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Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Titel: Ein Totenhemd fur einen Erzbischof Kostenlos Bücher Online Lesen
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Étain hatte ihn mehr als beeindruckt. Hingegen lag der jetzige Fall ganz einfach. Warum mußte sie sich unbedingt gegen diese Einsicht sperren?
    «Also gut, Fidelma. Ich glaube, daß Ronan schuldig ist. Sein Verhalten macht dies mehr als deutlich, und wenn es nach mir ginge, würde ich Gelasius sofort Meldung erstatten. Aber ich bin bereit, mir alle stichhaltigen Gründe anzuhören, die Ihr gegen diese Schlußfolgerung vorzubringen habt …»
    Er bemerkte, daß einige der Trauernden ihr hitziges Wortgefecht neugierig beobachteten.
    Bruder Eadulf nahm Fidelma am Arm und führte sie über den Friedhof auf ein hohes Mausoleum aus Marmor zu. «Ich weiß, wo wir die Angelegenheit in Ruhe erörtern können», murmelte er.
    Zu ihrem Erstaunen sah Fidelma einen kleinen Jungen mit einem Korb voller Kerzen vor dem Eingang des Mausoleums hocken. Eadulf gab ihm eine Münze und wählte eine Kerze aus. Der Junge entzündete sie mit Zunder und Feuerstein.
    Wortlos zog Eadulf die irische Schwester zu einer schmalen Treppe, die hinunter in die dunkle Gruft führte.
    «Wohin gehen wir, Eadulf?» fragte sie, während sie sich vorsichtig über die behauenen Steinstufen tastete.
    «In eine der Katakomben, in der die frühen Anhänger unseres Glaubens ihre Toten beerdigt haben», erklärte er und hob die Kerze, um die Wände eines breiten unterirdischen Ganges auszuleuchten. «In unmittelbarer Nähe Roms gibt es ungefähr sechzig dieser Friedhöfe, die noch bis zum Ende des letzten Jahrhunderts in Gebrauch waren. Es heißt, in den letzten vier oder fünf Jahrhunderten seien dort sechs Millionen Christen bestattet worden.»
    Der Tunnel mündete, wie Fidelma sehen konnte, in einem verwirrenden Geflecht unterirdischer Gänge, die trotz zahlreicher Windungen meist in rechtem Winkel aufeinander zuliefen. Sie waren etwa zwei Meter breit und an manchen Stellen über drei Meter hoch.
    «Diese Tunnel scheinen direkt in den Stein geschlagen worden zu sein.» Fidelma blieb stehen und strich mit den Fingern über die Wand.
    Eadulf nickte lächelnd. «Rund um Rom findet man ein Vulkangestein, das manchmal auch zum Bauen verwendet wird. Es ist trocken und porös und läßt sich leicht bearbeiten. In den von unseren früheren Glaubensbrüdern gehauenen, unterirdischen Gängen ließ es sich zur Not auch überleben. In der Zeit der Christenverfolgung dienten sie daher gelegentlich auch als Zufluchtstätten.»
    «Aber wie konnten die Leute unter der Erde atmen?»
    Eadulf zeigte auf eine kleine Öffnung über ihren Köpfen. «Seht Ihr? Die Erbauer haben alle siebzig bis hundert Meter Luftlöcher vorgesehen.»
    «Die Katakomben müssen riesig sein, wenn dies nur eine von sechzig ist.»
    «Allerdings», stimmte Eadulf zu. «Die größten Erweiterungen hat es unter der Herrschaft der Kaiser Aurelius Antoninus und Alexander Severus gegeben.»
    Ganz unerwartet tat sich vor ihnen ein breiter Raum mit langgestreckten, in die Wände gemeißelten Nischen auf. Manche von ihnen waren leer, andere waren von riesigen Steinen versperrt.
    «Das sind die eigentlichen Gräber», erklärte Eadulf. «Eine Nische, in die eine Leiche gelegt wurde, nennt man loculus, Kammern für ganze Familien arcosolia. »
    Bewundernd betrachtete Fidelma die kunstvollen, farbenfrohen Fresken, mit denen einige der Gräber von außen bemalt waren. Über einem Torbogen war ein Spruch eingraviert:
     
    Hic contesta jactet quaeris si turba piorum, corpora sanctorum retinent venereanda sepulcra …
     
    «Hier ruhen die Überreste der Gläubigen», murmelte Eadulf auf irisch, «heilige Grabstätten bewahren die Leiber der Seligen.»
    Fidelma war ergriffen. «Das ist sehr beeindruckend, Eadulf. Danke, daß Ihr es mir gezeigt habt.»
    «Es gibt noch umfangreichere Katakomben in anderen Teilen Roms, sogar unmittelbar unter dem Vatikanhügel, wo Petrus und Paulus ihre letzte Ruhestätte haben. Die größte von allen ist jedoch das Grabmal des heiligen Calixtus, des großen Papstes und Märtyrers, gleich an der Via Appia.»
    «Unter anderen Umständen würde ich mir gern noch mehr ansehen, Eadulf», sagte Fidelma, «aber wir müssen dringend über den Mord an Wighard sprechen.»
    Eadulf seufzte tief auf, stellte die Kerze auf einer Steinplatte ab und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Wand.
    «Warum seid Ihr Euch so sicher, daß Ronan Ragallach unschuldig ist?» fragte er. «Nur, weil es sich um einen Iren handelt?»
    Fidelmas Augen schienen im flackernden Kerzenlicht gefährlich

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