Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Toter zu wenig

Ein Toter zu wenig

Titel: Ein Toter zu wenig
Autoren: Dorothy Leigh Sayers
Vom Netzwerk:
dem Rauch seiner Pfeife zu langen, schmalen Schlitzen.
    »Was schlägst du für heute morgen vor?« fragte Parker.
    »Nun«, meinte Lord Peter, »ich finde es langsam an der Zeit, daß ich mir deine Arbeit vorknöpfe. Gehen wir mal zum Park Lane und sehen, was Sir Reuben Levy gestern nacht in seinem Bett für Possen getrieben hat.«
    *
    »So, Mrs. Pemming, und wenn Sie nun so freundlich wären, mir eine Decke zu geben«, sagte Mr. Bunter, als er in die Küche hinunterkam, »und wenn Sie mir gestatten wollten, ein Laken vor die untere Hälfte dieses Fensters zu hängen und den Wandschirm hierher zu stellen, so - damit es keine Spiegelung gibt, verstehen Sie? - könnten wir mit der Arbeit anfangen.«
    Sir Reuben Levys Köchin, deren Blick wohlgefällig auf Mr. Bunters eleganter, tadellos gekleideter Erscheinung ruhte, beeilte sich, das Benötigte zu besorgen. Ihr Besucher stellte einen Korb auf den Tisch, der eine Wasserflasche, eine Haarbürste mit silbernem Rückteil, ein Paar Schuhe, eine kleine Rolle Linoleum und ein in glattes Leder gebundenes Buch -  Briefe eines emporgekommenen Kaufmanns an seinen Sohn -  enthielt. Er holte noch einen Schirm unterm Arm hervor und legte ihn zu der Sammlung. Dann brachte er einen gewichtigen photographischen Apparat zum Vorschein und stellte ihn in der Nähe des Küchenherdes auf; als nächstes breitete er eine Zeitung auf der hellen, blankgescheuerten Tischplatte aus, rollte die Ärmel hoch und begann sich ein Paar Gummihandschuhe überzustreifen. Sir Reuben Levys Diener, der in diesem Moment hereinkam und ihn bei diesem Tun antraf, schob das Küchenmädchen beiseite, das dem Geschehen von einem Logenplatz folgte, und beäugte kritisch den Apparat.
    Mr. Bunter nickte ihm strahlend zu und öffnete ein Fläschchen mit grauem Pulver.
    »Ein komischer Kauz, Ihr Brötchengeber, wie?« erkundigte der Diener sich obenhin.
    »Sehr ungewöhnlich, ja«, sagte Mr. Bunter. »Und nun, meine Liebe«, wandte er sich in schmeichelndem Ton an das Stubenmädchen, »möchte ich mal sehen, ob Sie ein wenig von diesem grauen Pulver auf den Flaschenrand streuen können, während ich die Flasche halte - und dasselbe bei diesem Schuh - hier oben - vielen Dank, Miss - wie heißen Sie? Price? Oh, aber Sie haben doch außer Price noch einen anderen Namen, oder? Mabel, so? Das ist ein Name, den ich besonders liebe - sehr schön gemacht, Sie haben eine ruhige Hand, Miss Mabel - sehen Sie das? Das sind Fingerabdrücke - drei hier und zwei dort, und an beiden Stellen verwischt. Nein, nicht anrühren, meine Liebe, sonst wischen Sie das Pulver ab. Wir stellen sie hierher, bis sie soweit sind, daß wir ein Porträt von ihnen nehmen können. So, und nun nehmen wir als nächstes die Haarbürste. Vielleicht könnten Sie, Mrs. Pemming, sie einmal ganz vorsichtig an den Borsten hochnehmen?«
    »An den Borsten, Mr. Bunter?«
    »Ja, bitte, Mrs. Pemming - und dann legen Sie sie hierher. Und nun, Miss Mabel, noch eine Probe Ihrer Geschicklichkeit, wenn ich bitten darf. Nein - diesmal versuchen wir's mit Lampenruß. Ausgezeichnet. Hätte ich selbst nicht besser gekonnt. Aha! Da hätten wir einen schönen Satz. Und diesmal nicht verwischt. Das wird Seine Lordschaft interessieren. Jetzt das Büchlein - nein, das nehme ich selbst hoch - mit den Handschuhen, sehen Sie, und nur bei den Kanten - ich bin ein vorsichtiger Verbrecher, Mrs. Pemming, ich möchte keine Spuren hinterlassen. Jetzt stäuben Sie den Deckel ganz ein, Miss Mabel; und diese Seite auch - so wird's gemacht, jawohl. Jede Menge Fingerabdrücke, und nichts verwischt. Genau nach Plan. Oh, bitte, Mr. Graves, das dürfen Sie nicht anfassen - es kann mich meine Stelle kosten, wenn ich etwas anfassen lasse.«
    »Müssen Sie so was oft machen?« erkundigte sich Mr. Graves von einer höheren Warte aus.
    »O ja, ziemlich«, antwortete Mr. Bunter mit einem Seufzer, der an Mr. Graves' Herz appellieren und sein Vertrauen gewinnen sollte. »Wenn Sie freundlicherweise dieses Stückchen Linoleum an einem Ende festhalten könnten, Mrs. Pemming, halte ich es am andern Ende hoch, während Miss Mabel ihr Werk vollbringt. Ja, Mr. Graves, es ist ein hartes Leben - tagsüber bedienen und nachts Bilder entwickeln - Morgentee zu allen beliebigen Zeiten zwischen halb sieben und elf Uhr, und kriminalistische Ermittlungen zu jeder Tages- und Nachtzeit. Es ist schon erstaunlich, auf was für Ideen diese reichen Herren kommen, die nichts zu tun haben.«
    »Ich wundere mich, wie Sie das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher