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Ein Toter fuehrt Regie

Ein Toter fuehrt Regie

Titel: Ein Toter fuehrt Regie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Dr. Weber unterließ jede süffisante Bemerkung, was den Ernst der Lage erst so recht unterstrich, und wollte sich auf der Stelle dranmachen, die ganze Maschinerie in Bewegung zu setzen.
    Mannhardts zweiter Schritt bestand darin, Olscha aus seinem Nachmittagsschläfchen aufzuscheuchen und ihm den Auftrag zu erteilen, bei allen Berliner Leihbüchereien, Volksbüchereien, öffentlichen Bibliotheken nachzufragen, ob und was Ossianowski derzeit ausgeliehen hatte. Natürlich auch in der Werksbücherei der E UROMAG , falls es eine gab. Der Gedanke war ihm gerade gekommen.
    «Außerdem fragen Sie noch mal bei Ossianowskis Reinemachefrau nach, einer gewissen Elfriede Kriegshammer – haben Sie? – , ob die sein Lieblingsbuch kennt. Adresse bei den Akten… Und dann sehen Sie zu, daß uns Dr. Weber so viele Kollegen wie möglich rausschickt, um die Bücher hier durchzuflöhen. Das hab ich eben vergessen. Okay?»
    «Emwe – machen wir!»
    Kaum hatte er aufgelegt, da war Weber am Apparat und versicherte ihm, daß er alle verfügbaren Kollegen und Kolleginnen nach Kladow in Marsch setzen würde.
    «Dem geht wohl auch der Arsch auf Grundeis», meinte Koch, der inzwischen vergeblich weitere Bücher unter die Lupe genommen hatte. Plötzlich aber hellte sich sein Gesicht wieder auf: «Mensch – kann das nicht auch ein Fachbuch gewesen sein? Eins, das er bei seiner Arbeit gebraucht hat?»
    Mannhardt sah Koch an und kaute an der Kuppe seines rechten Mittelfingers herum. «Klar, das könnte sein. Dann ist das mit dem Lieblingsbuch ironisch gemeint, dann bezieht sich das auf ein Buch, das sie im Büro haben…»
    «Es ist gleich halb fünf – ob die noch da sind?»
    «Such mal schnell die Nummer der Sondergruppe raus!»
    «E UROMAG , E…» Koch riß die beiden Bände des Berliner Telefonbuchs unter dem Telefon hervor und machte sich an die Arbeit. Trotz der vielen Verweise war’s in drei Minuten geschafft.
    Und Mannhardt hatte Glück, Brockmüller meldete sich.
    «Hallo, Herr Dr. Brockmüller; ehe Sie Feierabend machen: folgendes…» Er erzählte ihm kurz, worum es ging und begann dann, Ossianowskis Code vorzulesen: «Seite 16 also. Zeile 8: 1 – 5 – 18 – 21…»

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    «… jawohl, Zeile 25: 6 – 16 – 24 – 25 – 26 – 39 – 51 – 52 – 53 – 55», wiederholte Brockmüller.
    Wenn sie die Aufzeichnungen finden, bist du geliefert.
    «Ich schicke Ihnen noch einen Kollegen vorbei, der Ihnen helfen kann – Olscha wahrscheinlich.»
    «Ist gut, Herr Mannhardt, obwohl – so viele Bücher haben wir hier gar nicht…»
    «Na, mal sehen. Das war’s – entschuldigen Sie, hier pressiert’s mächtig… Und vielen Dank im voraus! Sie melden sich dann, ja?»
    «Natürlich. Bei… bei Herrn Ossianowski draußen, ja gut. Hoffentlich… Auf Wiedersehen also!»
    «Okay!»
    Das kann kein gutes Ende nehmen.
    Warum in, aller Welt mußte dieser Idiot auch noch ein Tagebuch schreiben?! Nein, falsch: Wenn er wenigstens ein Idiot gewesen wäre; aber diese geradezu dämonische Intelligenz… hatte doch alles und alle durchschaut, der wußte doch alles, der konnte Gedanken lesen.
    «Sie sind ja so blaß geworden – ist was?» Zumpe stand in der Tür, selber gelblich im Gesicht, eine Figur aus dem Kabinett der Madame Tussaud. Dem schien Kuhrings Tod ganz schön an die Nieren gegangen zu sein. Dabei hätte er doch froh darüber sein müssen – nun gab es endlich grünes Licht für ihn; freie Bahn dem Tüchtigen… Wie die Dinge lagen, wurde er Kuhrings Nachfolger und schaffte damit den ersehnten Sprung auf die Prokuristenebene. Was dem einen sein Tod, ist dem anderen sein Aufstieg. Der HErr wird’s schon richten.
    «Was haben Sie denn da?» fragte Zumpe nach einem schnellen Blick auf Brockmüllers Notizblock. «Die Lottozahlen?»
    Brockmüller erklärte ihm die Sache.
    «So…» Zumpe verzog das Gesicht und massierte seinen Magen. Sekundenlang starrte er auf die Zahlen.
    Den scheint’s auch nicht gerade zu freuen, daß Owi auspackt, dachte Brockmüller. Was mochte er so denken in diesem Augenblick? Dein Kollege Zumpe – das unbekannte Wesen… Jeder hatte Dreck am Stecken; Zumpe auch.
    «Dann sollten wir uns mal an die Arbeit machen», sagte Zumpeleichthin, so als würde er sagen: Nun wollen wir mal essen gehen.
    «Jeder erst mal in seinem Zimmer», schlug Brockmüller vor, um Contenance bemüht. «Was da alles so rumsteht.»
    «Soll mir recht sein.» Zumpe ging.
    Die Stille im Haus. Die Einsamkeit. Der Tod.
    Brockmüller

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