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Ein toter Lehrer / Roman

Ein toter Lehrer / Roman

Titel: Ein toter Lehrer / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Lelic
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machen.«
    Samsons Blick wanderte in den Flur, er hielt Ausschau nach seiner Tochter, nahm Lucia an. David bemerkte es und hielt inne. »Angeblich, sollte ich dazusagen. Jedenfalls haben die Eltern das alles behauptet. Später, vor Gericht. Sie haben die Schule verklagt.«
    »Warum?«
    David wandte sich zu Elliots Mutter. »Bitte?«
    »Warum, habe ich gefragt. Warum haben sie die Schule verklagt? Warum haben sie, wenn überhaupt, nicht die Eltern der Kinder verklagt, die ihm das angetan haben?«
    »Ihr Argument – das Argument meiner Kollegen – war, dass die Schule die Verantwortung für die ihr anvertrauten Kinder trägt. Die Vorfälle hatten zum größten Teil auf dem Schulgelände stattgefunden, während der Schulzeit, und in dieser Zeit übernimmt die Schule faktisch die Rolle der Eltern: Sie hat die Aufsichtspflicht und ist für das Wohl der Schüler verantwortlich. Wir haben den Standpunkt vertreten, dass die Eltern der Schüler nichts hätten tun können. Sie waren ja nicht da.«
    Elliots Mutter schüttelte den Kopf. »Das sehe ich anders. Natürlich sind die Eltern verantwortlich. Eltern sind immer für ihr Kind verantwortlich.«
    »Ich glaube, das Argument von Davids Kanzlei lautete, dass die Schule eine Sorgfaltspflicht hat«, hakte Lucia ein, »genau wie Unternehmen, die ihren Angestellten und ihren Kunden gegenüber ja auch verpflichtet sind, aber umso mehr, als sich eine Schule in einer einzigartigen Vertrauensposition befindet.«
    Elliots Mutter antwortete nicht. Sie kniff die Lippen zusammen, sah hinab auf ihre Hände und drückte mit dem Zeigefinger einen hervorstehenden Taschentuchzipfel in die hohle Hand.
    »Genau«, sagte David. »Das ist richtig. So haben wir argumentiert. Die Schule hat ihre Pflicht verletzt. Fahrlässig gehandelt. Sie hat durch ihre Untätigkeit direkt zum körperlichen und seelischen Leiden von Leo Martin beigetragen, und auch zu seinem Leistungseinbruch, der anders nicht zu erklären war. Und der, das versteht sich von selbst, spürbaren Einfluss auf seine späteren Verdienstaussichten haben würde.«
    »Es ging also um Geld?«, fragte Elliots Mutter. »Den Eltern des Jungen ging es um Geld?«
    David hielt ihrem Blick stand. »Ja. In erster Linie.«
    »In diesem Fall«, fügte Lucia hinzu. »In diesem Fall ging es um Geld.«
    »Und in unserem?«, fragte Elliots Vater. »Worum würde es in unserem Fall gehen? Deshalb sind Sie doch hier, oder etwa nicht? Sie, Sie wollen ein Geschäft an Land ziehen. Und Sie«, er sah Lucia finster an, »Sie bekommen Provision, hab ich recht?«
    »Jetzt hören Sie mir mal zu …«, sagte David, aber Lucia legte ihm eine Hand auf den Arm, ohne den Blickkontakt zu Samson zu unterbrechen.
    »Deshalb sind wir nicht hier, Mr. Samson. Mein Wort darauf, deshalb sind wir nicht hier.«
    »Aber Sie sagten doch gerade …«
    »Ich sagte, dass im Fall von Leo Martin Geld eine Rolle spielte. Das Entscheidende, der Grund, weshalb ich Ihnen das erzähle, ist der Präzedenzfall.«
    Samson schüttelte den Kopf. »Das nehme ich Ihnen nicht ab. Wenn es nicht um Geld geht, worum dann?«
    Lucia seufzte. »Die Schule ist nicht so unschuldig, wie Sie glauben«, sagte sie. »Sie ist nicht unschuldig, Punkt. Mobbing ist dort gang und gäbe. Das betrifft nicht nur Elliot, nicht einmal nur die Schüler. Und die Schule ignoriert es. Die Schule sieht weg, als wäre es irgendeine obszöne Schmiererei an einer Wand.« Lucia beugte sich vor, und ihre Knie drückten sich gegen den Couchtisch. »Sie haben es mir doch selbst erzählt, Mr. Samson. Die Schule ist dabei, private Geldgeber anzuwerben. Was glauben Sie, was aus diesem Vorhaben würde, wenn die Wahrheit ans Licht käme?«
    »Sie irren sich«, sagte Elliots Mutter. »Die Schule hat uns unterstützt. Sie haben uns Blumen geschickt. Der Direktor hat einen Brief geschrieben.« Elliots Mutter war den Tränen nahe. Sie hielt ihr Taschentuch offen in der Hand. »Und was ist mit Sophie?«, fuhr Frances Samson fort. »Sophie soll übernächstes Jahr im September an die Schule kommen. Was für Eltern wären wir denn, wenn uns die Aussicht auf eine finanzielle Entschädigung wichtiger wäre als die Ausbildung unserer Tochter?«
    »Genau«, sagte ihr Mann. »Ganz genau. Und was ist mit Ihnen?« Er wandte sich zu David. »Was versprechen Sie sich von der Sache? Sie sind doch Anwalt, hab ich recht? Warum sind Sie hier, wenn nicht wegen Ihrer zwanzig Prozent?«
    David streckte den Rücken durch. »Ich bin hier, weil Lucia mich

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