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Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Titel: Ein Totenhemd fur einen Erzbischof Kostenlos Bücher Online Lesen
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Mönch getötet worden. Die Sachsen werden aufgebracht sein. Und Irland wird sagen, nach der Niederlage in Witebia sei dies eine allzu durchsichtige Erklärung, ja, in Wirklichkeit nur ein geschickter Schachzug, um die keltische Kirche weiter in Mißkredit zu bringen. Möglicherweise werden sich die Sachsen gegen alle irischen Geistlichen stellen, die noch in ihren Königreichen weilen. Bestenfalls werden sie alle Iren aus dem Land jagen, schlimmstenfalls …» Er ließ den Satz unvollendet. «Vielleicht wird es sogar zum offenen Krieg kommen. Es sind verschiedene Möglichkeiten denkbar, und keine davon wäre besonders angenehm.»
    Aufmerksam betrachtete Schwester Fidelma das besorgte Gesicht des Bischofs. Bisher hatte sie Gelasius als ruhigen, gesetzten Mann gesehen, noch nicht alt, aber sicherlich alt genug, um in jedem Wandel eine Verschlechterung zu sehen. Erst jetzt bemerkte sie eine Tatkraft, eine Entschlossenheit und eine innere Betroffenheit, wie man sie eigentlich nur bei jungen Menschen erwartete. Gelasius war ein energischer Mann, bar all der Sanftmut, Geduld und Bescheidenheit, die man sonst mit dem Alter verbindet.
    «Was Ihr sagt, klingt einleuchtend, bezieht sich aber, wie Ihr selbst sagt, doch nur auf ‹denkbare Möglichkeiten›», bemerkte sie.
    «Rom liegt viel daran, diesen Möglichkeiten einen Riegel vorzuschieben, ehe sie überhaupt denkbar werden. Wir haben schon zu viele verlustreiche Kriege zwischen Christen erlebt. Wir müssen dringend dafür sorgen, daß die Christenheit sich enger zusammenschließt, vor allem jetzt, da die Anhänger Mohammeds im gesamten Mittelmeer ihr Unwesen treiben, unseren Handel bedrohen und unsere Häfen verwüsten. Eine gesetzeskundige Irin und einen sächsischen Friedensrichter, die sich in einer ähnlich schwierigen Angelegenheit in Witebia einen hervorragenden Ruf erworben haben, mit der Untersuchung des Falles zu betrauen, stellt in unseren Augen den besten Weg dar, mögliche Feindseligkeiten zu verhindern. Wir möchten, daß Ihr beide zu einem einmütigen Urteil über die Hintergründe kommt, denn wer würde einen von Euch schon der Voreingenommenheit beschuldigen? Würden wir vom Heiligen Stuhl aus eine Aussage über den Mörder Wighards treffen, hieße es dagegen sicher schnell, es wäre nur zu unserem eigenen Vorteil, einen unserer Gegner der Tat zu bezichtigen.»
    Allmählich erahnte Fidelma Gelasius’ Gedankengänge. Hier offenbarte sich der scharfe Geist eines Mannes, der als Politiker und Kirchenmann gleichermaßen erfolgreich war.
    «Hat dieser Ronan Ragallach eigentlich den Mord gestanden?»
    «Nein», räumte Gelasius ein. «Aber die Beweislast ist erdrückend.»
    «Um weitere Spannungen zu vermeiden, wollt Ihr also allgemein verkünden können, Eadulf von Canterbury und Fidelma von Kildare hätten den Mord an Wighard gemeinsam aufgeklärt und seien zu einem einmütigen Urteil gelangt?»
    «Genau das ist unser Ziel», sagte Gelasius.
    Fidelma wandte sich an Eadulf, der leicht das Gesicht verzog. «Seid Ihr mit diesem Plan einverstanden?»
    «Ich war dabei, als Ihr den Mord an Äbtissin Étain aufgeklärt habt. Ich habe mich bereit erklärt, Euch auch bei der Aufklärung von Wighards Tod nach Kräften zur Seite zu stehen, um ein Blutvergießen zwischen unseren Völkern zu verhindern.»
    «Also, was meint Ihr, Fidelma von Kildare, werdet Ihr die Aufgabe übernehmen?» drängte Gelasius.
    Fidelma sah in Gelasius’ hageres, adlernasiges Gesicht. Auch diesmal glaubte sie, in den dunklen Augen des Bischofs Angst zu erkennen. Nachdenklich fragte sie sich, ob sie tatsächlich nur in der Furcht vor einem bewaffneten Kampf am nordwestlichen Ende der Welt begründet war. Doch sie hatte keine andere Wahl. Sie neigte den Kopf. «Also gut. Aber es gibt Bedingungen.»
    «Bedingungen?» Marinus musterte sie argwöhnisch.
    «Welche?» wollte Gelasius wissen.
    «Ganz einfache. Der ersten habt Ihr bereits zugestimmt, nämlich daß Bruder Eadulf in dieser Untersuchung als mein gleichberechtigter Partner gilt und wir alle Entscheidungen einmütig treffen. Die zweite Bedingung ist, daß wir bei unseren Ermittlungen freie Hand bekommen. Wir brauchen die Erlaubnis, jeden zu befragen, dessen Aussage wichtig ist, selbst wenn wir den Heiligen Vater höchstpersönlich behelligen müßten. Es darf für keinen von uns irgendwelche Beschränkungen geben.»
    Auf Gelasius’ Gesicht erschien ein nachsichtiges Lächeln. «Aber Ihr wißt doch sicherlich, daß einige dem Heiligen

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