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Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Titel: Ein Totenhemd fur einen Erzbischof Kostenlos Bücher Online Lesen
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völlig verwirrten jungen Offizier, eilte Fidelma hinaus.
    «Wie lauten Eure Befehle, Schwester?» fragte der Soldat, als sie in den Innenhof traten. Am Himmel zeigte sich das erste Morgengrauen, und die Vögel übertönten mit ihrem Gezwitscher fast das Plätschern des Brunnens.
    Fidelma blieb stehen, um den jungen Mann, der sie so rüde aus dem Schlaf gerissen hatte, aufmerksam zu betrachten. Auch bei Tageslicht strahlte er eine gewisse Überheblichkeit aus. In der prächtigen Uniform der Lateranwache machte er eine gute Figur: jeder Zoll ein römischer Edelmann. Fidelma lächelte breit.
    «Wie heißt Ihr?»
    «Furius Licinius.»
    «Und Ihr stammt zweifellos aus einer uralten römischen Patrizierfamilie.»
    «Natürlich, ja.» Der junge Mann runzelte die Stirn. Er wußte ihren leicht spöttischen Unterton nicht zu deuten.
    Fidelma seufzte. «Das ist gut. Vielleicht werde ich jemanden brauchen, der mir, was die Sitten in der Stadt und im Lateranpalast angeht, beratend zur Seite steht. Wir haben den Auftrag, den Mord an Wighard von Canterbury aufzuklären, der in einer Woche vom Heiligen Vater zum neuen Erzbischof geweiht werden sollte.»
    «Aber er wurde doch von einem irischen Mönch ermordet.» Der junge Mann sah sie verwirrt an.
    «Das müssen wir erst noch herausfinden», erwiderte Fidelma scharf. «Ihr habt also von dem Mord gehört?»
    Der junge Mann zuckte die Achseln. «Die meisten custodes wissen davon. Aber ich bin sicher, daß der irische Mönch schuldig ist.»
    «Wieso das?»
    «Ich hatte Dienst im Wachzimmer, als mein Kamerad, decurion Marcus Narses, mit dem irischen Mönch hereinkam. Man hatte gerade Wighards Leichnam entdeckt und diesen Ronan Ragallach in unmittelbarer Nähe seiner Gemächer aufgegriffen.»
    «Normalerweise würde man das ein Indiz nennen», entgegnete Fidelma. «Und doch behauptet Ihr, daß Ihr Euch sicher seid. Warum?»
    «Vor zwei Nächten war ich zum Wachdienst im Innenhof vor dem Gästehaus eingeteilt, wo auch Wighard und sein Gefolge untergebracht waren. Gegen Mitternacht hörte ich jemanden durch den Hof schleichen. Ich verfolgte ihn und traf schließlich auf den irischen Mönch, der heftig bestritt, sich in der Nähe des domus hospitale aufgehalten zu haben. Nicht nur in dieser Hinsicht hat er mich belogen. Er hat mir auch einen falschen Namen genannt: Bruder ‹Eien-Dina›.»
    «Bruder Aon Duine?» verbesserte Fidelma seine Aussprache. Als der tesserarius nickte, wandte sie sich ab, um ihr Grinsen zu verbergen. Auch Eadulf, der die irische Sprache beherrschte, verstand den Witz, der dem jungen Offizier verborgen geblieben war.
    «Ich verstehe», sagte sie ernst, nachdem sie sich wieder gefaßt hatte. «Er hat sich Euch gegenüber als ‹Bruder Niemand› ausgegeben, denn das bedeuten diese Worte in meiner Sprache. Was noch?»
    «Er behauptete, aus seiner Studierstube gekommen zu sein, was sich später als falsch erwies …»
    «Als ebenso falsch wie sein Name?» fragte Eadulf mit lächelnder Unschuldsmiene.
    «Als mir klar wurde, daß er mich belogen hatte, war er längst über alle Berge. Deshalb bin ich davon überzeugt, daß er schuldig ist.»
    «Schuldig vielleicht … aber welchen Verbrechens?» gab Fidelma zurück. «Ob er des Mordes überführt werden kann, müssen wir erst noch sehen. Aber das können wir später mit diesem Ronan Ragallach selbst besprechen. Kommt, Furius Licinius, führt mich zu dem Medikus, der Wighards Leichnam untersucht hat.»
     

V
     
    Cornelius von Alexandria, Leibchirurgus Seiner Heiligkeit, des Bischofs von Rom, war ein kleiner, dunkelhäutiger Grieche mit Knollennase und schmalen Lippen. Der schwarzblaue Schatten auf seinem Kinn ließ auf einen starken Bartwuchs schließen. Die dunklen, durchdringenden Augen fragend auf die Eindringlinge gerichtet, erhob er sich mißmutig, als Furius Licinius, gefolgt von Fidelma und Eadulf, seine Gemächer betrat.
    «Was gibt es, tesserarius ?» Sein Tonfall machte aus seinem Ärger über die Störung kein Hehl.
    «Seid Ihr Cornelius, der Medikus?» fragte Fidelma in fließendem Griechisch. Erst im nachhinein fiel ihr ein, daß Bruder Eadulf diese Sprache nicht so gut beherrschte, und wiederholte ihre Frage noch einmal auf Latein.
    Der Grieche aus Alexandria musterte sie mit argwöhnischem Blick. «Ich bin der Leibchirurgus Vitalians», bestätigte er. «Und wer seid Ihr?»
    «Ich bin Fidelma von Kildare, und dies ist Bruder Eadulf von Canterbury. Bischof Gelasius hat uns beauftragt, die Umstände von

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