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Ein Toter fuehrt Regie

Ein Toter fuehrt Regie

Titel: Ein Toter fuehrt Regie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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fühlte, wie die Kälte von den Füßen her seinen Körper erfaßte. Wenn Gaby wenigstens hier geblieben wäre… Aber die tippte schon wieder drüben in der EUROMAG-Zentrale am Fehrbelliner Platz. Auch die Lux hätte er noch hingenommen; wenigstens ein weibliches Wesen. Zwischen Annelie und ihm war ja der eiserne Vorhang heruntergefallen – für sie war er einer von Owis Mördern. Wie du dich da benommen hast – das verzeihe ich dir nie… Ihre verdammten Ideale!
    Mit dir wird es genauso enden wie mit Kuhring.
    Wenn doch wenigstens noch der Polizist vor dem Haus draußen hin- und hergehen würde! Aber nach Schloos Geständnis, von dem sie sogleich erfahren hatten, war er schleunigst abgezogen worden.
    Als er Annelie von seinen Ängsten erzählt hatte, war sie deutlich geworden: Du bist doch glücklich, daß Kuhring von der Bildfläche verschwunden ist.
    Sie durchschaute ihn; Owi durchschaute ihn. Alle durchschauten ihn… Kunststück, ‘ne Persönlichkeit war er bestimmt nicht – ein Mann, der gescheitert war und nur noch von seinem Doktortitel zusammengehalten wurde. Und wenn man Owis Aufzeichnungen erst mal gefunden hatte, reichte nicht mal dieses Korsett.
    Los, such das Buch, das Owi meint. Wenn ein anderer die richtige Stelle vor dir findet, ist es aus mit dir.
    Da war der nächste Anfall: Herzstolpern, Beklemmungsgefühle, ein stechender Schmerz in der Brust, schließlich Atemnot. Er schleppte sich in die Küche und spülte seine grünliche Tablette – die dritte heute – mit einem Schluck Leitungswasser hinunter. Nachdem er dreimal tief durchgeatmet hatte, ging es wieder.
    Owis Aufzeichnungen, Owis Manuskript… Du mußt das Manuskript haben, du mußt!
    Sonst war alles aus.
    To be, or not to be…
    Er ging in sein Zimmer zurück und nahm einen Schwung Bücher vom Aktenbock, um sie auf seinem Schreibtisch übereinander zu stapeln. Betriebswirtschaftliche Organisationslehre, Organisationssoziologie, Sozialpsychologie, Kybernetik, Systemtheorie, Verwaltungswissenschaft und einiges Juristische. Meistens eigene Sachen, denn, bei allen Millionen – der Bücheretat der E UROMAG reichte nicht hin und nicht her. Die verwaltungswissenschaftlichen Bücher hatte er sich erst vor ein paar Wochen gekauft, um für die ZfO einen kleinen Artikel zu schreiben: Unterschiedliche Organisationsformen in privater und öffentlicher Verwaltung. Oder so ähnlich; je nachdem, was dabei rauskam.
    Ob Owi wirklich ein Fachbuch, ein Sachbuch, gemeint hatte? Schwer zu sagen. Höchstwahrscheinlich nicht, denn oft genug hatte er die sogenannten Wissenschaftler als eitel und kindisch bezeichnet und gemeint, mit ihrem esoterischen Stuß strebten sie nicht die Deutung und Veränderung der Welt an, sondern nur einen hochbesoldeten Lehrstuhl. Unmöglich, daß einer dieser eingebildeten Eierköpfe sein Lieblingsbuch geschrieben hatte.
    Trotzdem – du mußt es versuchen!
    Brockmüller schlug das erste Buch auf, Werner Thieme, Verwaltungslehre, und fand, als er nach Owis Anweisungen vorging, nichts weiter als eine sinnlose Aneinanderreihung von Buchstaben: D – R – N – E – N – C – H. Bei Kreuser/Friedrich, Organisations- und Bürokunde für die Verwaltung, hatte die Zeile 8 auf Seite j6 nur 13 Buchstaben, und bei Thomas Ellweins Standardwerk Politik und Planung ergab sich schon nach vier Buchstaben das absolute Aus: V – L – H – N.
    Erst bei Robert Presthus, Individuum und Organisation, schöpfte er wieder Hoffnung, denn als seine Bleistiftspitze über die entsprechende Zeile auf der Seite y6 glitt, kam zu dem ersten Buchstaben S als zweiter ein Ü hinzu… Das eröffnete Möglichkeiten: Südende – Südwestkorso – Südstern – Sü… Was dann kam, war wieder Mist: E – Q – I – Z – U.
    Weiter!
    Du mußt das Manuskript haben. Du mußt!
    Renate Mayntz, Bürokratische Organisation: D – N – Ä – I.
    Kübler/Kübler, Moderne öffentliche Verwaltung: S – D – B – E – D.
    Hermann Glaser, Jenseits von Parkinson … Seite 16 eine leere Zwischenseite.
    «Haben Sie schon was gefunden?» rief Zumpe von nebenan.
    «Nein.»
    «Ich auch nicht!»
    Gott sei Dank!
    Weiter im Text. Neuer Griff zum Aktenbock, Buch Nummer 8 aufgeschlagen… wieder eine Pleite.
    Die Tablette begann immer stärker zu wirken; fast fühlte er sich wohlig und beschwingt. Es war alles nur ein Spiel – wie ein Fernsehquiz. Nein, kein Fernsehquiz… Es ging um nichts, um rein gar nichts. Von wegen ‹Sein oder Nichtsein›. Nichts weiter als ein

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