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Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

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Festnahme nichts bei sich trug.»
    Der decurion schwieg. Fidelma lächelte ihn freundlich an.
    «Ist nach den vermißten Gegenständen gesucht worden?» fragte sie ruhig.
    «Natürlich haben wir alles darangesetzt, die Diebesbeute zu finden», antwortete Marcus Narses. «Wir haben die gesamte Umgebung und seinen Fluchtweg durchkämmt.»
    «Und nichts entdeckt?»
    «Nicht das geringste. Marinus befahl, auch Bruder Ronans Räume im munera peregrinitatis und seine Unterkunft zu durchsuchen.»
    «Aber auch dort seid Ihr nicht fündig geworden?» fragte Fidelma in einem Tonfall, der verriet, daß sie die Antwort bereits ahnte.
    «Nein, nichts», bestätigte Marcus Narses mißmutig.
    «Und dieses Zimmer hier, wurde das auch durchsucht?» fragte Fidelma mit Unschuldsmiene.
    Furius Licinius und Marcus Narses wechselten verächtliche Blicke.
    «Der Dieb hätte die Sachen wohl kaum in dem gleichen Zimmer versteckt, aus dem er sie gestohlen hat», versetzte der decurion.
    Ohne ein Wort zu sagen, ging Fidelma zum Bett des Erzbischofs und kniete an der Stelle nieder, an der Marcus Narses’ Schwert die Überdecke leicht angehoben hatte. Vor ihren erstaunten Augen griff sie unters Bett und zog einen Stab, ein Paar Ledersandalen, ein schweres, ledergebundenes Buch und einen aufgerollten Wandbehang hervor. Dann stand sie auf und sah sie lächelnd an.
    Eadulf grinste hinter vorgehaltener Hand über die verdutzten Gesichter der beiden Soldaten.
    «Ich nehme doch stark an, daß dies einige der fehlenden Gegenstände sind: Augustins Sandalen und Bischofsstab, das Lukasevangelium aus Lindisfarne sowie der Wandbehang der Hofdamen aus Kent.»
    Eadulf trat vor, um sich die Sachen näher anzusehen. «Es gibt keinen Zweifel, daß dies einige der Gegenstände sind, die Wighard von Canterbury dem Heiligen Vater überbringen wollte», bestätigte er.
    Wie ein Faustkämpfer, der sich von einem schweren Schlag erholen muß, schüttelte Licinius den Kopf.
    «Aber wie …?» begann er.
    «Es hat eben niemand gründlich genug danach gesucht», sagte Fidelma gelassen. Sie konnte nicht umhin, sich an der Verlegenheit der Soldaten zu weiden. «Wer auch immer Wighards Schatz geplündert hat, war nur an den Sachen interessiert, die sich in klingende Münze verwandeln ließen, alles andere war für ihn ohne jeden Wert.» Fidelma wandte sich an Bruder Eadulf. «Bedenkt man, was Ihr vorhin über den unschätzbaren Wert der Reliquien für die Anhänger Canterburys sagtet, spricht alles dafür, daß der Dieb es nicht darauf abgesehen hatte, Canterbury zu schaden.»
    Eadulf verzog das Gesicht. Offenbar war er alles andere als überzeugt. Lächelnd wandte er sich an die beiden custodes und sagte in liebenswürdigem Ton: «Vielleicht sollte der decurion Marcus Narses eine weitere, gründliche Durchsuchung aller Zimmer auf diesem Stockwerk veranlassen?»
    Marcus Narses murmelte etwas, das Fidelma kurzerhand als Zustimmung zu deuten beschloß.
    «Gut. Und während Marcus Narses damit beschäftigt ist, kann Furius Licinius uns zu Bruder Ronan führen.»
    «Ich denke auch, das wäre der nächste logische Schritt», stimmte ihr Eadulf zu.
    «Zumindest», lächelte Fidelma verschmitzt, «können wir Bischof Gelasius berichten, daß nicht alle Schätze aus Wighards Truhe spurlos verschwunden sind.»
    Sie wollten gerade gehen, als plötzlich die Tür aufschwang und ein sichtlich erregter superista auf der Schwelle erschien. Sein Gesicht war dunkelrot, und er keuchte vom Laufen. Unruhig schoß sein Blick im Zimmer hin und her, bis er Schwester Fidelma entdeckte.
    «Gerade habe ich aus dem Wachhaus gehört, daß Bruder Ronan Ragallach aus seiner Zelle ausgebrochen und nirgendwo zu finden ist. Unser Mörder ist spurlos verschwunden.»
     

VI
     
    Die letzten Töne des Gesangs brachen sich an der großen Kuppeldecke der runden St.-Johannes-Basilika. Mächtige orientalische Granitsäulen ragten zu beiden Seiten des kurzen Mittelschiffs auf, darüber kündeten farbenfrohe Fresken von verschiedenen Szenen aus der Heiligen Schrift. Der Geruch von Weihrauch und Bienenwachskerzen lag schwer in der drückenden Luft. Kostbarer Marmor und grauer Granit prägten das Innere der prächtigen Kirche, deren Hochaltar von einem bunten Mosaik aus Halbedelsteinen umgeben war. Vom Hauptraum unter der großen Kuppel zweigten mehrere kleine Kapellen ab, deren Schlichtheit zu der Pracht des Hochaltars in einem seltsamen Gegensatz stand. Hier befanden sich auch einige der bemerkenswert

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