Ein Totenhemd fur einen Erzbischof
trug.
«Keine Bewegung!» wiederholte Fidelma. «Das Haus ist umstellt. Licinius!»
Von der Vorderseite des Lagerhauses war Licinius’ Antwort zu vernehmen.
Die beiden Araber wechselten einen raschen Blick. Wie auf ein Zeichen stieß einer von ihnen die Lampe vom Tisch, während der andere nach dem Sack griff. Fidelma hörte, wie der Tisch umfiel. Im Lagerhaus herrschte jetzt völlige Dunkelheit. Ein fahles Licht schien herein, als die Vordertür aufging. Kurz darauf schrie Furius Licinius vor Schmerzen auf.
«Eadulf, ein Licht! Schnell, beeilt Euch!»
Ein Feuerstein wurde angeschlagen, und im nächsten Moment hielt Eadulf eine brennende Kerze in der Hand.
Die Araber waren verschwunden, aber Cornelius saß noch immer mit hängenden Schultern auf seinem Platz und umklammerte das Buch mit beiden Händen. Der Tisch war tatsächlich umgefallen, von dem Sack fehlte allerdings jede Spur.
Fidelma nahm dem zitternden Cornelius das Buch ab. Wie erwartet handelte es sich um ein altes, medizinisches Traktat.
«Schaut nach, ob Licinius verletzt ist, Eadulf», sagte Fidelma und stellte den Tisch wieder auf.
Eadulf warf einen fragenden Blick auf Cornelius.
«Von Cornelius habe ich nichts zu befürchten», versicherte sie ihm. «Aber es könnte sein, daß der junge Licinius in Schwierigkeiten geraten ist.»
Eadulf eilte hinaus. Sie hörte ihn mit den beiden Trägern sprechen, die offenbar keine Ahnung hatten, was vorgefallen war. Schweigend betrachtete sie den auf seinem Stuhl völlig in sich zusammengesunkenen Chirurgus aus Alexandria. Eadulf befahl den Trägern, draußen zu warten.
«Er kann nicht schwer verletzt sein. Die Träger sagen, er sei den beiden Flüchtigen nachgelaufen», berichtete Eadulf, als er kurz darauf ins Lagerhaus zurückkehrte.
«Nun, Cornelius von Alexandria», sagte Fidelma mit betont ruhiger Stimme, «ich denke, Ihr seid uns eine Erklärung schuldig.»
Seufzend ließ der Chirurgus das Kinn noch tiefer auf seine Brust sacken.
Wenig später kam Licinius herein.
«Sie sind wie vom Erdboden verschluckt», sagte er ärgerlich.
«Seid Ihr verletzt?»
«Nein. Bei ihrer Flucht haben sie mir die Tür gegen den Kopf gestoßen und mich fast umgerannt. Wenn dieser Mann nicht redet, werden wir sie wahrscheinlich nicht mehr einfangen können.»
Er richtete die Spitze seines gladius auf den Griechen.
«Das ist nicht nötig, tesserarius », murmelte Cornelius. «Ich habe keine Ahnung, wo sie sich aufhalten. Das ist die reine Wahrheit. Ihr müßt mir glauben!»
«Warum sollten wir das?» fragte Furius Licinius und traktierte ihn wieder mit seinem Schwert.
«Beim Heiligen Kreuz, es ist die Wahrheit, auch wenn ich es nicht beweisen kann. Sie haben mir jedesmal einen anderen Treffpunkt genannt. Ich habe keine Ahnung, woher sie kommen.»
Fidelma sah, daß der Mann nicht log. Er war viel zu bestürzt, weil er ertappt worden war. Sein üblicher Hochmut war wie weggeblasen.
Eadulf hob die Lampe auf, bemerkte, daß nicht alles Öl ausgelaufen war und entzündete sie mit Hilfe seiner Kerze.
«Eadulf, gebt dem guten Chirurgus etwas Wein, um seine Lebensgeister zu wecken», bat ihn Fidelma.
Wortlos goß Eadulf etwas Wein aus der Amphore, die den Sturz vom Tisch unbeschadet überstanden hatte, in einen Becher und reichte ihn dem Griechen. Mit einem spöttischen Lächeln hob Cornelius das Gefäß. « Bene vobis !» rief er aus und kippte den Wein in einem Schluck hinunter.
Fidelma bückte sich und hob einen Kelch auf, der offenbar aus dem Sack gefallen war. Bis auf dieses eine Stück hatten sich die geflüchteten Araber der gesamten Beute bemächtigt. Fidelma nahm auf einem der Stühle Platz. Eadulf stellte sich neben sie, während Furius Licinius mit gezücktem Schwert an der Tür Posten bezog.
Eine Weile lang drehte Fidelma schweigend den Kelch in der Hand. «Ihr leugnet nicht, daß dieser Kelch aus Wighards Schatztruhe stammt? Ich bin sicher, Eadulf würde ihn sofort wiedererkennen.»
Cornelius schüttelte ängstlich den Kopf. «Nein, ich leugne es nicht. Es ist einer der Kelche, den Wighard aus Kent mitgebracht hat, um sie von Seiner Heiligkeit segnen zu lassen.»
Fidelma antwortete nicht gleich, um den Medicus ein wenig schmoren zu lassen.
«Verstehe», sagte sie dann. «Ihr habt die gestohlenen Schätze dazu benutzt, Bücher zu kaufen, die Euch diese Araber angeboten haben?»
«Das wußtet Ihr? Ja, es sind Bücher aus der alexandrinischen Bibliothek», gab Cornelius bereitwillig zu. Eine Spur von
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