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Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

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decurion Marcus entdeckt wurde?» warf Fidelma ein.
    Eadulf und Licinius sahen sie fragend an.
    «Etwas, das Furius Licinius vorhin sagte, bringt mich ins Grübeln …»
    «Was könnte das gewesen sein?» Der junge Offizier war verwirrt.
    Fidelma nickte. «Nehmen wir an, Ronan hätte Wighard tatsächlich wegen des Schatzes ermordet. Wighard ist tot. Ronan muß den Schatz in mindestens zwei Säcken verstauen. Wie soll er diese Säcke fortschaffen? Er muß auf jeden Fall zweimal gehen. Erst nach der zweiten Fuhre wird er dann von Marcus Narses ertappt, und zwar nicht, als er Wighards Gemächer verläßt, sondern wie er aus einem Versteck auf dem gleichen Stockwerk kommt, an dem er die Beute verschwinden ließ.»
    «Aber wo hätte er sie verschwinden lassen können?» gab Licinius zu bedenken. «Ich sagte Euch doch schon, es gibt keine geheimen Kammern, Nischen oder Wandschränke, und Marcus Narses hat alle Zimmer, die in der fraglichen Nacht leer waren, zweimal durchsucht.»
    «Ja, das habt Ihr gesagt, und die custodes haben …» Fidelma hielt inne und starrte Licinius eindringlich an.
    «Marcus Narses hat … was ?» Ihre Stimme klang wie ein Peitschenschlag.
    Der junge custodes war überrascht von der heftigen Reaktion, die seine Worte ausgelöst hatten.
    «Ich habe nur gesagt, daß Marcus Narses Eure Anweisungen befolgt hat und alle Zimmer, die in der fraglichen Nacht leer waren, zweimal gründlich durchsuchen ließ.»
    «Ich dachte, es seien alle Räume durchsucht worden?»
    Licinius sah sie mit großen Augen an.
    «Aber Bruder Ronan Ragallach hätte doch unmöglich versucht, den gestohlenen Schatz in einem Zimmer zu verstecken, das von Wighards Gefolgsleuten bewohnt wurde? Wir dachten natürlich, daß …»
    Fidelma stöhnte leise. «Alle Räume, leer oder bewohnt, hätten unbedingt durchsucht werden müssen.»
    «Aber …»
    «Ist Marcus Narses zum Beispiel in Bruder Eadulfs Kammer gewesen?» fragte Fidelma.
    Licinius starrte die beiden an, als hätte sie den Verstand verloren. «Natürlich nicht», erwiderte er.
    «Aber meine Kammer war zur Mordzeit leer», sagte Eadulf so betont ruhig, als könne er sich nur mit Mühe beherrschen.
    «Dann laßt uns sofort gehen!» Fidelma sprang von ihrem Stuhl auf und schnippte so laut mit den Fingern, daß der tesserarius erschrocken zusammenfuhr.
    «Wohin?» fragte er in verständnislosem Ton.
    Fidelma streifte ihn mit einem verächtlichen Blick. «Eadulfs Kammer war leer, weil er um Mitternacht bei der Messe für Aidán von Lindisfarne in der Basilika der Heiligen Maria war.»
     

VIII
     
    Die Durchsuchung von Eadulfs Cubiculum, das im Vergleich zu Wighards prunkvollen Räumen karg und schmucklos wirkte, erwies sich als enttäuschend. Fidelma hatte nicht wirklich damit gerechnet, die fehlenden Gegenstände dort zu finden. Dennoch hatte sie gehofft, auf irgendeinen Hinweis zu stoßen, der ihr geholfen hätte, das verwirrende Rätsel zu lösen. Aber so gründlich sie auch jeden Zentimeter unter die Lupe nahmen – ein solcher Hinweis ließ sich einfach nicht finden.
    Furius Licinius verzog das Gesicht. «Dann muß es doch so gewesen sein, wie ich es vorhin schon sagte: Dieser Bruder Ronan hatte einen Komplizen, und während die custodes mit Ronan beschäftigt waren, ist der Komplize mit dem Schatz verschwunden.»
    Obgleich Schwester Fidelma gegen die Schlußfolgerung des jungen Offiziers nichts einwenden konnte, hatte sie Zweifel.
    «Ich nehme an, Bruder Ronans Unterkunft ist ebenfalls gründlich durchsucht worden?» fragte sie.
    Furius Licinius nickte. «Marcus Narses ist persönlich dort gewesen, hat aber keine Spur von Wighards Schatz entdeckt.»
    «Ich würde seine Unterkunft gern selbst in Augenschein nehmen.»
    Licinius schien von ihrem Vorhaben nicht allzu begeistert zu sein. «Jetzt sofort?»
    «Warum nicht?»
    Als sie sich zum Gehen wandten, stand plötzlich ein Mann in der offenen Tür. Er war so groß, daß er sich hätte bücken müssen, um sich nicht den Kopf am hölzernen Türsturz zu stoßen. Seine dämonischen Gesichtszüge waren ebenmäßig und hatten für Fidelma doch etwas Widerwärtiges. Es war jener Mangel an Mitgefühl, den sie schon vorher bei Abt Puttoc von Stanggrund wahrgenommen hatte. Er hatte dunkle Haut, einen grausamen Zug um den Mund und eisblaue Augen unter dichten, schwarzen Augenbrauen. Nein, Abt Puttoc von Stanggrund war kein Mann, den Fidelma anziehend gefunden hätte, auch wenn sie sich vorstellen konnte, daß er auf manch andere Frau

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