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Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Ein Totenhemd fur einen Erzbischof

Titel: Ein Totenhemd fur einen Erzbischof Kostenlos Bücher Online Lesen
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erwiderte Licinius steif. Offenbar grollte er ihr noch immer wegen ihrer Zweifel an der Echtheit des Vermächtnisses der heiligen Helena.
    Fidelma blätterte die beschriebenen Seiten durch. Es lag auf der Hand, daß Osimo und Ronan eine sehr enge Freundschaft verbunden hatte. Es waren Gedichte, die von Liebe und Treue handelten, die meisten von Osimo verfaßt und Ronan gewidmet. Anscheinend hatte Osimo nach dem Tod des Freundes keinen Sinn mehr im Leben gesehen. Fidelma verspürte Trauer um sie beide.
    «Beginnt alles, was ihr tut, in Liebe», flüsterte sie beim Lesen eines der Gedichte.
    Eadulf runzelte die Stirn. «Was habt Ihr gesagt?»
    Fidelma lächelte. «Ich dachte nur an eine Zeile aus Paulus’ Brief an die Korinther.»
    Verwirrt sah Eadulf sie an, dann durchsuchte er weiter Osimos Zimmer. «Sehr viel mehr gibt es hier nicht, Fidelma», sagte er. «Jedenfalls nichts, was uns bei der Lösung unseres Rätsels helfen könnte.»
    «War Osimo vielleicht in den Mord an Ronan verwickelt gewesen?» fragte Furius Licinius.
    «Nicht als Täter», erwiderte Fidelma. Sie wollte gerade zum Aufbruch mahnen, als ihr plötzlich etwas ins Auge stach.
    «Was ist das, Eadulf?» wollte sie wissen und zeigte auf den Boden.
    Der Sachse folgte ihrem Blick. Von dem groben Holzbett halb verborgen, entdeckte er einen Gegenstand. Er bückte sich, um ihn aufzuheben.
    «Das ist der abgebrochene Fuß eines goldenen Kelchs», rief er überrascht aus, nachdem er ihn untersucht hatte. «Ich erkenne ihn wieder. Er stammt von dem Kelch, den Cenewealh von Westsachsen gestiftet hat, um ihn von Seiner Heiligkeit segnen zu lassen. Seht Ihr die Inschrift auf dem Boden?»
    «‹Spero meliora›» , las Fidelma. «‹Ich hoffe auf Besseres.›»
    «Cenewealh bat Wighard, eine passende Inschrift auszuwählen und eingravieren zu lassen. Obwohl der obere Teil fehlt, erkenne ich ihn wieder.»
    Licinius sah ihn ratlos an. «Also wurden Wighards Schätze in diesem Zimmer aufbewahrt? Und Osimo und Ronan waren Komplizen?»
    Fidelma kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe, eine schlechte Angewohnheit, die sie einfach nicht ablegen konnte. «Auf jeden Fall hatten die beiden Zugriff zu der Diebesbeute», räumte sie ein.
    «Also müssen sie auch an dem Mord beteiligt gewesen sein», folgerte Eadulf.
    «Aber eines ist seltsam …» Fidelma schien noch immer tief in Gedanken versunken. Endlich richtete sie sich auf. «Wir können hier nichts mehr ausrichten. Licinius, nehmt diese Bücher mit. Und, Eadulf, Ihr steckt den abgebrochenen Fuß des Kelches ein. Wir müssen einige Überlegungen anstellen.»
    Eadulf und Licinius sahen einander fragend an und folgten ihr schweigend die Treppe hinunter.
    Unten wartete schon die schimpfende Herbergsmutter. «Wann kann ich die Zimmer weitervermieten? Es ist nicht meine Schuld, daß die beiden ums Leben gekommen sind. Warum soll ich dafür bestraft werden?»
    «Ein, zwei Tage müßt Ihr Euch schon noch gedulden», versuchte Furius Licinius, sie zu beruhigen.
    Die Frau grunzte verächtlich. «Ich sehe, daß Ihr Sachen wegtragt, die nach Recht und Gesetz mir zustehen, als bonorum veditio sozusagen», keifte sie.
    Beim unerwarteten Gebrauch dieses lateinischen Rechtsbegriffes merkte Fidelma auf.
    «Hattet Ihr denn viele Gäste, deren Eigentum Ihr als Ausgleich für ausstehende Mietzahlungen beschlagnahmen mußtet?» fragte sie.
    Nur mit Mühe verstand die Frau Fidelmas korrektes, aber fremdländisch klingendes Latein. Sie schürzte die schmalen Lippen und schüttelte den Kopf. «Nein. Meine Gäste zahlen immer pünktlich.»
    «Und wo habt Ihr dann diesen Ausdruck … bonorum veditio … her?»
    Die Frau runzelte die Stirn. «Was geht Euch das an? Ich kenne eben meine Rechte.»
    «Ich habt nicht mehr Rechte, als ich sie Euch zugestehe», fuhr Licinius sie unfreundlich an. «Benehmt Euch, Frau, und beantwortet die Frage. Wo habt Ihr diesen Fachbegriff aufgeschnappt?»
    Die Frau duckte sich ängstlich.
    «Was soll daran denn verwerflich sein?» jammerte sie. «Der Grieche hat gesagt, das sei mein gutes Recht. Immerhin war er so anständig, mir eine Münze zu geben, als er den Sack aus dem Zimmer des toten Bruders geholt hat.»
    Fidelma sah sie eindringlich an. «Ein Grieche? Aus welchem Zimmer hat er einen Sack geholt?»
    Die Frau blinzelte. Offenbar wurde ihr klar, daß sie zuviel gesagt hatte.
    «Heraus damit, Frau», herrschte Licinius sie an. «Oder ich stecke Euch in eine Zelle. Dort könnt Ihr dann schmoren und Euch über

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