Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Titel: Ein Totenhemd fur einen Erzbischof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
den jungen decurion.
    «Sprecht weiter», forderte sie Marcus Narses auf.
    «Es lag auf der Hand, daß der Erzbischof mit der Schnur erdrosselt worden war.»
    «Und was ging Euch als erstes durch den Kopf, als Ihr wußtet, daß Wighard nicht mehr lebte?»
    Marcus Narses hielt inne, um über die Frage nachzudenken, dann sagte er: «Daß der Mann, den ich durch den Korridor hatte forteilen sehen, der Mörder gewesen sein könnte.»
    «Und was war mit der leeren Truhe? Ist Euch dazu irgendein Gedanke gekommen?»
    «Ich dachte, daß der Erzbischof möglicherweise einen Dieb überrascht hatte und deshalb sterben mußte.»
    «Und der Mann, den Ihr forteilen saht – trug der einen Sack oder irgendein anderes Behältnis, mit dem man sperrige Gegenstände wegschaffen kann?»
    Zögernd schüttelte der custos den Kopf. «Das weiß ich nicht mehr.»
    «Kommt schon, decurion . Bisher habt Ihr Euch doch sehr genau erinnern können», hakte Fidelma nach. «Warum sollte Euch das entfallen sein?»
    Bei ihrem unerwartet streitlustigen Tonfall zuckte der decurion zusammen.
    «Dann muß ich wohl sagen, daß ich bei ihm keinen Sack und auch keine Tasche gesehen habe.»
    «Aha. Und die Leiche war kalt, als Ihr sie berührtet. Habt Ihr daraus irgendwelche Schlüsse gezogen?»
    «Nein. Nur, daß der Mann tot war.»
    «Verstehe. Sprecht weiter. Was habt Ihr als nächstes getan?»
    «Ich habe nach meinen Männern gerufen und bin der Gestalt über die andere Treppe nach unten gefolgt.»
    «Wohin, sagtet Ihr, führt diese Treppe am anderen Ende des Korridors?»
    «Zu einem zweiten Innenhof auf der Rückseite des Gebäudes. Das Glück wollte es, daß zwei Soldaten meiner decuria gerade dort waren und den flüchtigen Bruder sahen. Sie befahlen ihm stehenzubleiben, und er gehorchte.»
    «Einfach so?» Fidelma war überrascht.
    «Er hatte kaum eine andere Wahl, schließlich standen ihm zwei bewaffnete custodes gegenüber», antwortete der decurion grinsend. «Sie fragten ihn nach seinem Namen und was er um diese Uhrzeit dort zu suchen habe. Er sagte, er sei ‹Bruder Ayn-Dina›, und hatte sie fast schon überredet, ihn laufen zu lassen, als sie mich rufen hörten. Sie hielten ihn solange fest, bis ich bei ihnen war. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.»
    «Sie hielten ihn fest?» fragte Eadulf. «Soll das heißen, daß er versuchte zu fliehen?»
    «Anfangs ja.»
    «Ah.» Eadulf lächelte triumphierend. «Nicht gerade das Verhalten eines unschuldigen Mannes.»
    Fidelma ging nicht darauf ein. «Habt Ihr den Bruder gefragt, was er in der Nähe der Gemächer des zukünftigen Erzbischofs zu suchen hatte?» wollte sie von dem decurion wissen.
    Der junge Soldat grinste höhnisch. «Er hätte wohl kaum zugegeben, den zukünftigen Erzbischof ermordet zu haben!»
    «Habt Ihr ihn gefragt?» Fidelma ließ nicht locker.
    «Ich sagte ihm, ich hätte ihn aus den Gemächern fliehen sehen, in denen der zukünftige Erzbischof von Canterbury ermordet wurde. Er stritt ab, irgend etwas mit dem Mord zu tun zu haben. Ich führte ihn ab, schloß ihn im Wachhaus ein und erstattete sofort Bericht beim superista . Marinus kam, um Bruder Ronan persönlich zu verhören, doch er leugnete beharrlich. Und das ist auch schon alles, was ich zu berichten habe.»
    Fidelma rieb sich nachdenklich die Nasenwurzel. «Und doch entsprach das, was Ihr dem Bruder sagtet, nicht der Wahrheit», sagte sie mit betont sanfter Stimme.
    Der decurion sah sie fragend an.
    «Ich meine, in Wahrheit habt Ihr ihn nicht aus den Gemächern des Erzbischofs fliehen sehen. Jedenfalls erzähltet Ihr uns vorhin, Ihr hättet ihn am anderen Ende des Korridors zum ersten Mal entdeckt. War es nicht so?»
    «Wenn man es sehr genau nimmt. Aber es ist doch klar …»
    «Ein Zeuge muß es sehr genau nehmen und darf keine eigenen Schlüsse ziehen. Das ist einzig und allein die Aufgabe des Richters», ermahnt ihn Fidelma. «Ihr sagtet, Eure Männer hätten Bruder Ronan in dem Moment angesprochen, als er aus dem domus hospitale kam?»
    «Richtig», antwortete Marcus Narses in gekränktem Ton.
    «Trug er irgend etwas bei sich?»
    «Nein, nichts.»
    «Und hat es anschließend eine Suche nach den fehlenden Gegenständen aus Wighards Truhe gegeben? Wir wissen, daß viele Wertgegenstände gestohlen wurden, und bisher wurde stets angenommen, Wighards Mörder habe auch seine Schätze geraubt. Aber Ihr habt Bruder Ronan Ragallach nichts den Korridor hinuntertragen sehen, und eben habt Ihr bestätigt, daß er auch bei seiner

Weitere Kostenlose Bücher