma nach einer Weile nach.
    «Könnt Ihr mir sagen, wo Ihr heute gegen Mitternacht wart?»
    «Aber natürlich», antwortete Fidelma prompt. «Ich habe gemeinsam mit Bruder Eadulf, dem scriptor des zukünftigen Erzbischofs von Canterbury, die Messe zum Gedenken des heiligen Aidán von Lindisfarne besucht. Gestern war Aidáns Todestag. Die Messe wurde in der Kirche der Heiligen Maria vom Schnee am Esquilin gehalten.»
    Marinus nickte, als habe er die Antwort schon vorher gekannt.
    «Ihr antwortet mit großer Genauigkeit, Fidelma von Kildare.»
    «In meiner Heimat bin ich Advokatin an den Brehon-Gerichten. Genauigkeit ist eine wichtige Voraussetzung meines Berufs.»
    Wieder nickte der superista so beiläufig, als habe er auch diese Antwort vorausgesehen.
    «Und wie kommt es, daß Iren und Sachsen gemeinsam an einer Messe für Aidán von Lindisfarne teilnehmen, Schwester?»
    «Weil Aidán ein irischer Mönch war, der das Königreich Northumbrien zum Glauben bekehrte und daher von den Iren und Sachsen gleichermaßen verehrt wird.»
    «Die Messe begann …?»
    «Genau um Mitternacht.»
    «Und vorher, Schwester, wo habt Ihr und Bruder Eadulf Euch vorher aufgehalten?» Marinus sah sie mit großen Augen fragend an.
    Fidelma blinzelte.
    «Wir haben uns einer Gruppe von Pilgern angeschlossen und das Colosseum besichtigt, in dem zur Zeit der heidnischen römischen Kaiser so viele unserer Brüder und Schwestern für ihren Glauben gestorben sind. Anschließend haben wir noch einige andere heilige Stätten besucht und sind dann zur Mitternachtsmesse gegangen. Alles in allem müssen wir etwa ein Dutzend Pilger gewesen sein: drei Mönche aus Northumbrien, Bruder Eadulf und zwei Schwestern und vier Brüder aus Columbans Kloster in Bobbio. Außerdem waren noch zwei Gäste aus meiner Herberge in der Nähe des Passede-Oratoriums dabei.»
    Marinus nickte ungeduldig. «Und Ihr wart bis nach Mitternacht mit Bruder Eadulf zusammen?»
    «Das sagte ich Euch bereits, superista. »
    «Kennt Ihr einen irischen Mönch namens Ronan Ragallach?»
    Fidelma schüttelte den Kopf. «Diesen Namen habe ich noch nie gehört. Warum fragt ihr? Vielleicht könnt Ihr mir jetzt erklären, was Euch bewogen hat, mich in den Lateranpalast zu rufen?»
    Marinus seufzte tief, als müsse er erst seine Gedanken

Weitere Kostenlose Bücher